Die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) beantragt ihrem Rat, wie im Nationalrat auch im Ständerat die Namenslisten aller Abstimmungen zu veröffentlichen.

Nachdem 2017 ein erster Versuch, das Geschäftsreglement des Ständerates in diesem Sinne zu ändern, gescheitert war, ist in den Augen die Kommission nun der Moment für die kleine Kammer gekommen, mit der grossen Kammer gleichzuziehen. Wie die Erfahrungen gezeigt haben, stellt das 2014 eingeführte elektronische Abstimmungssystem keine Gefahr für die besondere Diskussions- und Entscheidkultur des Ständerates dar. Derzeit werden nur die Ergebnisse bestimmter anhand formeller Kriterien ausgewählter Abstimmungen veröffentlicht. Eine solche Einschränkung ist heute allerdings wenig sinnvoll, da das Abstimmungsverhalten der einzelnen Ständeratsmitglieder durch die Live-Übertragung der Ratsdebatten im Internet, bei denen auch die Abstimmungsergebnisse angezeigt werden, so oder so nachvollziehbar ist. Die Kommission hat deshalb mit 7 zu 6 Stimmen beschlossen, die von Ständerat Thomas Minder (SH) eingereichte parlamentarische Initiative 19.498 («Öffentliche und transparente Abstimmungen im Ständerat») umzusetzen und ihrem Rat einen Entwurf zur Änderung des Ratsreglements zu unterbreiten. Die Minderheit ist hingegen der Auffassung, dass die Veröffentlichung der Namenslisten weder den Bürgerinnen und Bürgern noch der Demokratie einen Nutzen bringt, und warnt vor einem «Transparenzexzess». Sie beantragt dem Rat deshalb, nicht auf die Vorlage einzutreten. Der Ständerat wird dieses Geschäft in der Wintersession beraten.

Verbot der Annahme von bezahlten Mandaten im Zusammenhang mit der Einsitznahme in parlamentarischen Kommissionen: Umsetzungsentwurf fällt durch

Die Kommission hat den Entwurf zur Umsetzung der von Ständerat Beat Rieder (VS) eingereichten parlamentarischen Initiative 19.414 («Verbot der Annahme von bezahlten Mandaten im Zusammenhang mit der Einsitznahme in parlamentarischen Kommissionen») in der Gesamtabstimmung mit 6 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Nach der Beratung des ihr unterbreiteten Entwurfs zur Änderung des Parlamentsgesetzes und nach der Anhörung von Fachleuten kommt die Kommission zum Schluss, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung Fragen bezüglich ihrer Verfassungsmässigkeit aufwirft, da sie zu einer Ungleichbehandlung der Ratsmitglieder führt. Zudem bringt sie zu viele Auslegungs- und Anwendungsprobleme mit sich. Die Kommission begrüsst zwar das Anliegen der Initiative, ist aber der Meinung, dass die gewünschte Transparenz auch auf anderem Wege erreicht werden kann, weshalb sie beantragt, die Initiative abzuschreiben. Die Minderheit ist gegen diesen Schritt und beantragt dem Rat, das Geschäft an die Kommission zurückzuweisen, damit das Gesetzgebungsverfahren fortgesetzt werden kann.

Teilunterstützung für die Motion des Nationalrates zu den Landesverweisungen

Mit 9 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung unterstützt die Kommission teilweise eine Motion, mit welcher der Nationalrat verschiedene Vereinfachungen des Strafverfahrens in Sachen Landesverweisungen verlangt (21.3009 n Mo. Nationalrat [SPK-NR] «Landesverweisungen per Strafbefehl bei leichten, aber eindeutigen Fällen»). Sie beantragt ihrem Rat, der Vereinfachung des Katalogs der Straftaten, die eine automatische Landesverweisung nach sich ziehen, zuzustimmen, jedoch die Punkte betreffend die Möglichkeit der Staatsanwaltschaften, die Landesverweisung im Strafbefehlsverfahren anzuordnen, und betreffend den Verzicht auf die obligatorische Verteidigung abzulehnen.

Keine Präzisierung des geltenden Rechts in Sachen Sozialhilfebezug durch Ausländerinnen und Ausländern erforderlich

Die SPK-S hat mit 6 zu 5 Stimmen die von Nationalrätin Samira Marti eingereichte parlamentarische Initiative 20.451 («Armut ist kein Verbrechen») abgelehnt, welche verlangt, das Ausländer- und Integrationsgesetz so zu ändern, dass bei Ausländerinnen und Ausländern, die sich seit mehr als zehn Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten, ein Widerruf der Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung wegen unverschuldetem Sozialhilfebezug nicht mehr möglich ist. Entgegen ihrer nationalrätlichen Schwesterkommission sieht die SPK-S keinen Handlungsbedarf, da die Behörden bereits jetzt eine Verhältnismässigkeitsprüfung vornehmen, bevor sie eine Bewilligung entziehen, wodurch berücksichtigt werden kann, wenn die betroffene Person unverschuldet in ihre prekäre Lage gekommen ist. Die Minderheit ist der Ansicht, dass der Gesetzgeber präzisieren sollte, unter welchen Voraussetzungen er den Entzug einer Bewilligung für akzeptabel hält, insbesondere um das Vorgehen der verschiedenen Behörden zu harmonisieren.

Die Kommission hat am 16. November 2021 unter dem Vorsitz von Ständerat Andrea Caroni (FDP, AR) in Bern getagt.