Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates will einen neuen Anlauf für die Einführung eines Verordnungsvetos nehmen. Wenn beide Räte mehrheitlich feststellen, dass eine Verordnung des Bundesrates nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht, soll die Verordnung zur Überarbeitung an den Bundesrat zurückgewiesen werden können. 

Nationalrat Thomas Müller (CVP, SG) verlangt mit seiner parlamentarischen Initiative (09.511 Mitsprache des Parlamentes bei Verordnungen) eine Gesetzesänderung, wonach ein Veto gegen eine Verordnung des Bundesrates eingelegt werden kann, wenn beide Räte einem entsprechenden Antrag einer zu bestimmenden Anzahl Ratsmitglieder zustimmen. Die SPK gab dieser parlamentarischen Initiative mit 21 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen Folge. Immer wieder gelangen Parlamentsmitglieder zur Auffassung, dass ein bestimmtes Gesetz nicht korrekt umgesetzt wird. In diesem Fall muss nach Ansicht der Kommission das Parlament handeln und ein Veto einlegen können. Die Kommission weist darauf hin, dass zum Beispiel im Kanton Solothurn gute Erfahrungen mit diesem Instrument gemacht worden sind. Indem klar festgehalten wird, dass ein solches Veto nur mit Zustimmung beider Räte beschlossen werden kann, hofft die Nationalratskommission, dass sie nun auch die notwendige Zustimmung der SPK des Ständerates erhält. Am 12. März 2009 hatte sich der Ständerat mit 27 zu 6 Stimmen gegen ein Verordnungsveto ausgesprochen, nachdem der Nationalrat am 17. Dezember 2008 mit 152 zu 11 Stimmen ebenso deutlich dafür war.

09.505 n Pa.Iv. Fraktion RL. Rahmengesetz für eine Integrationspolitik

Obwohl der Bundesrat in seinem Bericht zur Weiterentwicklung der Integrationspolitik des Bundes zum Schluss gekommen ist, dass die bestehenden integrationsrechtlichen Bestimmungen eine ausreichende Grundlage darstellen, spricht sich die SPK für ein Integrationsrahmengesetz. Mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung hat sie einer entsprechenden parlamentarischen Initiative der FDP-Liberalen Fraktion Folge gegeben. Gleichzeitig hat die Kommission mit 17 zu 8 Stimmen eine Motion beschlossen, die den Bundesrat beauftragen will, ein Integrationsrahmengesetz und die damit einhergehenden rechtlichen Anpassungen auszuarbeiten. In den Augen der Kommission würde ein Rahmengesetz, in welchem das Fördern mit dem Fordern bzw. Rechte mit Pflichten einhergehen, der ausländischen und der schweizerischen Bevölkerung einen gemeinsamen Bezugsrahmen geben. Die Praxis könnte so vereinheitlicht und der Integrationsbegriff, der oft sehr unterschiedlich verstanden wird, definiert werden. Einschlägige Bestimmungen, die heute in den verschiedensten Gesetzen anzutreffen sind, würden in einem Gesetz vereint.
Die Gegnerinnen und Gegner dieses Rahmengesetzes sehen keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, weil die bestehenden Gesetzesbestimmungen für sie ausreichend sind. Ihrer Meinung nach ist Integration in erster Linie eine Willensfrage, weshalb sie von den Ausländerinnen und Ausländern selbst ausgehen sollte. Mit der Ausarbeitung eines Rahmengesetzes über einen so vagen Begriff wie jenen der Integration würde nur eine Büchse der Pandora geöffnet.

09.513 n Pa.Iv. Zisyadis. Eidgenössische Kommission für Religionsfragen

Mit 14 zu 8 Stimmen beantragt die Kommission dem Rat, der von Nationalrat Josef Zisyadis (G, VD) eingereichten parlamentarischen Initiative, welche die Schaffung einer eidgenössischen Kommission für Religionsfragen verlangte, keine Folge zu geben. Die Kommission begrüsst die Absicht des Initianten, den Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften und der Politik zu fördern, und teilt auch dessen Ansicht, dass Religionsfragen in der Gesellschaft eine immer grössere Rolle spielen. Sie ist jedoch der Meinung, dass die Initiativanliegen mit den bestehenden Strukturen bereits erfüllt werden können. Eine Kommissionsminderheit befürwortet hingegen die Schaffung einer derartigen Kommission, da sich diese über den interreligiösen Dialog hinaus intensiv und langfristig mit Religionsfragen befassen könnte. So könnten Probleme frühzeitig erkannt und entsprechende Präventivmassnahmen eingeleitet werden.  

09.518 n Pa.Iv. Tschümperlin. Einführung der Gesetzesinitiative

Mit 16 zu 9 Stimmen lehnte die Kommission das Anliegen von Nationalrat Andy Tschümperlin (SP, SZ) für die Einführung der Gesetzesinitiative ab. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Einführung der Gesetzesinitiative eine Überinstrumentierung darstellt, welche eine Komplizierung und Verrechtlichung des Systems der Volksrechte mit sich bringt. Bei einer ausformulierten Gesetzesinitiative besteht die Gefahr, dass die inhaltliche Diskussion über das Anliegen verdrängt wird durch die rechtliche Frage der Verfassungsmässigkeit. Die Minderheit ist der Auffassung, dass dieses neue Instrument einem Bedürfnis vieler Bürgerinnen und Bürger nach vermehrter Mitsprache bei möglichst konkreten Sachfragen entspreche.

09.502 n Pa.Iv. Fraktion RL. Kostentransparenz bei parlamentarischen Vorstössen

Die Initiative der Fraktion FDP-Liberale verlangt eine Ergänzung des Parlamentsgesetzes, wonach der Bundesrat bei der Beantwortung eines parlamentarischen Vorstosses jedes Mal die Kosten der Beantwortung ausweist. Angesichts der „zunehmenden Vorstossflut“ sollen die Parlamentsmitglieder zu einer grösseren Zurückhaltung bei der Einreichung von Vorstössen angehalten werden. Die Kommission lehnt diese Initiative mit 20 zu 4 Stimmen ab. Der Wert der Demokratie und der Ausübung demokratischer Rechte lässt sich nicht nach finanziellen Kriterien bemessen. Die Kosten eines bestimmten Vorstosses sagen nichts aus über dessen Nutzen. Die Kostenberechnung durch die Verwaltung liesse sich kaum nach seriösen Kriterien durchführen, wäre nicht überprüfbar und würde ihrerseits erhebliche Kosten verursachen. Zudem verfehlt die geforderte Massnahme ihr Ziel: Wegen dieser Kostenberechnung würde kein einziger Vorstoss weniger eingereicht.

09.532 n Pa.Iv. Moser. Mutterschaftsurlaub soll als entschuldigt gelten

Wenn bei den Abstimmungen des Nationalrates das Stimmverhalten der Ratsmitglieder publiziert wird, werden die Gründe für eine Abwesenheit mit einer Ausnahme (dem Auftrag einer ständigen Delegation der Bundesversammlung in internationalen parlamentarischen Versammlungen) nicht festgehalten. Die Initiative von Nationalrätin Tiana Moser (CEg, ZH) verlangt, dass auch ein Mutterschaftsurlaub als Entschuldigungsgrund explizit angegeben wird. Im Hinblick auf die von den Medien erstellten Parlamentarier-„Ratings“ soll in diesem Fall nicht der unzutreffende Eindruck erweckt werden, dass ein Ratsmitglied seine parlamentarischen Pflichten ohne wichtigen Grund vernachlässigt. Die Kommission hat der Initiative einstimmig Folge gegeben. Sie möchte aber bei der Ausarbeitung der nötigen Änderung des Geschäftsreglements dafür sorgen, dass auch andere wichtige Gründe (Krankheit, Unfall, usw.) als Entschuldigung für eine Abwesenheit akzeptiert werden.

09.089 n Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz. Änderung

Der Bundesrat möchte mit dieser Vorlage die nötigen gesetzlichen Grundlagen für die Bearbeitung von Personendaten schaffen, die bei der Benutzung der elektronischen Infrastruktur der Verwaltung anfallen. Im Vordergrund steht das Anliegen, der heutigen Praxis eine Rechtsgrundlage zu verschaffen, die Datenbeschaffung– und verarbeitung transparent zu machen und damit eine Kontrolle zu ermöglichen. Nachdem der Nationalrat in der Frühjahrssession entgegen dem Antrag der SPK auf die Vorlage eingetreten ist, hatte die Kommission nun die Detailberatung vorzunehmen. Die Kommission folgt weitgehend den Anträgen des Bundesrates. Sie schlägt kleinere Präzisierungen vor, um den Datenschutz sicherzustellen.

Die Kommission tagte am 15./16. April 2010 unter dem Vorsitz von Nationalrat Yvan Perrin (SVP/NE).

 

Bern, 16. April  2010 Parlamentsdienste