Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG)
​Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) ist einstimmig auf die Vorlage eingetreten und hat die Detailberatung zum FinfraG (14.061) aufgenommen. Sie orientiert sich dabei grossmehrheitlich an der Fassung des Bundesrates.

1. 14.061n Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG)
Die WAK-S teilt die Meinung, dass eine Anpassung der Regulierung der Finanzmarktinfrastrukturen und des Derivatehandels im Zuge der Entwicklung des Marktes und der internationalen Standards angezeigt und für den Finanzplatz Schweiz im Hinblick auf den Marktzugang und die Stärkung der Finanzmarktstabilität von grosser Bedeutung ist. Aus diesen Gründen ist die Kommission einstimmig auf die Vorlage eingetreten.

In der anschliessenden Detailberatung hat sich die Kommission mit den allgemeinen Bestimmungen und Finanzmarktinfrastrukturen (Art. 1-91), dem Handel mit Derivaten (Art. 92-116), den Straf- und Schlussbestimmungen (Art. 144-161) auseinandergesetzt. Zu diskutieren gab insbesondere die Unterstellung der Gemeinden, Vorsorgeeinrichtungen und Anlagestiftungen unter die Bestimmungen zum Handel mit Derivaten. Die Kommission erachtet den Beschluss des Nationalrates, die Gemeinden, anders als den Bund und die Kantone, den Abrechnungs-, Melde-, Risikominderungs- und Plattformhandelspflichten zu unterstellen als ungerechtfertigt. Die Kommission beantragt ihrem Rat deshalb mit 9 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung, zur ursprünglich vom Bundesrat vorgeschlagenen Fassung zurückzukehren. Weiter beantragt die Kommission einstimmig, Geschäfte zwischen Nichtfinanziellen Gegenparteien, entgegen dem Beschluss des Nationalrates, der Meldepflicht zu unterstellen. Damit soll einschlägigen internationalen Standards gefolgt, die Transparenz im Derivatemarkt erhöht und die Erkennung von systemischen Risiken und von Marktmissbrauch ermöglicht werden. Ferner erachtet die Kommission die Konsequenzen für den Straftatbestand der Fahrlässigkeit betreffend die Verletzung der Meldepflichten auch nach der Herabsetzung der ursprünglich vorgesehenen Busse durch den Nationalrat als unverhältnismässig und beantragt aus diesem Grund mit 7 zu 1 Stimmen bei 1 Enthaltung, die entsprechende Bestimmung zu streichen.

Ausserdem wurden die Bestimmungen zur Sicherstellung eines geordneten Handels diskutiert. Ein analoger Antrag zur WAK-N, wonach ein Handelsplatz wirksame Vorkehrungen treffen muss, um insbesondere negative Auswirkungen des algorithmischen Handels, des Hochfrequenzhandels und vergleichbarer Handelspraktiken zu vermeiden, wurde mit 8 zu 3 Stimmen abgelehnt. Eine Minderheit hält an einer entsprechenden Präzisierung fest.

Im Hinblick auf die Fortsetzung der Detailberatung und der Diskussion verschiedener noch offener Punkte hat die Kommission der Verwaltung und der Finma zusätzliche Unterlagen in Auftrag gegeben, die u.a. die Auswirkungen des FinfraG auf die Derivatebörse und die Pensionskassen aufzeigen sollen.

Die Kommission wird die Detailberatung in der kommenden Sitzung vom 19. Mai fortsetzen.

 

2. Schwerpunkt zum Thema FINMA
Die Kommission hat vom Bericht des Bundesrates „Die FINMA und ihre Regulierungs- und Aufsichtstätigkeit“ Kenntnis genommen und stellt fest, dass sich die FINMA seit der Einreichung der Postulate, die zu diesem Bericht Anlass gaben, insgesamt in eine positive Richtung entwickelt hat. Die WAK-S befasste sich ferner mit einer Reihe weiterer Geschäfte im Zusammenhang mit der FINMA:

12.501 n Pa.Iv. Lüscher. Anpassung des FINMAG zur Stärkung von Ansehen und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes
Die Pa.Iv. verlangt, dass die Stärkung des Ansehens und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz im Gesetz als eigenständiges Ziel der FINMA formuliert wird. Aus Sicht der WAK-S ist dies nicht nötig: Die Erreichung dieses Ziels sei vielmehr Folge der Aufsichtstätigkeit der FINMA, sofern diese seriös und kompetent wahrgenommen wird. Dabei komme insbesondere der Führung der FINMA grosse Bedeutung zu. Mit 8 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen spricht sich die WAK-S deshalb gegen den Beschluss ihrer Schwesterkommission aus, dieser Initiative Folge zu geben.

Motionen 07.3711, 11.3757 und 14.3031
Mit 9 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen lehnt die WAK-S ferner die Motion 07.3711 (Mo. Nationalrat (Engelberger). Aufsichtseingabe nach Finanzmarktaufsichtsgesetz. Berücksichtigung der KMU-Interessen) ab. Mit dem Inkrafttreten der FINMA-Gebühren- und Abgabenverordnung am 1. Januar 2009 wurde das Anliegen dieses Vorstosses weitestgehend erfüllt. Dasselbe gilt für die Motion 14.3031 (Mo. Nationalrat (Feller). FINMA. Sicherheitsüberprüfung der Führungskräfte vor ihrer Ernennung), den die Kommission oppositionslos ablehnt: Die Verordnung über die Personensicherheitsprüfung wurde inzwischen im Sinne dieses Vorstosses angepasst. Die Motion 11.3757 (Mo. Nationalrat (WAK-NR). FINMA. Kosten der Untersuchungen und der Untersuchungsbeauftragten) verlangt, dass die Kosten der Untersuchung der von der FINMA Beaufsichtigen nur zu tragen sind, sofern sich die Vorwürfe bestätigen. Eine derartige Regelung würde aus Sicht der WAK-S grosse Probleme im Vollzug verursachen, da die Beurteilung, ob und zu welchem Umfang sich erhobene Vorwürfe bestätigt haben, zu viel Spielraum zulässt. Auch diese Motion lehnt die Kommission somit mit 9 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

 

3. 14.302s Kt.Iv. TI. Aufkündigung des Grenzgängerabkommens und Neuverhandlung des Doppelbesteuerungsabkommens

14.303s Kt.Iv. TI. Sonderstatus für das Tessin und andere von den negativen Auswirkungen der Freizügigkeit besonders stark betroffene Randregionen

14.304s Kt.Iv. TI. Das Tessin gestaltet seine Zukunft selbst
Nach der Anhörung einer Delegation des Tessiner Grossen Rates am 26. Januar 2015 und einer Diskussion mit der Vorsteherin des EFD sowie mit dem Vorsteher des WBF am 23. Februar 2015 befasste sich die WAK-S zum dritten Mal mit der Vorprüfung dieser drei Standesinitiativen. Sie stellte fest, dass die Verhandlungen zwischen der Schweiz und Italien inzwischen einen entscheidenden Schritt vorangekommen sind: Am 23. Februar 2015 haben die Finanzminister beider Länder ein Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungs-abkommen und eine Roadmap für die Weiterführung des Finanz- und Steuerdialogs unterzeichnet. Diese umfasst auch eine Verbesserung des Grenzgängerabkommens, die bis Mitte 2015 finalisiert sein soll. Das Anliegen der Standesinitiative 14.302 kann somit als erfüllt betrachtet werden. Eine Änderung des Finanzausgleichs, wie ihn die Initiative 14.303 unter anderem verlangt, wäre aus Sicht der WAK-S nicht mehrheitsfähig, während die Forderung der Initiative 14.304 im Rahmen der aktuellen Diskussion zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative ein Thema ist. Die WAK-S beantragt deshalb einstimmig, den drei Standesinitiativen keine Folge zu geben. Sie ist sich jedoch der speziellen und nicht einfachen Situation des Kantons Tessin sehr wohl bewusst und zeigt dafür grosses Verständis. Mit ihrem bereits im Februar beschlossenen Postulat (15.3012), will sie den Bundesrat beauftragen, die Massnahmen darzulegen, die er bereits getroffen hat und weiter treffen wird, um die in den Standesinitiativen geäusserten Sorgen und Anliegen aufzunehmen.

Die Kommission hat am 20. und 21. April 2015 unter dem Vorsitz von Ständerat Roberto Zanetti (SP, SO) sowie teilweise in Anwesenheit von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf und Bundesrat Johann Schneider-Ammann in Bern getagt.

 

 

Bern, 21. April 2015 Parlamentsdienste