Die WAK-N lehnt es mit 15 zu 9 Stimmen ab, in der Übergangsbestimmung zum neuen Verfassungsartikel zu präzisieren, wie der Bund seine Mehreinahmen zur Förderung der Standortattraktivität genau einsetzen soll. Ebenso spricht sie mit 18 zu 7 Stimmen dagegen aus, Anpassungen an der direkten Bundessteuer für natürlichen Personen vorzunehmen. Dafür will sie einstimmig in der Übergangsbestimmung festschreiben, dass der Bundesrat dem Parlament innerhalb von sechs Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung gesetzliche Bestimmungen für deren Ablösung unterbreiten soll. Zurückgekommen ist die Kommission auf ihren Antrag, keine Abgeltung für den administrativen Vollzugsaufwand der Kantone vorzusehen. Neu beantragt sie mit 15 zu 9 Stimmen, dem Beschluss des Ständerats zu folgen und diese Möglichkeit vorzusehen.
Mit der politisch umstrittensten Frage, nämlich wie die zu erwartenden Mehreinnahmen zwischen Bund und Kantonen aufgeteilt werden sollen, hat sich die Kommission bereits an der letzten Sitzung schwergewichtig befasst. Sie hat damals mit knappen Mehr entschieden, diese je hälftig zwischen Bund und Kantonen aufzuteilen. Gleichzeitig soll eine Obergrenze pro Einwohnerin und Einwohner eingeführt werden (vgl.
Medienmitteilung vom 26. Oktober 2022). Diese Anträge der WAK-N gehen unverändert in den Nationalrat. Die Kommission lehnte es – nach erneuter intensiver Diskussion – mit 14 zu 9 Stimmen ab, auf diese Frage zurückzukommen. In der Gesamtabstimmung nahm die Kommission die neue Verfassungsgrundlage mit 13 zu 6 Stimmen bei 6 Enthaltungen an.
Mit 14 zu 10 Stimmen hat die Kommission anschliessend entschieden, der Standesinitiative des Kanton Jura «Internetgiganten sind zu besteuern!» (21.306) keine Folge zu geben.
Hochseeschiffe sollen nach der Ladekapazität besteuert werden können
Nachdem die Kommission bereits im Juni auf die entsprechende Vorlage des Bundesrates (22.035, Tonnagesteuer auf Seeschiffen) eingetreten war (vgl.
Medienmitteilung vom 21. Juni 2022) und der Verwaltung im August weitere Abklärungsaufträge erteilt hatte (vgl.
Medienmitteilung vom 17. August 2022), hat sie nun die Detailberatung geführt. Sie beantragt einige wenige Anpassungen am Entwurf des Bundesrates: So sollen einerseits auch Kreuzfahrten unter die Zwecke aufgenommen werden, die zur Unterstellung unter die Tonnagesteuer berechtigen (14 zu 10 Stimmen), andererseits sollen die Zulassungsbedingungen insofern verschärft werden, als das strategische und kommerzielle Management des betreffenden Schiffes in der Schweiz sein muss (einstimmig). Es liegen mehrere Minderheitsanträge vor: Eine Minderheit beantragt, nicht auf die Vorlage einzutreten, weitere Minderheiten verfolgen teils das Ziel, die ökologische und soziale Verantwortung der Schifffahrtsbranche zu stärken, teils streben sie eine Ausweitung der Zwecke an, die eine Unterstellung unter die Tonnagesteuer erlauben, und teils möchten sie ein Flaggenerfordernis, wie es in der Vernehmlassungsvorlage enthalten war, in die Vorlage aufnehmen. In der Gesamtabstimmung hat die Kommission den Entwurf mit 15 zu 10 Stimmen angenommen; er soll in der Wintersession vom Nationalrat behandelt werden.
Totalrevision des Zollgesetzes (22.058): Eintreten
Nachdem die Kommission an ihrer letzten Sitzung zur Totalrevision des Zollgesetzes (22.058) Anhörungen mit den Kantonen und diversen Interessenverbänden durchgeführt hatte, liess sie sich die Vorlagen (BAZG-VG und ZoG) nun ausführlich vom Departementsvorsteher des EFD und dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) vorstellen. Anschliessend an eine intensive Diskussion hat die Kommission mit 18 zu 7 Stimmen entschieden, auf die Totalrevision einzutreten. Zuvor wurde ein Antrag auf Sistierung des Eintretensentscheids mit Stichentscheid des Präsidenten abgelehnt. Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, die Modernisierung, Digitalisierung sowie Vereinfachung der Zollprozesse seien notwendig und sollen vorangetrieben werden. Allerdings zeichnet sich ein grosser Diskussionsbedarf für die Detailberatung ab. Deshalb hat die Kommission entschieden, diese erst an ihrer Sitzung vom 3./4. April 2023 aufzunehmen und somit diverse Mitberichte von anderen Kommissionen abzuwarten.
Schliessung einer Strafbarkeitslücke im Übernahmerecht
Die Kommission hat die Ergebnisse der Vernehmlassung über ihren Vorentwurf zu einer Änderung des FinfraG zur Kenntnis genommen, den sie ausgehend von der parlamentarischen Initiative «Finanzmarktinfrastrukturgesetz. Bestrafung im Fall von unwahren oder unvollständigen Angaben in öffentlichen Kaufangeboten» (18.489) ausgearbeitet hatte. Mit der Vorlage soll eine neue Strafnorm betreffend die Verletzung der Pflicht zur Veröffentlichung eines wahren und vollständigen Angebotsprospekts oder einer wahren und vollständigen Voranmeldung geschaffen werden. Damit wird eine Asymmetrie im Übernahmerecht beseitigt und eine Strafbarkeitslücke geschlossen. Mit 17 zu 7 Stimmen verabschiedete die Kommission ihren Entwurf unverändert zuhanden des Rates. Eine Minderheit lehnt die Vorlage weiterhin ab.
Keine Entschädigung für Mehraufwände aufgrund der Afrikanischen Schweinepest
Mit 14 zu 11 Stimmen beantragt die WAK-N ihrem Rat, die vom Ständerat in der Herbstsession angenommene Motion (22.3633) «Afrikanische Schweinepest. Schlachtbetriebe und die Versorgungssicherheit gefährden?» von Ständerat Stark abzulehnen. Diese fordert vom Bundesrat die Schaffung einer Entschädigungslösung für die Mehraufwände von Schlacht-, Zerlegungs-, Verarbeitungs- und Entsorgungsbetrieben, welche von behördliche verordneten Betriebsschliessungen infolge der Afrikanischen Schweinepest betroffen sind. Die Kommissionsmehrheit findet es unausgewogen, wenn nur eine einzige Branche finanziell abgesichert wird, andere ähnlich betroffene Betriebe in Branchen wie der Milchwirtschaft aber keine Unterstützung erhalten. Sie glaubt auch nicht, dass dadurch die Gefahr von Tierstaus gesenkt werden könne. Eine Minderheit sieht jedoch die Schweiz durch die Afrikanische Schweinepest akut bedroht und vertritt die Ansicht, dass die Entschädigungslösung bei einem Seuchenausbruch insbesondere dem Tierwohl zugutekäme.
WAK-N setzt sich für mehr Lebensmittel-Versorgungssicherheit ein
Die Kommission hat vier Motionen zum Thema Versorgungssicherheit in der Landwirtschaft beraten, die der Ständerat in der Herbstsession 2022 angenommen hatte. Die Motion Salzmann (22.3606) verlangt vom Bundesrat Massnahmen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit und wird mit 14 zu 11 Stimmen zur Ablehnung beantragt, da der Nationalrat in der Herbstsession bereits eine gleichlautende Motion der SVP-Fraktion (22.3576) abgelehnt hatte.
Die Motion Gapany (22.3795) wie auch die ähnlich lautenden Motionen Chiesa (22.3567) und Rieder (22.3610) wollen hingegen Beschlüsse zu Nährstoffverlusten und Biodiversitätsförderflächen aus dem Verordnungspaket der parlamentarischen Initiative «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» (19.475) aufschieben oder aufheben. Die Motion Chiesa findet mit ihrer Forderung, die Einführung eines Anteils von 3,5 Prozent an Biodiversitätsflächen auf offenen Ackerflächen zu verschieben, keine Mehrheit (11 Ja zu 14 Nein). Die Motion Rieder, die einen gänzlichen Verzicht auf besagte 3,5 Prozent verlangt, beantragt die WAK-N hingegen zur Annahme (13 Ja zu 12 Nein). Eine Mehrheit der Kommission befürwortet zwar Biodiversität, findet aber, dass diese angesichts der aktuellen globalen Ernährungslage nicht zulasten ertragreicher Ackerflächen gefördert werden soll. Eine Minderheit ist der Auffassung, dass ein Anteil von 3,5 Prozent Biodiversitätsfläche vertretbar sei, da die Schweiz bis anhin keine Versorgungsengpässe erlebt habe und die Versorgungssicherheit nicht mit dem Selbstversorgungsgrad gleichzusetzen sei. Auch die Motion Gapany beantragt die Kommission ihrem Rat mit 15 zu 10 Stimmen zur Annahme. Für die Kommissionsmehrheit ist eine Reduktion der Nährstoffverluste beim Stickstoff um 20 Prozent bis 2030 nicht umsetzbar, was auch aus der Vernehmlassung so hervorgegangen sei. Eine Minderheit will jedoch an den 20 Prozent festhalten, da man ansonsten die in den «Umweltziele Landwirtschaft» anvisierte Reduktion um 30 Prozent noch deutlicher verpassen werde.
Kommissionsmotion für mehr Pressefreiheit in Finanzplatzfragen
Die Kommission hat zwei parlamentarische Initiativen von Nationalrat Raphaël Mahaim einerseits (22.421) und der SP-Fraktion andererseits (22.408) zur Stärkung der Pressefreiheit in Finanzplatzfragen beraten. Die Kommissionsmehrheit erachtet die beiden Initiativen als zu eng gefasst, sieht jedoch Abklärungsbedarf. Sie zieht es deshalb vor, den Bundesrat damit zu beauftragen, eine Änderung der einschlägigen Gesetze zur Wahrung der Pressefreiheit in Finanzplatzfragen zu prüfen und gegebenenfalls dem Parlament eine Vorlage zu unterbreiten. Aus diesem Grund hat die WAK-N mit 13 zu 11 Stimmen eine Kommissionsmotion «Pressefreiheit in Finanzplatzfragen gewährleisten» (22.4272) verabschiedet. Die Kommissionsminderheit lehnt die Motion ab, weil sie befürchtet, dass die Privatsphäre von Bankkunden verletzt werden könnte, auch wenn kein öffentliches Interesse für Medieninvestigationen bestehe. Aufgrund der Annahme der Kommissionsmotion wurden die beiden parlamentarischen Initiativen zurückgezogen.
Die Kommission hat am 14./15. November 2022 unter dem Vorsitz von Nationalrat Leo Müller (M-E/LU) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Ueli Maurer in Bern getagt.