Die Kommission unterstützt das Hauptziel der Reform, nimmt an der Vorlage des Bundesrates aber einige Änderungen vor, um den Wirtschaftsstandort und den Finanzplatz Schweiz noch attraktiver zu machen.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates beantragt mit 17 zu 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen, auf die Vorlage 21.024 einzutreten. Mit dieser soll die Verrechnungssteuer auf Zinserträgen weitgehend abgeschafft und die Umsatzabgabe auf Schweizer Obligationen aufgehoben werden. Die Kommissionsmehrheit teilt die Ansicht des Bundesrates, dass sich die Verrechnungssteuer und die Umsatzabgabe hemmend auf den schweizerischen Fremdkapitalmarkt auswirken. Dank der Reform werden die Unternehmen Obligationen, die sie vorher im Ausland begeben haben, zu wettbewerbsfähigen Bedingungen in der Schweiz emittieren können. Die Mehrheit begrüsst insbesondere, dass sich der Bundesrat für eine einfachere Lösung entschieden hat als diejenige, die in die Vernehmlassung geschickt worden war. Die allfällige Schwächung des Sicherungszwecks ist in den Augen der Mehrheit vor allem angesichts der derzeit sehr tiefen Zinsen zu relativieren. Die Reform wird zwar vorübergehende Steuereinbussen zur Folge haben, doch ist die Mehrheit der Auffassung, dass sie zu neuen Arbeitsplätzen in der Schweiz führen und sich daher mittelfristig selbst finanzieren wird.

Die Kommissionsminderheit befürchtet, dass die Schwächung des Sicherungszwecks infolge der Teilabschaffung der Verrechnungssteuer die Steuerhinterziehung begünstigen und den aufgrund der Coronakrise bereits angeschlagenen Bundeshaushalt weiter belasten wird. Sie verweist zudem darauf, dass derzeit noch andere kostspielige Reformen laufen (Aufhebung der Industriezölle, OECD-Steuerprojekt zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft usw.), und bedauert, dass es keinen umfassenden Ansatz für diese verschiedenen Vorhaben gibt. Die Minderheit weist zudem darauf hin, dass aufgrund der derzeit tiefen Zinsen zwar mit geringen Steuerausfällen gerechnet wird, diese aber deutlich höher ausfallen könnten, sollten die Zinsen steigen.

Die Kommission hatte über zwei Anträge zu befinden, welche eine Rückweisung der Vorlage an den Bundesrat verlangten mit dem Ziel, den Sicherungszweck zu stärken. Der erste sah die Einführung des Zahlstellensystems für Obligationen im Direktbesitz von natürlichen inländischen Personen und ein optionales Meldeverfahren vor. Er wurde insbesondere wegen der komplizierten Umsetzung mit 17 zu 8 Stimmen abgelehnt. Ebenfalls mit 17 zu 8 Stimmen wurde der zweite Antrag abgelehnt, welcher den Bundesrat beauftragen würde, die Verrechnungssteuer durch eine Meldepflicht zu ersetzen. Die Kommission war unter anderem der Meinung, eine solche Lösung sei in der Schweiz nicht mehrheitsfähig.

In der Detailberatung hat die Kommission mehrere Bestimmungen geändert, ohne jedoch den Kern der Vorlage infrage zu stellen. Sie hat mit 15 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen einen Antrag angenommen, wonach auch die Verrechnungssteuer auf den Zinsen von indirekt über einen Schweizer Anlagefonds gehaltenen Obligationen abgeschafft werden soll, sofern diese Zinserträge separat ausgewiesen werden. In den Augen der Kommissionsmehrheit wird so insbesondere verhindert, dass Schweizer Anlagefonds gegenüber ausländischen Fonds benachteiligt sind. Die Kommission hat zudem einen Antrag angenommen, wonach allein aufgrund von Formmängeln keine Verrechnungssteuerforderung erhoben oder keine Rückerstattung der Verrechnungssteuer verweigert wird, wenn die Nichteinhaltung einer Formvorschrift für den Bund keinen Steuerausfall zur Folge hat. Was die Umsatzabgabe angeht, so beantragt die Kommission insbesondere mit 15 zu 10 Stimmen, diese nicht nur auf Schweizer Obligationen, sondern auch auf ausländischen Obligationen mit einer Restlaufzeit von nicht mehr als zwölf Monaten abzuschaffen. So soll der Markt für diese Art von Wertschriften in die Schweiz verlegt werden.

Die Gesetzesvorlage wurde in der Gesamtabstimmung mit 17 zu 8 Stimmen angenommen. Der Nationalrat wird das Dossier in der Herbstsession beraten.

2. Stempelsteuer

Die Kommission hat einstimmig beschlossen, ihre Arbeiten zum Entwurf 3 der parlamentarischen Initiative 09.503 (n pa. Iv. Fraktion RL. «Stempelsteuer abschaffen und Arbeitsplätze schaffen») endgültig einzustellen. Dieser Entwurf war 2020 in die Vernehmlassung geschickt worden (siehe Medienmitteilungen vom 16.1.2020 und vom 18.8.2020) und sah die Abschaffung der Umsatzabgabe auf den ausländischen Wertschriften sowie der Abgabe auf Sach- und Vermögensversicherungen vor. Die Kommissionsmitglieder, welche den Entwurf bisher unterstützten, sind der Auffassung, dass die Abschaffung dieser Abgaben nach wie vor wünschenswert ist, nun aber anderen Dossiers wie der Verrechnungssteuerreform oder der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital – diese Vorlage befindet sich in der Referendumsphase – Vorrang einzuräumen ist.

3. Einsetzung einer ständigen parlamentarischen OECD-Delegation

Die Kommission ist mit 15 zu 10 Stimmen auf den Erlassentwurf eingetreten, welchen ihre Schwesterkommission in Erfüllung der parlamentarischen Initiative 20.436 ausgearbeitet hat. Durch die Schaffung einer ständigen parlamentarischen Delegation zur Teilnahme an Aktivitäten im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) soll sichergestellt werden, dass sich das Parlament frühzeitig und systematisch mit OECD-spezifischen Thematiken auseinandersetzt und diese Erkenntnisse in die betroffenen Gremien der Bundesversammlung zurückfliessen. Eine Minderheit der Kommission steht dem Vorhaben ablehnend gegenüber und beantragt Nichteintreten. In der Gesamtabstimmung hat die Kommission die Ergänzung der entsprechenden Verordnung über die internationalen Beziehungen der Bundesversammlung (VPiB, SR 171.117) mit 14 zu 10 Stimmen gutgeheissen. Die Vorlage soll in der Herbstsession 2021 vom Nationalrat behandelt werden.

4. Keine Anpassung des Einfuhrkontingents für ausländische Weine

Die Kommission hat mit 16 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen entschieden, einer Standesinitiative des Kantons Genf, die eine Senkung des Einfuhrkontingents für ausländische Weine um 50 Prozent befürwortet (20.303), keine Folge zu geben. Die Mehrheit ist der Meinung, zwar seien die Schweizer Weinproduzenten angesichts der vollen Weinlager tatsächlich in einer schwierigen Situation, aber eine Änderung des Einfuhrkontingents sei der falsche Weg und würde nur zu mehr administrativem Aufwand und zu Problemen mit der WTO führen. Die Branche solle vielmehr bei der Absatzförderung unterstützt werden, damit die Marktanteile für Schweizer Wein gesteigert werden könnten. Eine Minderheit beantragt, der Standesinitiative Folge zu geben.

5. Unterhaltsbeiträge für über 18-Jährige sollen abzugsfähig werden

Mit 13 zu 12 Stimmen hat die Kommission der parlamentarischen Initiative 21.424 von Nationalrat Jean-Pierre Grin ganz knapp Folge gegeben. Die Initiative hat zum Ziel, die Steuergesetzgebung so anzupassen, dass geschiedene oder getrennt lebende Eltern nicht nur wie bisher die Unterhaltsbeiträge für minderjährige Kinder, sondern neu auch diejenigen für volljährige Kinder in Ausbildung abziehen können. Die Kommission ist der Meinung, die Ausbildungen dauerten heute länger als früher, die Gesetzgebung solle deshalb an die neuen Verhältnisse angepasst werden, zumal die Unterhaltspflicht der Eltern nach Artikel 277 ZGB soweit zumutbar ohnehin bis zum Abschluss der Ausbildung gelte. Sie plädiert dafür, bei der Umsetzung eine umfassende Betrachtung vorzunehmen und allenfalls auch die Kinderabzüge anzupassen. Das Geschäft geht nun zur Vorprüfung an die ständerätliche Schwesterkommission.

6. Unterstützung für die gebeutelte Tourismusbranche

Die WAK-N hat sich intensiv mit der Situation der Schweizer Tourismusbranche befasst und sich von Bundespräsident Guy Parmelin über die aktuelle Lage und die zur Ankurbelung der Nachfrage und der Innovationsfähigkeit getroffenen Unterstützungsmassnahmen informieren lassen. Sie nimmt erleichtert zur Kenntnis, dass sich nach dem starken Einbruch aufgrund der Covid-Krise nun eine gewisse Erholung abzeichnet, wenn die Herausforderungen auch gross bleiben. Die Kommission hat in diesem Zusammenhang die ursprünglich von Ständerat Hans Stöckli eingereichte Motion 19.3234 beraten, die vom Bundesrat eine befristete Spezialfinanzierung für die Sanierung von Beherbergungsbetrieben im alpinen Raum verlangt, und sie mit 14 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Die Mehrheit ist der Ansicht, die Motion greife eine langjährige Forderung der hauptbetroffenen Kantone auf; sie erachtet eine auch energetisch nachhaltige Sanierung als sinnvoll und notwendig, es dürfe nicht wie bisher nur um Strukturerhaltung gehen. Die Minderheit lehnt die Motion ab mit der Begründung, es gebe mit Schweiz Tourismus, Innotour und der Neuen Regionalpolitik bereits ausreichend Instrumente, um die von der Motion genannten Ziele zu erreichen. Weiter hat sich die Kommission mit der Motion 21.3018 der WAK-S auseinandergesetzt, diese jedoch mit 15 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Diese Motion fordert zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit ein Impulsprogramm für den Schweizer Tourismus. Hier argumentiert die Mehrheit wiederum mit den bestehenden Instrumenten und damit, dass Anpassungen vielmehr in Bereichen wie Raumplanung, Bürokratie und Verfahren nötig seien. Die Minderheit ist hingegen der Ansicht, in Anbetracht der Schwierigkeiten der Branche müsse man unverzüglich zusätzliche Unterstützung ins Auge fassen. Die beiden Motionen kommen in der Herbstsession in den Nationalrat.

7. Weitere Beschlüsse

Die Kommission hat den Text der Motion der WAK-S zur Aktualisierung der Suisse-Bilanz (21.3004) leicht angepasst und die Forderung gestrichen, wonach der Toleranzbereich beizubehalten sei. Sie hat die geänderte Motion anschliessend einstimmig angenommen.

Die Kommission hat am 16./17. August 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrat Christian Lüscher (FDP/GE) und teilweise in Anwesenheit von Bundespräsident Guy Parmelin und von Bundesrat Ueli Maurer in Genf getagt.