Es gilt das gesprochene Wort

 

Ansprache von Nationalratspräsident Jürg Stahl

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen


Heute fällt mir die grosse Ehre und angenehme Aufgabe zu, in Ihrem Namen Bundesrat Didier Burkhalter zu würdigen, der per 31. Oktober 2017 von seinem Amt als Vorsteher des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten zurücktritt. Er wirkte acht Jahre im Bundesrat – war in dieser Zeit einmal Bundespräsident – und gehörte zuvor sechs Jahre lang der Bundesversammlung an.


Doch drehen wir das Rad der Zeit zunächst noch weiter zurück: Didier Burkhalter wurde am 17. April 1960 in Auvernier im Kanton Neuenburg geboren. Er wuchs an den Ufern des – wie er sagt – «schönsten Sees der Welt» auf, fischte mit seinem Grossvater Felchen und half seinem Vater bei der Weinlese. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften, das er mit dem Lizenziat abschloss, war er an der Universität Neuenburg und in der Privatwirtschaft tätig.
Als politisch sehr interessierter Mensch trat er mit 25 Jahren in die Freisinnig-Demokratische Partei FDP, heute FDP. Die Liberalen, ein. Für seine Partei war er vorerst als Kantonalsekretär der Neuenburger FDP, dann als Parteisekretär Romandie im Generalsekretariat der FDP Schweiz und schliesslich als Vizepräsident der FDP-Fraktion der Bundesversammlung tätig.
Didier Burkhalter war Mitglied des Parlamentes der Neuenburger Gemeinde Hauterive und Neuenburger Grossrat, bevor er mit 31 Jahren in die Neuenburger Stadtregierung gewählt wurde. Ihr gehörte er 14 Jahre lang an und präsidierte sie dreimal. Anschliessend wechselte er in die Bundespolitik und wurde Mitglied des Parlamentes und dessen vorberatender Gremien. Er nahm abwechselnd Einsitz in der Gerichtskommission, der Sicherheitspolitischen Kommission, der Kommission für Rechtsfragen, der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur und der Finanzkommission des Ständerates, deren Vizepräsident er war. Ausserdem gehörte Didier Burkhalter den Delegationen bei der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, der Frankophonie, sowie – als Vizepräsident – der EFTA/EU-Delegation an und unterhielt Beziehungen zum französischen Parlament.
«Es ist gut, wenn die Zeit ein Bauwerk ist», so ein von Didier Burkhalter gern zitierter Satz von Saint-Exupéry: Nach vier Jahren im Nationalrat und zwei Jahren im Ständerat stieg Didier Burkhalter ins Rennen um die Nachfolge von Pascal Couchepin und wurde mit einem Glanzresultat in die Landesregierung gewählt, sodass der Kanton Neuenburg am 24. September 2009 seinen neunten Bundesrat feiern konnte.


Von 2009 bis 2011 packte Didier Burkhalter als Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern das Dossier der Sozialversicherungen an: Er nahm die Alternativmedizin wieder in den Leistungskatalog der Grundversicherung auf und setzte sich für die Förderung der integrierten Versorgung ein. Seine Persönlichkeit kam aber im Departement für auswärtige Angelegenheiten so richtig zur Geltung: Seine Fähigkeit, persönliche Beziehungen aufzubauen und sein Redetalent kamen ihm bei den schwierigen aussenpolitischen Herausforderungen seiner Amtszeit sehr zugute.


Das Jahr 2014 ist ein anschauliches Beispiel für das politische Wirken von Didier Burkhalter: Als Bundespräsident sorgte er für den Zusammenhalt des Bundesrates und als Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) engagierte er sich gleichzeitig für Frieden auf dem Alten Kontinent. In der Ukraine-Krise brachte er die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch und überzeugte die Mitglieder der OSZE – einschliesslich Russlands – über 500 zivile Beobachter in die vom Krieg gebeutelte Ukraine zu entsenden. Dieser Spannungsherd beschäftigte ihn bis ans Ende seiner Amtszeit. In der kürzlich erfolgten Wahl von Thomas Greminger zum Generalsekretär der OSZE sah Didier Burkhalter den Ausdruck unserer Bereitschaft, «einen konkreten und nachhaltigen Beitrag zur Sicherheit auf unserem Kontinent durch Zusammenarbeit zu leisten.»


Didier Burkhalter machte das internationale Genf wieder zum Brückenkopf der Schweiz als Gaststaat. Das Bundesparlament unterstützte seine Strategie, die er in Zusammenarbeit mit dem Kanton und der Stadt Genf entwickelte. In der Calvinstadt wurden die Atomgespräche mit dem Iran und die Friedensverhandlungen für Syrien, Jemen und Zypern geführt. Einige Diskussionen fanden aber auch in Lausanne, Montreux, Magglingen, Zürich und Crans-Montana statt. Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, bedankte sich für die moralische und logistische Unterstützung des Bundes.
Didier Burkhalter pflegt eine Diplomatie «des Herzens und der Nähe». Dies belegen Fotos wie dasjenige, das ihn mit seiner Frau Friedrun Sabine zwischen dem Ehepaar Obama bei einem Gala-Dinner in New York zeigt, oder das Bild, auf dem er mit US-Aussenminister John Kerry in einem Gang am World Economic Forum herumscherzt.


Und noch eine andere Aufnahme sorgte in den sozialen Netzwerken für Begeisterung: Didier Burkhalter steht am Bahnsteig – keine Bodyguards weit und breit – und wartet auf den Zug wie ein ganz gewöhnlicher Reisender. Dazu meinte Didier Burkhalter: «In der Schweizer Politik sind die Institutionen wichtiger als die Politiker.»


Nach der Abstimmung vom 14. Februar 2014 drängte er den Bundesrat dazu, die Einwanderung besser zu kontrollieren, ohne auf den Ausbau der Beziehungen mit der Europäischen Union zu verzichten. Sein Credo lautet: Die Beziehungen zur Europäischen Union müssen eng und flexibel sein, damit die politischen Institutionen der Schweiz respektiert und Arbeitsplätze garantiert werden.

 


Sehr geehrter Herr Bundesrat
Lieber Didier


Du, der du praktisch mit den Füssen im Wasser geboren bist, hast junge Auslandschweizerinnen und -schweizer am Vierwaldstättersee versammelt. Du hast sie jeweils aufgefordert, sich für die Schweiz zu engagieren, ein Land, von dem du immer wieder gesagt hast, es sei eine Erfolgsgeschichte und in seiner Art einzigartig – dies umso mehr, als es diese Einzigartigkeit international zum Nutzen aller einsetzt.
Während der Debatten in den eidgenössischen Räten hast du nie mit lyrischen Exkursen gegeizt, um uns zu überzeugen. Und wir hörten deinen dichterischen Bildern und Ellipsen gerne zu. Erinnern werden wir uns aber vor allem an dein Engagement, deine Herzlichkeit und deine Hochachtung vor den Institutionen der Schweiz.


Mit Mut und Herz hast du ein weiteres Kapitel der Geschichte der Schweiz und deren Institutionen geschrieben. Heute schlägst du eine neue, privatere Seite im Buch deines Lebens auf. Du hast es gesagt: Das Amt des Bundesrates ist kein Gewand, das man am Feierabend ausziehen kann. Bald kannst du wieder in das Gewand des Privatmannes schlüpfen – und wirst diese Rolle nun umso mehr schätzen können. Wir wünschen Dir viele glückliche Stunden mit deiner Familie.

 

Monsieur le Conseiller fédéral,
Pour qu’un pays puisse progresser, il lui faut des bases solides, mais aussi des hommes et des femmes de conviction. Vous avez été l’un de ceux-là et l’Assemblée fédérale vous en est très reconnaissante.
En son nom, je vous adresse tous mes vœux pour l’avenir et vous souhaite plein succès dans vos projets.