Die Finanzkommission beantragt dem Nationalrat meist einstimmig oder mit grossen Mehrheiten Zustimmung zu den vom Bundesrat beantragten Corona-Krediten. Sie folgt damit den Anträgen der mitberichtenden Kommissionen WBK, SGK und WAK. Zudem reichte sie drei Kommissionsmotionen ein im Bereich Solidarbürgschaften.

Im Hinblick auf die ausserordentliche Session der eidgenössischen Räte vom 4. bis 7. Mai 2020 beriet die Finanzkommission des Nationalrats (FK-N) an einer zweitägigen Sitzung am 23./24. April 2020 den Nachtrag I zum Voranschlag 2020 (20.007 ns). Die Anträge des Bundesrats finden sich zum einen in der Botschaft vom 20. März 2020 (ordentliche Nachtragskredite), zum anderen in den auf der Homepage des Parlaments veröffentlichten Nachmeldungen des Bundesrats an die Finanzkommissionen vom 20. März und 16. April 2020 (ausserordentliche Nachtragskredite zur Abfederung der Auswirkungen der Corona-Pandemie). Die Resultate der Beratung sind ersichtlich aus der Vorversion der Fahne, welche mit der vorliegenden Medienmitteilung publiziert wird. Die definitive Ratsfahne wird im Verlauf der kommenden Woche auf Curia Vista veröffentlicht.
Die vom Bundesrat beantragten Corona-Kredite wurden an der Sitzung von den Vorstehenden des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD), des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) und des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) eingehend begründet. Die Finanzdelegation (FinDel) hatte in den vergangenen Wochen einen erheblichen Teil der Kredite bevorschussen müssen (siehe dazu die Medienmitteilungen der FinDel vom 23. März, 8. April und 15. April 2020). Der Vizepräsident der FinDel erstattete der FK-N Bericht über die Diskussion und die Beweggründe für die Bevorschussung. Der FK-N lagen auch Mitberichte der Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N), für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-N) sowie für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) vor.

COVID-19-Nachtragskredite


Übersicht

in Mio. Franken.

Bundesbeitrag an die ALV

6 000

Leistungen COVID-Erwerbsersatz

5 300

Verluste COVID-Überbrückungskredite

1 000

Gewerbliche Bürgschaftsgenossenschaften

10

Switzerland Global Enterprise (S-GE)

5

Beschaffungen der Armeeapotheke

2 450

Beschaffung von Medikamenten

130

Gesundheitsschutz und Prävention (Beiträge an die CEPI)

10

Soforthilfe zugunsten der Kultur

280

Härtefalllösungen im Sportbereich

100

Aufgebot Schutzdienstpflichtige

23

Massnahmen Viehwirtschaft (budgetneutral)

-

Aufwendungen für die a.o. Session der eidg. Räte

4

Total Voranschlagskredite 2020

15 312

COVID-Überbrückungskredite

40 000

Total Verpflichtungskredite

40 000

Solidarbürgschaften, Erwerbsersatzordnung und Arbeitslosenversicherung

Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise zu mildern, beantragt der Bundesrat Kredite für Solidarbürgschaften zur Sicherung der Liquidität von Unternehmungen. Selbstständigerwerbende werden über die Erwerbsersatzordnung unterstützt. Mit einem grossen Bundesbeitrag soll die Arbeitslosenversicherung alimentiert werden. Die WAK-N und die SGK-N unterstützen in ihren Mitberichten zuhanden der FK die Kredite klar. Auch in der FK waren die Bürgschaftskredite unbestritten.
Die Kommission beantragt dem Nationalrat mit 24 Stimmen (1 Enthaltung) Zustimmung zum Verpflichtungskredit von 40 Milliarden Franken für Bürgschaften für Unternehmen (Corona-Härtefallhilfe). Die FinDel hatte bereits Vorschüsse in der Höhe von insgesamt 30 Milliarden Franken bewilligt. Die FK beantragt zudem jeweils einstimmig (25 Stimmen), 10 Millionen Franken für die Gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften sowie 1 Milliarde Franken für erwartete Verluste bei den Covid-Bürgschaften zu genehmigen. Ausführlich diskutiert wurden die Kontrollen, welche bei der Verwendung dieser Bürgschaftskredite vorgesehen sind. Die Kommission unterstützt diese Kontrollen ausdrücklich und wird sich regelmässig mit der Verwendung und den Wirkungen der Kredite befassen.
Intensiv diskutiert wurden die in der Covid-Bürgschaftsverordnung (SR 951.261) festgelegte Dauer der Rückzahlungsfrist für die Kredite sowie der Zinssatz. Die Verordnung hat der Bundesrat gestützt auf Artikel 185 Absatz 3 Bundesverfassung erlassen. Solche Notverordnungen sind befristet. Soll die Rechtsgrundlage erhalten bleiben, muss sie ins ordentliche Recht überführt werden. Dazu muss der Bundesrat der Bundesversammlung innert 6 Monaten eine Botschaft vorlegen (vgl. Art. 7d Abs. 2 RVOG (SR 172.010)). Die Kommission beschloss zwei Kommissionsmotionen, die der Bundesrat im Rahmen dieser Botschaft umsetzen soll. Mit 15 zu 10 Stimmen beschlossen wurde eine Kommissionsmotion (20.3147), mit welcher verlangt wird, dass die Dauer der nach der Covid-Verordnung gewährten Kredite von fünf auf höchstens acht Jahre verlängert wird. Eine zweite mit 12 zu 5 Stimmen (8 Enthaltungen) beschlossene Kommissionsmotion (20.3148) will, dass der Zinssatz auch nach dem ersten Jahr bei 0,0 Prozent bleibt. Mit 20 zu 2 Stimmen (3 Enthaltungen) verlangt die Kommissionen schliesslich mit einer Motion (20.3149), die Verordnung so zu ergänzen, dass die Bürgschaftsgenossenschaften erweiterte Einsichtsrechte in die Geschäftsbücher der Kreditempfänger, im Speziellen in die Liquiditätsplanung, erhalten.
Der Bundesrat beantragt, Erwerbsausfälle, welche aufgrund von Massnahmen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Coronavirus entstehen und für die keine andere Kompensation vorgesehen ist, zu entschädigen. In der Nachmeldung vom 22. März 2020 beantragte er dazu 4 Milliarden Franken, die von der FinDel bevorschusst wurden. Von der Krise stark betroffen sind die Selbstständigerwerbenden. Auch ihnen soll über die Erwerbsersatzordnung geholfen werden. Der Bundesrat beantragte in der Nachmeldung vom 16. April 2020 dafür 1,3 Milliarden Franken. Der Bundesrat beantragt damit insgesamt 5,3 Milliarden Franken. Die Kommission unterstützt den Kredit einstimmig. Diskutiert wurden auch verschiedene Aspekte der bundesrätlichen COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall vom 20. März 2020 (SR 830.31), so etwa die Wirkung der Schwellenwerte.
Oppositionslos (einstimmig) beantragt wird die Zustimmung zum von der FinDel bereits bevorschussten Bundesbeitrag von 6 Milliarden Franken für die Arbeitslosenversicherung. Damit soll der Fonds der Arbeitslosenversicherung unterstützt werden, um eine baldige Erhöhung der Lohnbeiträge und eine Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu vermeiden.
Länger diskutiert hat die Kommission auch die Frage, ob die Schweizerische Nationalbank (SNB) abweichend von der geltenden Vereinbarung Sonderausschüttungen für die Jahre 2020 und 2021 vornehmen soll und dabei die für die künftige Verteilung gebildete Reserve verwendet werden kann.

Beschaffung von Sanitätsmaterial und Arzneimitteln

Für dringliche Beschaffungen von Sanitätsmaterial (u.a. Masken, Handschuhe, Desinfektionsmittel, Probeabnahmesets, Testkits und Beatmungsgeräte) durch die Armeeapotheke beantragt der Bundesrat Mittel in Höhe von insgesamt 2,45 Milliarden Franken. Ein Teil der Kredite (1,05 Milliarden) wurde von der FinDel im dringlichen Verfahren bereits bewilligt. Die SGK-N unterstützt in ihrem Mitbericht die beantragten Mittel deutlich. Der FK-N lag ein Antrag auf Halbierung der Ausgaben für Masken und Beatmungsgeräte vor (- 605 Millionen Franken), jedoch ohne dabei die zu beschaffende Menge zu reduzieren. Dieser Antrag wurde mit 18 zu 7 Stimmen abgelehnt.
Jeweils einstimmig beantragt die Finanzkommission, den Krediten zur Beschaffung von weltweit knappen Arzneimitteln (130 Millionen Franken) sowie zur Unterstützung der Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft zur schnellen Erforschung und Entwicklung eines zukünftigen COVID-19-lmpfstoffes (10 Millionen Franken) zuzustimmen. Die FinDel bewilligte für diese Vorhaben Vorschüsse von insgesamt 75 Millionen Franken.

Unterstützung der Kultur und des Sports

Für die Soforthilfe zugunsten der Kultur beantragt der Bundesrat Nachtragskredite von insgesamt 280 Millionen Franken. Diese Mittel werden in Form von Darlehen und A-Fonds-perdu-Beiträgen zur Verfügung gestellt. Die FinDel bewilligte bereits einen entsprechenden Vorschuss. Unbestritten in der Finanzkommission waren die Soforthilfe für Kulturunternehmen (100 Millionen Franken) sowie die Unterstützung von Kulturvereinen im Laienbereich (10 Millionen Franken). Beantragt wurde in der Kommission, auf die Soforthilfe für Kulturschaffende (25 Millionen Franken) gänzlich zu verzichten. Mit 18 zu 7 Stimmen folgte die Kommission jedoch dem Antrag des Bundesrates und genehmigte die Soforthilfe. Ein Kürzungsantrag der Ausfallentschädigung für Kulturunternehmen und –schaffende (100 statt 145 Millionen Franken) wurde mit 18 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.
Für Härtefalllösungen im Sportbereich beantragt der Bundesrat Nachtragskredite in der Höhe von insgesamt 100 Millionen Franken (50 Millionen für Darlehen zu Vorzugsbedingungen sowie 50 Millionen für nicht rückzahlbare Geldleistungen). Die FinDel bewilligte bereits einen entsprechenden Vorschuss. Sowohl die Darlehen als auch die Finanzhilfen waren in der Finanzkommission unbestritten.

Weitere COVID-19-Nachtragskredite

Für die Durchführung der ausserordentlichen Session der eidgenössischen Räte vom 4. bis 7. Mai 2020 auf dem Messegelände der Bernexpo ergeben sich Mehrausgaben für die gesamte Unterbringung und Logistik von rund 3,7 Millionen Franken. Ein Antrag auf Kürzung des von der Verwaltungsdelegation der eidgenössischen Räte beantragten Nachtragskredits um 500 000 Franken wurde mit 18 zu 7 Stimmen abgelehnt.
Die weiteren, vom Bundesrat beantragten COVID-19-Nachtragskredite zum Aufgebot von Schutzdienstpflichtigen (23,4 Millionen Franken), zur Exportförderung (4,5 Millionen Franken) und zu den Beihilfen für die Viehwirtschaft (3 Millionen Franken mit Kompensation im Agrarbudget) werden von der Finanzkommission jeweils ohne Gegenstimmen unterstützt.

Zusätzliche Kredite im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung

Anders als der Bundesrat sieht die Finanzkommission bei der Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung Handlungsbedarf auf Bundesebene. Mit 15 zu 8 Stimmen (1 Enthaltung) beantragt sie dem Nationalrat, einen entsprechenden Kredit in Höhe von 100 Millionen Franken zu genehmigen. Damit unterstützt sie einen Antrag der mitberichtenden WBK-N. Diese will darüber hinaus den Bundesrat beauftragen, Massnahmen zu ergreifen, um die Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung aufgrund der Ertragsausfälle infolge der Coronakrise finanziell zu unterstützen (siehe 20.3128 n Mo. WBK-NR).

Kontrollen und Prüfungen durch die Eidgenössische Finanzkontrolle

Der Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) erläuterte die von der EFK durchgeführten Kontrollen und Prüfungen. Der Vizepräsident der Finanzdelegation schilderte deren Haltung. Der FinDel war es von Beginn weg äusserst wichtig, dass die Verwendung der Kredite genau überprüft wird. Die Finanzkommission ist der gleichen Auffassung wie die FinDel. Die FK-N dankt der EFK für ihre Arbeit. Sie selbst wird die Verwendung der Kredite in ihren Subkommissionen genau verfolgen.

Finanzpolitische Konsequenzen

Länger diskutiert wurden die finanzpolitischen Auswirkungen der Corona-Krise. Diese stellt den Bundeshaushalt vor enorme Herausforderungen. Bis jetzt sind allein für 2020 Voranschlagskredite in der Höhe von rund 15,3 Milliarden Franken vorgesehen. In den nächsten Jahren sind zudem aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise hohe Steuerausfälle zu erwarten. Es stellt sich zum Beispiel die Frage der Auswirkungen auf die Schuldenbremse und wie sie angewendet werden soll. Die FK-N diskutierte diese Fragen länger mit dem Vorsteher des Finanzdepartements. Derzeit ist es noch zu früh für definitive Antworten, erste Grundsatzentscheide müssen aber bald folgen. Die Finanzkommission wird diese Thematik in den nächsten Monaten intensiv weiterverfolgen.

Weitere Anliegen der Finanzkommission an Bundesrat und Bundesverwaltung

In einem Brief an den Bundesrat richtet die FK-N weitere Forderungen an den Bundesrat bzw. an die Bundesverwaltung. In schriftlichen Berichten zuhanden der FK soll aufgezeigt werden,

  1. wie sich die ausserordentlichen Ausgaben auf die Bundesfinanzen für die kommenden Jahre und insbesondere auf die ungebundenen Ausgaben auswirken,
  2. welche Steuererleichterungen für diejenigen Unternehmen, die stark von der Covid-19-Pandemie betroffen sind (insbesondere die KMU und Lehrbetriebe) denkbar sind, und
  3. welche Hilfsmassnahmen sich für diejenigen Landwirtschaftsbereiche, die von den fehlenden Absatzmöglichkeiten in der Gastronomie am stärksten betroffen sind (z. B. Weinbau und Kälbermast), anbieten.


Zudem fordert die Finanzkommission den Bundesrat auf, ihr regelmässig über die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Auswirkungen der Coronakrise Bericht zu erstatten.
Auch wenn dies nicht direkt in ihrem Zuständigkeitsbereich fällt, ist die FK der Auffassung, dass der Bundesrat bzw. das EDI differenziert und nach eindeutigen Kriterien definieren sollte, welche Personen als besonders gefährdet zu erachten sind.

Dank der Finanzkommission an Bundesrat und Bundesangestellte

Die Finanzkommission anerkennt die grossen Anstrengungen der Bundesratsmitglieder und Bundesangestellten, welche diese in den letzten Wochen zur Bewältigung der Corona-Krise geleistet haben, und dankt allen Beteiligten für den grossen Einsatz. Für die Finanzkommission haben Bundesrat und Bundesverwaltung rasch und gezielt gehandelt, um den durch das Virus verursachten Schaden zu begrenzen. Dies zeigt auch die grosse Zustimmung der mitberichtenden Kommissionen und der FK zu den beantragten Krediten. Kein einziger vom Bundesrat beantragter Kredit wurde abgelehnt. Einzig im Bereich der Kinderbetreuung geht die Finanzkommission über den Antrag des Bundesrates hinaus. Grosse Anerkennung verdienen auch alle Menschen, die jeden Tag Ausserordentliches leisten, sei es in Spitälern und Heimen, oder an anderen Orten, wo ihre Tätigkeit während der Krise besonders herausfordernd ist.

Ordentliche Nachtragskredite

Der Bundesrat beantragt dem Parlament die Zustimmung zu 10 Nachtragskrediten im Umfang von 50,3 Millionen. Der Nachtragskredit für die Honorierung weiterer Solidarbürgschaften für die schweizerische Hochseeschifffahrt (28,3 Millionen Franken) wurde in der Finanzkommission zwar kontrovers diskutiert, aber schliesslich mit 17 zu 7 Stimmen bewilligt. Der vom Bundesrat beantragte Nachtrag von 319 Millionen Franken für den Bahninfrastrukturfonds, namentlich für den Substanzerhalt der Bahninfrastruktur, war in der Finanzkommission unbestritten.

Die Finanzkommission tagte am 23./24. April 2020 unter der Leitung ihres Vizepräsidenten, Roland Fischer (GLP/LU) im Hotel Bellevue in Bern. Zeitweise anwesend waren die Vorstehenden des EFD, EDI, VBS und WBF sowie Mitarbeitende der jeweiligen Departemente, der Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle sowie der Generalsekretär der Bundesversammlung.