Die Kommission hat die im September aufgenommen Detailberatung der Agrarpolitik ab 2022 (AP22+; 20.022) abgeschlossen und folgt dabei weiterhin weitestgehend den im Postulatsbericht 20.3931 skizzierten Empfehlungen des Bundesrats. Mit drei Folgeaufträgen in Form von Kommissionsvorstössen rundet sie ihre Anträge ab.

Nach eingehender Diskussion verzichtet die Kommission mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung bzw. mit 9 zu 4 Stimmen darauf, einen Hinweis auf klimapolitische Ziele in Artikel 2 des Landwirtschaftsgesetzes bzw. in einen neuen Artikel zur Senkung von Treibhausgasemissionen aufzunehmen. Die Ziele des Bundesrats im Klimabereich sind aus Sicht der Mehrheit wichtig und unterstützenswert, jedoch auch verbindlich, wenn sie nicht explizit im Landwirtschaftsgesetz verankert werden.

Der vom Bundesrat vorgeschlagenen Zusammenlegung von Vernetzungs- und Landschaftsqualitäts­beiträgen (Art. 76), die in diversen Pilotprojekten erprobt wurde, stimmt die Kommission mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. Sie spricht sich jedoch für eine gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf vereinfachte Lösung aus. Mit 9 zu 4 Stimmen lehnt die WAK-S hingegen Direktzahlungen für besondere Leistungen im Bereich der Biodiversität und Beiträge an die Beratungskosten ab (Art. 73), weil sie befürchtet, dass vor allem Beratungsbüros davon profitieren könnten.

Mit 8 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt die Kommission, Artikel 160b zur Parteistellung in Verfahren betreffend Pflanzenschutzmittel zuzustimmen. Die vom Bundesrat beantragte Formulierung trage dem Bundesgerichtsurteil vom 12. Februar 2018 Rechnung und schaffe Rechtssicherheit. Auch bei weiteren Bestimmungen beantragt die Kommission, den Empfehlungen des Bundesrats zu folgen und verzichtet somit auf einen nach Tierkategorie abgestuften Beitrag zur zielgerichteten Förderung der Tiergesundheit (Art. 75 Abs. 1 Bst. d LwG) und auf eine Reduktion der maximalen Hofdüngerausbringung im Gewässerschutzgesetz. Die Anpassungen im Tierseuchengesetz (Entwurf 3) waren in der Kommission unbestritten.

Mit einer Kommissionsmotion (22.4253) möchte die WAK-S dem Bundesrat den Auftrag geben, die im Rahmen der AP 22+ ursprünglich geplante Revision des Bodenrechts separat weiterzuverfolgen (Medienmitteilung der WAK-S vom 28. Juni 2022). Mit einer weiteren Kommissionsmotion (22.4251) soll der Bundesrat beauftragt werden, seinen im Postulatsbericht 20.3931 skizzierten Konzeptvorschlag zur Zukunft der Agrarpolitik zu konkretisieren und bis Ende 2027 eine neue Botschaft für die nächste Etappe der Agrarpolitik vorzulegen. Auch ein Kommissionspostulat für mehr Transparenz in der Preisbildung entlang der Wertschöpfungskette (22.4252) fand mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung eine Mehrheit.

Die Motionen 21.4186 «Höchste Zeit für eine Ernteversicherung» und 19.3447 «Nationales Kompetenzzentrum zur Bodenverbesserung des ackerfähigen Kulturlandes» beantragt die Kommission einstimmig abzulehnen.

Keine höheren steuerlichen Abzüge für Versicherungsprämien, Zinsen von Sparkapitalien und Krankheits- sowie Unfallkosten

Die Kommission hat mehrere Geschäfte zur Erhöhung der steuerlichen Abzüge von Gesundheitskosten beraten; sie spricht sich in allen Fällen gegen weitere Mindereinnahmen aus.

Mit 6 zu 5 Stimmen (bei 1 Enthaltung) beantragt die WAK-S, nicht auf die Vorlage 22.053 einzutreten, die eine Erhöhung der Abzüge für Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien bei der direkten Bundessteuer vorsieht. Damit folgt sie der Finanzkommission ihres Rates, die ihr Ende September aufgrund der prognostizierten Mindereinnahmen von rund 400 Millionen Franken Nichteintreten beantragt hatte. Die Kommissionsmehrheit kritisiert, dass vor allem obere Einkommensgruppen begünstigt würden. Sie vertritt zudem die Meinung, Finanzhilfen könnten nicht die Lösung für das Grundproblem des teuren Gesundheitswesens sein. Die Minderheit ist hingegen der Ansicht, mit der Vorlage erfülle der Bundesrat schliesslich einen Auftrag des Parlamentes (vgl. Motion 17.3171 von Nationalrat Jean-Pierre Grin); sie plädiert deshalb für Eintreten.

Auch das Anliegen, dass selbst getragene Krankheits- und Unfallkosten auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene ohne Selbstbehalt vom Einkommen steuerlich abziehbar sein sollen, findet in der Kommission keine Mehrheit. Sie gibt zwei entsprechenden parlamentarischen Initiativen (21.460 und 21.475) mit 6 zu 5 Stimmen keine Folge. Mit Blick auf die steigenden Gesundheitskosten und die sinkende Kaufkraft der Bevölkerung bringt die Kommission den Initiativen durchaus Sympathien entgegen. Die damit verbundenen Mindereinnahmen für Bund und Kantone von voraussichtlich mehr als einer Milliarde Franken und der hohe administrative Aufwand sprechen jedoch dagegen.

Kommission befürwortet befristete Finanzierungsspritze für touristische Innovation

Die Kommission hat die Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus und zum Zusatzkredit Innotour 2020-2023 (22.051) beraten und beide Entwürfe einstimmig angenommen. Mit der Gesetzesänderung will der Bundesrat den Bundesanteil bei Innotour-Projekten im Rahmen des Covid Recovery Programms von 2023 bis 2026 befristet ausweiten. Die Kommission anerkennt den Investitionsbedarf der Tourismusbranche nach den Pandemiejahren und will diese im Bereich Innovation über Innotour gezielt fördern.

Teilflexibilisierung des Arbeitsgesetzes: Verordnungslösung in Sichtweite

Die Kommission hat ihre Arbeiten an der parlamentarischen Initiative 16.414 (Teilflexibilisierung des Arbeitsgesetzes und Erhalt bewährter Arbeitszeitmodelle) sistiert, nachdem sie sich vom Bundesrat über den Vorschlag der Sozialpartner für eine Änderung der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz hat informieren lassen. Dieser Vorschlag sieht für ICT-Betriebe sowie für Dienstleistungsbetriebe in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Treuhand und Steuerberatung eine Flexibilisierung der Arbeitszeitvorschriften vor. Ein Teil der Kommission betrachtet es zwar als Mangel, dass die Änderung für Betriebe und nicht für Funktionen gelten soll. Generell ist die WAK-S jedoch der Meinung, der Vorschlag könnte ein erster Schritt zur Lösung konkreter Probleme sein. Sie wird sich im Frühjahr 2023 zur Verordnungsanpassung konsultieren lassen und anschliessend definitiv über die parlamentarische Initiative entscheiden.

Kommission unterstützt gesetzliche Regelung zum Schutz des Schweizer Börsenplatzes

Mit der Vorlage 22.050 (Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG). Änderung (Anerkennung ausländischer Handelsplätze für den Handel mit Beteiligungspapieren von Gesellschaften mit Sitz in der Schweiz)) will der Bundesrat die bisher auf Verordnungsstufe geregelte Massnahme zum Schutz des Schweizer Börsenplatzes auf Gesetzesstufe heben. Die Massnahme wurde notwendig, nachdem die EU der Schweiz 2018 die Anerkennung der Börsenäquivalenz verweigert hatte, um so die Unterzeichnung des Rahmenvertrags zu erwirken. Die Kommission begrüsst den Entwurf und stimmt ihm diskussions- und oppositionslos zu.

Mehrheit der Kommission gegen einen Staatsfonds

Mit 10 zu 3 Stimmen beantragt die Kommission die Ablehnung einer Motion von Ständerat Beat Rieder, die zum Ziel hat, einen vom Bundeshaushalt unabhängigen Staatsfonds zu errichten (22.3153). Schon im Januar 2022 hatte sich die Kommission eingehend mit dem Thema Staatsfonds befasst (vgl. Medienmitteilung der WAK-S vom 14. Januar 2022). Die Kommissionsmehrheit ist weiterhin der Meinung, die Auslagerung eines Teils der Währungsreserven in den Staatsfonds, wie es die Motion vorsieht, würde den geldpolitischen Handlungsspielraum der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu stark einschränken. Gerade die aktuelle Lage an den Finanzmärkten zeige, wie wichtig die Devisenreserven für die Handlungsfähigkeit der SNB seien.

Individualbesteuerung: Ja zum Handlungsbedarf, nein zur Standesinitiative

Die Kommission hat eine Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt beraten, die die baldige Einführung der Individualbesteuerung auf Bundes- wie auf Kantonsebene fordert (21.317). Mit der Legislaturplanung 2019-2023 hat das Parlament dem Bundesrat bereits im September 2020 den Auftrag erteilt, eine Botschaft zur Einführung der Individualbesteuerung auszuarbeiten. Dieser Auftrag ist nun in Umsetzung begriffen, der Bundesrat plant die Eröffnung der Vernehmlassung gegen Ende dieses Jahres. Ein paralleles Vorgehen des Parlamentes würde das Ganze somit eher verzögern. Aus verfahrensökonomischen Gründen hat die Kommission deshalb beschlossen, der Standesinitiative keine Folge zu geben.

Beratung der Motion 22.3865 verschoben

Die Kommission hat die Beratung der Motion «Freiwillige Erwerbstätigkeit nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters fördern» (22.3865) verschoben, um den Bericht in Erfüllung des Postulates «Förderung der Erwerbstätigkeit nach Erreichen des Regelrentenalters» (19.3172) abzuwarten. Der Bericht wird vom Bundesrat voraussichtlich Ende 2022 verabschiedet und wird verschiedene Lösungsansätze zur Steigerung der Erwerbstätigkeit nach dem Referenzalter aufzeigen.

Die Kommission hat am 10. und 11. Oktober 2022 unter dem Vorsitz von Ständerat Alex Kuprecht (SVP/SZ) und teilweise in Anwesenheit der Bundesräte Ueli Maurer und Guy Parmelin in Bern getagt.