Die Kommission beantragt ihrem Rat, die Volksinitiative «Für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen, jedoch in einem Gegenentwurf den Beginn der Verjährungsfrist bei Sexualdelikten auf den Zeitpunkt der Volljährigkeit des Opfers zu verschieben. Ferner prüfte die Kommission eine Standesinitiative sowie mehrere parlamentarische Initiativen zum Schutz der Kinder. Im Weiteren hat sie die Beratung über eine Vorlage zur Änderung des Zivilgesetzbuches betreffend Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht abgeschlossen.

Die Kommission hat sich dem Nationalrat angeschlossen und beantragt einstimmig, die vom Verein „Marche Blanche“ eingereichte Volksinitiative ( 07.063  Für die Unverjährbarkeit pornographischer Straftaten an Kindern. Volksinitiative) zur Ablehnung zu empfehlen. Die Initiative verlangt, dass sexuelle oder pornographische Straftaten an Kindern vor der Pubertät unverjährbar sein sollen. Die Kommission ist wie der Bundesrat der Meinung, dass die in der Initiative vorgeschlagene Lösung sowie ihre Terminologie aus rechtlicher Sicht problematisch sind. Die Unverjährbarkeit geht darüber hinaus, was notwendig ist, um zu verhindern, dass ein Opfer keine Strafanzeige mehr einreichen kann, wenn es dazu in der Lage ist. Ausserdem kann die Unverjährbarkeit paradoxe Auswirkungen haben: Aufgrund von Beweisschwierigkeiten, da die Tat schon lange zurück liegt, könnte es zu Freisprüchen kommen, die eine erneute Traumatisierung des Opfers zur Folge haben könnten. Die Kommission ist allerdings der Ansicht, dass den Opfern für die Einreichung einer Strafklage eine längere Bedenkfrist eingeräumt werden sollte. Sie spricht sich deshalb - ebenfalls dem Nationalrat folgend - einstimmig für den Gegenvorschlag des Bundesrates aus, wonach das Strafgesetzbuch und das Militärstrafgesetz so zu ändern sind, dass die in der Regel 15-jährige Verjährungsfrist für schwere Sexualdelikte und für schwerste Delikte gegen Leib und Leben erst ab der Volljährigkeit des Opfers zu laufen beginnen soll. Somit wird sich das Opfer bis zum Alter von 33 Jahren für ein Verfahren entscheiden können.

Entgegen der Meinung des Nationalrates hat die Kommission beschlossen, zwei parlamentarischen Initiativen keine Folge zu geben ( 04.469  Pa. Iv. Simoneschi-Cortesi. Obligatorischer Strafregisterauszug für Personen, die mit Kindern arbeiten;  04.473  Pa. Iv. Darbellay. Pädophile Straftäter. Verbot der Ausübung von Berufen mit Kindern). Die parlamentarische Initiative von Nationalrätin Simoneschi-Cortesi verlangt, dass jede Person, die sich um eine berufliche Tätigkeit mit Kindern oder Jugendlichen unter 16 Jahren bewirbt, oder ausserhalb eines Arbeitsverhältnisses mit Kindern oder Jugendlichen unter 16 zu tun hat, einen Strafregisterauszug vorlegen muss. Der Initiative wurde mit 7 zu 1 Stimmen bei 1 Enthaltung keine Folge gegeben, da unter anderem eine Bundeskompetenz fehlt, welche eine flächendeckende Umsetzung ermöglichen würde; ausserdem wurde an der Praktikabilität einer solchen Lösung, insbesondere hinsichtlich der Kontrolle und der Auswirkungen eines Verstosses gegen die Pflicht, einen Strafregisterauszug zu verlangen, gezweifelt. Einstimmig beschloss die Kommission, der parlamentarischen Initiative von Nationalrat Darbellay keine Folge zu geben. Diese verlangt, dass pädophilen Straftätern die Ausübung einer beruflichen oder freiwilligen Tätigkeit mit regelmässigem Kontakt zu Minderjährigen für mindestens zehn Jahre untersagt wird. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Initiative Unzulänglichkeiten in Bezug auf das Prinzip der Verhältnismässigkeit aufweist. Die Initiative nimmt Bezug auf Artikel 187 des Strafgesetzbuches, welcher auch Tatbestände regelt, deren Schwere begrenzt ist. Des Weiteren müsste der Richter automatisch ein Berufsverbot aussprechen, ohne Überprüfung, ob dies im konkreten Fall angebracht ist. Ausserdem würde die Resozialisierung der Straftäter durch diese Massnahme zu stark erschwert werden.

 

Die Kommission beantragt einstimmig, der Standesinitiative des Kantons Basel-Landschaft ( 06.301 Strafbarkeit des Konsums und des Vertriebs von Kinderpornografie und anderer verbotener Pornografie. Erhöhung des Strafmasses (Art. 197 Ziff. 3bis StGB)) Folge zu geben. Sie ist der Ansicht, dass es im geltenden Recht eine Strafbarkeitslücke (Konsum ohne Besitz) gibt und mit der Erhöhung des Strafmasses ein klares Zeichen gesetzt werden muss. Die anstehenden Arbeiten werden Gelegenheit bieten, um sich mit sämtlichen Problemen auseinanderzusetzen, die die neuen Technologien und namentlich das Internet in diesem Bereich stellen. Die Initiative wird nun an die Kommission des Nationalrates überwiesen, die zu entscheiden hat, ob sie dem Beschluss ihrer Schwesterkommission zustimmt.

 

Mit 8 zu 3 Stimmen beschloss die Kommission, dem Entscheid ihrer Schwesterkommission, einer parlamentarischen Initiative von alt Nationalrätin Ruth-Gaby Vermot-Mangold ( 06.419  Verbesserter Schutz für Kinder vor Gewalt) Folge zu geben, nicht zuzustimmen. Die Initiative fordert die Schaffung einer gesetzlichen Norm, die Kinder explizit vor Körperstrafe und anderen schlechten Behandlungen schützt, welche die physische und psychische Integrität der Kinder verletzen. Die Kommission ist der Ansicht, dass die bestehenden gesetzlichen Grundlagen ausreichen. Zudem könnte die neu zu schaffende Norm nur schwer durchgesetzt werden.

 

Die Kommission beantragt ihrem Rat einstimmig, die Vorlage zur Änderung des Zivilgesetzbuches ( 07.061  Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht) anzunehmen. Sie ist dem Entwurf des Bundesrates grösstenteils gefolgt. Diese Revision trägt den verschiedenen parlamentarischen Vorstössen zum Schuldbrief- und Bauhandwerkerpfandrecht sowie einigen Anliegen der Grundbuchpraxis Rechnung. Ein wichtiges Ziel besteht darin, die wirtschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Immobiliarsachenrechts nachhaltig zu verbessern. Daneben soll das Grundbuch noch vermehrt seine Funktion als zeitgemässes Bodeninformationssystem erfüllen können, indem es in zuverlässiger und aktueller Form Auskunft über Grundstücke gibt.

 

Mit 7 zu 5 Stimmen beschloss die Kommission, dem Entscheid der nationalrätlichen Kommission, der parlamentarischen Initiative von alt Nationalrat Heiner Studer ( 05.445  Verfassungsgerichtsbarkeit) Folge zu geben, nicht zuzustimmen. Der Initiant möchte u.a. das Bundesgericht befugen, im Zusammenhang mit einem Anwendungsakt prüfen zu können, ob ein Bundesgesetz gegen das Verfassungs- oder das Völkerrecht verstösst (konkrete Verfassungskontrolle). Die Kommission ist von der Notwendigkeit einer solchen Kontrolle nicht überzeugt. Indessen sieht sie mit Interesse dem Bericht entgegen, den der Bundesrat in Erfüllung des Postulats Pfisterer Thomas «Stärkung der präventiven Verfassungskontrolle» ( 07.3360 ) unterbreiten wird. Die Initiative Studer Heiner geht zurück an die Kommission des Nationalrates.

Schliesslich beantragt die Kommission einstimmig, den Vertrag mit Chile über Rechtshilfe in Strafsachen ( 07.094 ) zu genehmigen und den Bundesrat zu dessen Ratifizierung zu ermächtigen.

Die Kommission hat am 13. Mai 2008 unter dem Vorsitz von Ständerat Hermann Bürgi (V/TG) und teils in Anwesenheit von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf in Bern getagt.

 

Bern, 14. Mai 2008  Parlamentsdienste