Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates ist der Ansicht, dass in der Bundesverfassung keine neuen Regeln für Volksinitiativen, welche Völkerrecht widersprechen, vorzusehen sind. So sollen weiterhin aufgrund einer angenommenen Volksinitiative völkerrechtliche Verträge gekündet werden können, auch wenn dies im Initiativtext nicht explizit vorgesehen war.

​Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sollten Klarheit darüber haben, welches die Auswirkungen einer Volksinitiative auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz sind, findet Nationalrat Cédric Wermuth (S, AG). Gemäss seiner parlamentarischen Initiative soll in der Verfassung klargestellt werden, dass Volksinitiativen, die Völkerrecht widersprechen und keine Kündigung der entsprechenden Verträge vorsehen, nur nach Massgabe des Völkerrechts umgesetzt werden. Initiantinnen und Initianten können das verhindern, indem sie im Initiativtext explizit die Kündigung von Verträgen verlangen (18.426 n Pa.Iv. Schluss mit Wischiwaschi-Initiativen. Klarheit für Bürgerinnen und Bürger bei Volksabstimmungen). Die Kommission spricht sich mit 16 zu 7 Stimmen gegen diese Initiative aus. Diese würde ihrer Ansicht nach die Initiativkomitees vor grosse Herausforderungen stellen, ist doch nicht immer klar, ob zur Umsetzung einer Initiative Verträge gekündigt werden müssten. Dies ist häufig nicht eine rein rechtlich, sondern auch eine politische Frage.

Die Minderheit ist der Ansicht, dass es die Initiativkomitees den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern schuldig sind, möglichst grosse Gewissheit über die Auswirkungen ihrer Initiative zu schaffen.

Parlamentarische Organe und Hierarchie der Parlamentsdienste: Klärung der Kompetenzen

Die Organisation der Parlamentsdienste bringt es mit sich, dass die Mitarbeitenden des einen parlamentarischen Organs die Vorgesetzten der Mitarbeitenden eines anderen parlamentarischen Organs sind. Da verschiedene parlamentarische Organe bisweilen unterschiedlich Interessen haben, kann dies problematisch sein. In Artikel 65 des Parlamentsgesetzes ist zwar festgehalten, dass die Dienststellen der Parlamentsdienste, soweit sie für einzelne Organe der Bundesversammlung tätig sind, nach deren Weisungen arbeiten. Allerdings ist die Abgrenzung zwischen diesen Zuständigkeiten der parlamentarischen Organe einerseits und den Befugnissen der administrativen Hierarchie der Parlamentsdienste andererseits unklar. Dies möchte die SPK klären und hat deshalb mit einstimmig eine Kommissionsinitiative eingereicht (19.432 Pa.Iv. SPK-NR. Sicherstellung der Unterstützung der Kommissionen und der einzelnen Ratsmitglieder). Im schweizerischen Parlamentarismus spielen die Sachbereichskommissionen eine zentrale Rolle: Sie überprüfen die Vorlagen des Bundesrates kritisch, gestalten sie bisweilen grundlegend um und sie erarbeiten immer mehr eigene Gesetzesvorlagen. Die Kommissionen sind somit eigentliche Drehscheiben der Gesetzgebungstätigkeit geworden. Sie müssen deshalb über unabhängige Kommissionssekretariate verfügen, die sie entsprechend den unterschiedlichen Bedürfnissen der einzelnen Kommissionen fachlich unterstützen. Deshalb sind auch die Aufsicht über die Parlamentsdienste, die Anstellung der Kommissions- und Delegationssekretärinnen und -sekretäre sowie die Finanzkompetenzen der einzelnen Organe zu überprüfen.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes

Im Rahmen des Schengen-Assoziierungsabkommen hat sich die Schweiz gegenüber der EU grundsätzlich zur Übernahme und zur Umsetzung aller Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstandes verpflichtet. Der Ständerat hat sich in der Frühjahrssession für die Übernahme der Rechtsgrundlagen zur Errichtung und Nutzung eines Einreise- und Ausreisesystems (EES) und der dafür notwendigen Anpassungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes ausgesprochen (18.087 s). Auch in der SPK des Nationalrates war diese Übernahme weitgehend unbestritten: Die Kommission stimmt der Vorlage mit 18 zu 2 Stimmen und 2 Enthaltungen zu. Das EES dient der elektronischen Erfassung der Ein- und Ausreisen von Drittstaatenangehörigen, die für einen kurzen Aufenthalt in den Schengen-Raum einreisen, und der Erfassung von Einreiseverweigerungen. Eine Minderheit beantragt Nichteintreten, weil nicht auf Vorrat eine solch riesige Menge an Daten gesammelt werden soll.

Information über das institutionelle Rahmenabkommen

Die Kommission hat sich durch den Bundesrat über die staats- und ausländerpolitischen Konsequenzen des institutionellen Rahmenabkommens informieren lassen. Da die Vorlage noch nicht im Parlament hängig ist, ging es nicht darum, eine Stellungnahme abzugeben, sondern um die Feststellung weiteren Abklärungsbedarfs.

Weitere von der Kommission geprüfte parlamentarische Initiativen

Die Kommission beantragt einstimmig, einer parlamentarischen Initiative, die eine neue Regelung für die Übernachtungs- und Mahlzeitenentschädigungen der Ratsmitglieder verlangt, keine Folge zu geben (17.435 n Pa.Iv. Geissbühler. Für den Steuerzahler nachvollziehbare Spesenentschädigungen). Die Kommission hält die vorgesehenen Massnahmen für zu detailliert. Sie folgt damit ihrer ständerätlichen Schwesterkommission. Hingegen hat die Kommission mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, eine Kommissionsinitiative zu ergreifen, wonach nur diejenigen Ratsmitglieder eine Übernachtungsentschädigung erhalten, die auch tatsächlich auswärts übernachtet haben (19.431 Pa.Iv. SPK-NR. Auszahlung der Übernachtungsentschädigungen nur bei effektiv erfolgten externen Übernachtungen). Für die Kommission ist es selbstredend, dass Übernachtungsentschädigungen nur für tatsächliche Übernachtungen entrichtet werden.

Die Kommission beantragt zudem mit 15 zu 5 Stimmen, der parlamentarischen Initiative «Offenlegung der Interessenbindungen von Medienschaffenden, die für staatlich finanzierte Medien arbeiten» (17.507 n Zanetti) keine Folge zu geben. In den Augen der Kommission stellen die vorgesehenen Massnahmen einen zu grossen Eingriff in die Privatsphäre und die Meinungsfreiheit der betroffenen Medienschaffenden dar.

Mit 15 zu 9 Stimmen beantragt die Kommission, auch der parlamentarischen Initiative «Sozialhilfe-Obergrenze für Ausländer» (18.415 n Hess Erich) keine Folge zu geben. Diese verlangt, dass Ausländerinnen und Ausländern, deren Sozialhilfebezüge einen bestimmten Betrag überschreiten, die Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung automatisch entzogen wird. Die Kommission ist insbesondere der Auffassung, dass eine allenfalls notwendige Änderung der Rechtsgrundlagen in diesem Bereich in erster Linie Aufgabe der Kantone wäre.

Im Weiteren beantragt die Kommission mit 13 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung, der parlamentarischen Initiative «Ausweisung von Aktivisten des politischen Islams [Salafisten, Islamischer Staat usw.]» (17.445 n Fraktion V) keine Folge zu geben. Das Anliegen der Initiative – Prävention terroristischer Handlungen – ist zwar unbestritten, doch gibt es bessere Wege zu dessen Umsetzung und anderen laufenden Vorhaben zum gleichen Thema ist Vorrang einzuräumen.

Ferner beantragt die SPK mit 11 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung ihrem Rat, ihrer Kommissionsinitiative 18.463 n «Ehemalige Mitglieder des Bundesrates. Karenzfrist» Folge zu geben. Diese Initiative verlangt, dass ehemalige Mitglieder des Bundesrates vor dem Ablauf einer festzulegenden Karenzfrist keine bezahlten Mandate und Funktionen in Unternehmen annehmen dürfen, die einen engen Bezug zu den Bereichen des früheren Departementes des Bundesratsmitglieds haben. Die Kommission wendet sich damit gegen den Beschluss ihrer ständerätlichen Schwesterkommission vom 12. Februar 2019 (siehe Medienmitteilung der SPK-SR vom 13. Februar 2019).

Die Kommission tagte am 11./12. April 2019 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Nationalrat Kurt Fluri (FDP/SO) in Bern.