Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates hat mehreren parlamentarischen Initiativen zugestimmt, welche eine Verschärfung der Strafrahmen bei Vergewaltigungen und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte fordern.

​Die Kommission erachtet es grundsätzlich als opportun, die Diskussion über die Strafrahmen in einem breiten Kontext zu führen und diese im Rahmen einer Gesamtschau anzupassen. Weil sich die bereits im Jahr 2008 vom Bundesrat angekündigte Harmonisierungsvorlage verzögert hat, wurde der Bundesrat mit der Motion 17.3265 (Nationalrat (RK-NR). Harmonisierung der Strafrahmen) beauftragt, dem Parlament bis Mitte 2018 eine Vorlage zur «Harmonisierung der Strafrahmen» vorzulegen. Sobald die Vorlage des Bundesrates vorliegt, will die Kommission ihre Anliegen dort einzubringen. Sie möchte aber ein klares Signal senden, dass es ihrer Ansicht nach Zeit ist zu handeln. Sie hat deshalb mit 17 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen der parlamentarischen Initiative 16.483 (Pa.Iv. Rickli Natalie. Erhöhung des Strafmasses bei Vergewaltigungen) Folge gegeben. Mit 20 zu 5 Stimmen hat sie den beiden parlamentarischen Initiativen 16.501 (Pa.Iv. Romano. Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. Anpassung des Strafmasses in Artikel 285 StGB) und 16.496 (Pa.Iv. Guhl. Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. Anpassung des Strafmasses in Artikel 285 StGB) Folge gegeben. Der kantonalen Initiative 16.317 (Kt.Iv. BE. Änderung von Artikel 285 des Schweizerischen Strafgesetzbuches. Freiheitsstrafe bei Gewalt gegen Beamte) hat die Kommission mit 20 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge gegeben. Die parlamentarische Initiative 16.492 (Pa.Iv. Nantermod. Bei der Strafzumessung die Vorgaben des Gesetzgebers berücksichtigen) wurde vom Initianten zurückgezogen.

Aktienrecht: Mitbericht der WAK-N und indirekter Gegenentwurf zur Konzernverantwortungsinitiative

Die Kommission für Rechtsfragen hat im Rahmen der Beratung der Aktienrechtsrevision einen Mitbericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) behandelt und die Anträge der WAK-N im Zusammenhang mit den steuerrechtlichen Konsequenzen der Aktienrechtsrevision abgelehnt (12 zu 8 Stimmen bei 5 Enthaltungen). Die Kommission ist der Ansicht, dass die Vorschläge der WAK-N zu massiven Mindereinnahmen bei der Verrechnungssteuer und den Einkommenssteuern führen würden. Sie weist darauf hin, dass die Aktienrechtsrevision (16.077) keine Steuervorlage ist und gemäss dem Entwurf des Bundesrates verhindert wird, dass aufgrund der Revision Mindereinnahmen entstehen. Sie erachtet es deshalb nicht als angezeigt im Rahmen der Aktienrechtsrevision und ohne Durchführung einer vorgängigen Vernehmlassung weitgehende Konsequenzen in Bezug auf die Steuereinnahmen zu beschliessen.

Die Kommission hat zudem entschieden, die Möglichkeit eines indirekten Gegenentwurfs zur Volksinitiative (17.060)  «Für verantwortungsvolle Unternehmen - zum Schutz von Mensch und Umwelt» im Rahmen der Aktienrechtsrevision weiter zu verfolgen und an ihrer nächsten Sitzung vertieft zu prüfen.

Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen: Aussprache über die eingetroffenen Gesuche

Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen vor 1981 haben das Recht, noch bis zum 31. März 2018  beim Bund ein Gesuch um Ausrichtung eines Solidaritätsbeitrags in der Höhe von 25'000 Franken einzureichen. Die Kommission hat sich vom Delegierten für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen, Herrn Luzius Mader, über den Stand der eingetroffenen Gesuche informieren lassen. Die Kommission hat mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass die Behörden bei der Bearbeitung der Gesuche keinen überspitzten Formalismus walten lassen. Gesuche, die bis zum Stichtag eingereicht worden sind, werden auch dann noch bearbeitet, wenn allfällige fehlende Unterlagen noch zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden. Die Kommission hat es entsprechend mit 14 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt, eine allfällige Fristverlängerung für die Einreichung von Gesuchen näher zu prüfen, weil sie befürchtet, dass dies eher zu Verwirrung und Rechtsunsicherheit bei den Betroffenen führen würde.

Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung

Die Kommission hat die Arbeiten an der Umsetzung der parlamentarischen Initiative 13.407 (n Pa.Iv. Reynard. Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung) weitergeführt. Sie hat zunächst Kenntnis genommen von den Ergebnissen der Vernehmlassung und hat anschliessend mit 14 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung den in die Vernehmlassung gegebenen Erlassentwurf ohne Änderungen verabschiedet. Eine Minderheit beantragt, die parlamentarische Initiative abzuschreiben. Die Kommission hat zudem beschlossen, dass sie im erläuternden Bericht die Ausdrücke «Transsexualität» und «Intersexualität» durch «Transidentität» und «Intergeschlechtlichkeit» ersetzen will. Sie wird den Bericht an einer ihrer nächsten Sitzungen definitiv verabschieden.

Für eine stärkere Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft

Mit 15 zu 8 Stimmen ohne Enthaltungen hat die Kommission beschlossen, der parlamentarischen Initiative 16.487 von Nationalrat Carlo Sommaruga Folge zu geben. Diese verlangt, dass die Bundesanwaltschaft (BA) von einem Kollegium aus drei Bundesanwältinnen oder Bundesanwälten geleitet wird, die die Verantwortung gemeinsam tragen. Gleichzeitig beantragt sie, der parlamentarischen Initiative 16.505 von Nationalrat Alfred Heer, wonach die BA wieder in die Bundesverwaltung integriert werden soll, keine Folge zu geben. In den Augen der Kommission ist die BA ein Justizorgan, das von der Exekutive unabhängig bleiben sollte. Sie ist der Meinung, dass die Unabhängigkeit dieses Organs mit dem Vorschlag von Nationalrat Sommaruga ohne zusätzliche Kosten gestärkt werden kann und gleichzeitig verhindert würde, dass eine einzige Person in Kritik gerät. Eine Minderheit der Kommission beantragt, der Pa. Iv. Folge zu geben.

Die Kommission hat am 22./23. Februar 2018 unter dem Vorsitz von Nationalrat Pirmin Schwander (SVP/SZ) in Bern getagt.