Durch das Nachrichtendienstgesetz (NDG) wurden die Kompetenzen des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) stark erweitert. Gleichzeitig wurde das System der Aufsicht über die Nachrichtendienste ausgebaut. Auf Initiative der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) trafen sich am 26. Februar 2019 Vertreterinnen und Vertreter aus 21 Kantonsparlamenten in Bern, um die Aufsichtskompetenzen auf Stufe Bund und Kanton zu diskutieren.

Zuständigkeitsfragen im Zentrum des Treffens

Die GPDel traf sich am 26. Februar 2019 mit 75 Vertreterinnen und Vertreter der parlamentarischen Aufsichtsorgane aus 21 Kantonen in Bern. Im Zentrum der Tagung stand die Klärung der Zuständigkeiten und Kompetenzen der parlamentarischen Oberaufsicht auf Stufe Bund und Kantone unter dem NDG, das seit dem 1. September 2017 in Kraft ist. Der Gesetzgeber hat ein komplexes Aufsichtssystem über den Vollzug des NDG durch den Bund und die Kantone geschaffen. Die Tätigkeit der kantonalen Vollzugsorgane fällt unter die Oberaufsicht der kantonalen Parlamente und teilweise unter die Oberaufsicht der GPDel. Verfassungsrechtlich steht die Aufsichtspflicht des Bundes gemäss NDG in einem Spannungsverhältnis zur Vollzugsautonomie der Kantone.

Erfahrungsaustausch und Modalitäten der Zusammenarbeit

Im ersten Teil der Tagung präsentierte die GPDel, wie sich aus ihrer Sicht das NDG auf die Praxis der parlamentarischen Oberaufsicht über die nachrichtendienstliche Tätigkeit im Bund und in den Kantonen auswirkt. Die GPDel legt sich bei ihrer Aufsichtstätigkeit über die kantonalen Vollzugsorgane eine grosse Zurückhaltung auf. Bei Bedarf wird die GPDel das zuständige parlamentarische Aufsichtsorgan konsultieren, bevor sie selber Abklärungen in einem Kanton vornimmt. Wie seitens der GPDel betont wurde, liegt es nicht in ihrer Kompetenz, Empfehlungen an kantonale Stellen zu richten. Aus Sicht der GPDel kommt den kantonalen parlamentarischen Aufsichtsorganen eine grosse Bedeutung zu. Aufgrund von Hinweisen aus den Kantonen ist die GPDel jedoch bereit, Abklärungen vorzunehmen, insbesondere dann, wenn sie über weiterreichende Informationsrechte verfügt als die kantonalen Oberaufsichtsorgane.

Den zweiten Teil der Tagung gestalteten die Präsidenten der parlamentarischen Aufsichtsorgane der Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Bern. Sie präsentierten das jeweilige Aufsichtssystem, welches ihre Aufsichtsorgane in den letzten Jahren entwickelt haben.

Folgen des NDG für die Kantone

Das NDG hat für die Kantone weitreichende Konsequenzen. Sie sind gesetzlich verpflichtet, eine kantonale Vollzugsbehörde zu betreiben, die durch ein kantonales Dienstaufsichtsorgan kontrolliert wird, welches wiederum unter der Aufsicht der kantonalen parlamentarischen Aufsicht steht. Aktuell finanziert der Bund mit 12.4 Mio. Fr. insgesamt 124 Vollzeitstellen in den kantonalen Vollzugsorganen. Das NDG weist überdies der neuen unabhängigen Aufsichtsbehörde über nachrichtendienstliche Tätigkeiten (AB-ND) sowie der Qualitätssicherungsstelle des NDB Aufsichtkompetenzen in den Kantonen zu. Im dritten Teil der Tagung erläuterten Vertreter beider Behörden, wie sie die gesetzlichen Vorgaben in den Kantonen umsetzen.

Verordnungsrevision notwendig

An der Tagung wies die GPDel auf den dringenden Revisionsbedarf in der Nachrichtendienstverordnung (NDV) hin. Gegenwärtig sieht die NDV nicht vor, dass Kantonsregierungen zur Ausübung ihrer Führungsfunktion nachrichtendienstliche Informationen erhalten. Weiter schliesst es die Verordnung aus, dass die kantonalen Vollzugsorgane den Polizeikorps frühzeitig nachrichtendienstliche Erkenntnissen für sicherheitspolizeiliche Aufgaben zur Verfügung stellen können. Die GPDel ist deshalb der Auffasung, dass die Weitergabe von nachrichtendienstlichen Informationen durch die kantonalen Vollzugsorgane auf Stufe Verordnung materiell mangelhaft und nicht gesetzeskonform geregelt ist. Diese Feststellung hat die GPDel bereits vorgängig gegenüber der Vorsteherin des Eidg. Departments für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) geäussert.