Aufgrund der unsicheren epidemiologischen Lage soll der Bundesrat auch im nächsten Jahr über die notwendigen Instrumente zur Bewältigung der Pandemie verfügen. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) heisst deshalb die vom Bundesrat beantragten Verlängerungen des Covid-19-Gesetzes mehrheitlich gut. Zudem sollen die Testkosten wieder vom Bund übernommen und bei negativen Pool-Tests auch Zertifikate ausgestellt werden.

Die Kommission hat eine intensive Diskussion zur aktuellen Situation der Covid-19-Pandemie geführt und die Bundesratsvorlage zur Verlängerung einzelner Bestimmungen des Covid-19-Gesetzes (21.066) beraten. Sie trat mit 18 zu 6 Stimmen auf die Vorlage ein und führte die Detailberatung unter dem Vorbehalt der Beschlüsse des Ständerates durch.

Die SGK-N schliesst sich bei mehreren Bestimmungen ihrer Schwesterkommission an:

  • Die Geltungsdauer der Beteiligung des Bundes an nicht gedeckten Kosten von Veranstaltern von Publikumsanlässen von überkantonaler Bedeutung (Art. 11a Abs. 1) soll bis Ende 2022 verlängert werden.
  • Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenentschädigung (Art. 17) sowie bei der Kurzarbeit (Art. 17b) sollen bis Ende 2022 verlängert werden.
  • Auch bei der Entschädigung des Erwerbsausfalles (Art. 15) geht die SGK-N mit der Schwesterkommission einig, dass weiterhin auch bei einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit Unterstützung geleistet werden soll und nicht wie vom Bundesrat beantragt nur noch bei Unterbruch der Erwerbstätigkeit. Die Kommission hat jedoch im Gegensatz zur Schwesterkommission mit einer knappen Mehrheit entschieden, dass diese Massnahme nur bis Mitte 2022 verlängert wird.

Zusätzlich bis Ende 2022 verlängern möchte die Kommission die Bestimmung, die es dem Bund ermöglicht, die Kantone bei Härtefallmassnahmen (Art. 12) zu unterstützen (mit 14 zu 9 Stimmen) sowie die Bestimmungen zur Bemessung der Kurzarbeitsentschädigung bei tiefen Einkommen (Art. 17a; 13 zu 11 Stimmen).

Folgende neue Bestimmungen hat die SGK-N aufgenommen:

  • Das von der Krise besonders betroffene Schaustellergewerbe soll mit A-fonds-perdu-Beiträgen vom Bund unterstützt werden (14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung).
  • Der Bund soll die Kosten der Covid-19-Tests wieder übernehmen (15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung).
  • Die Kantone sollen verpflichtet werden bei repetitiven Tests in Betrieben sowie in Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, negativ getesteten Personen ein Zertifikat auszustellen (einstimmig).
  • Daten, die im Rahmen des Contact-Tracing gesammelt werden, sollen nach Abschluss der Datenauswertung, spätestens zwei Jahre nach ihrer Erhebung, anonymisiert oder gelöscht werden (einstimmig).
  • Der Bundesrat soll die Verträge veröffentlichen, die er mit den Covid-19-Impfstoffherstellern abgeschlossen hat (13 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen).
  • Ein Monitoring über die im Rahmen dieses Gesetzes gewährten Beihilfen soll erstellt und veröffentlicht werden (20 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung).

Zahlreiche Minderheiten beantragen, weitere Bestimmungen ins Gesetz aufzunehmen, oder lehnen Teile der von der Kommission getroffenen Beschlüsse ab.

Die Vorlage wurde in der Gesamtabstimmung mit 17 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen und wird in der Wintersession von beiden Räten behandelt.

AHV 21: Kompromissvorschlag zu den Ausgleichsmassnahmen für Frauen

Zum Abschluss der ersten Runde der Differenzbereinigung bei der Stabilisierung der AHV (AHV 21; 19.050) beantragt die Kommission mit 21 zu 4 Stimmen einen Kompromiss mit dem Ständerat zu den Ausgleichsmassnahmen für Frauen, die von der Erhöhung des Rentenalters auf 65 betroffen sind. Wie der Ständerat will sie für die ersten neun Jahrgänge 32 Prozent der Mittel einsetzen, die durch das höhere Rentenalter der Frauen eingespart werden. Ebenfalls wie der Ständerat setzt sie auf ein einfach umzusetzendes Modell mit sozial abgestuften Zuschlägen zur Rente, die auch Ehepaaren ungeschmälert zu Gute kommen. Zuschläge sollen aber nur Frauen erhalten, die bis zum Referenzalter erwerbstätig sind. Frauen mit tiefen und mittleren Einkommen sollen die Rente zu günstigen Bedingungen bis zu drei Jahre vorbeziehen können, während die Frühpensionierung für Gutverdienende nicht unnötig attraktiv gemacht werden soll (siehe Übersichten zu den Anträgen sowie zu den finanziellen Auswirkungen [Kommission / Minderheiten/ Finanzperspektiven]).

Pensionskassen: Keine Regelung für die Entschädigung der Versicherungsvermittler

Die Kommission hat den Entwurf zur Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und Optimierung in der 2. Säule (19.080) in der Gesamtabstimmung einstimmig angenommen. An der letzten Sitzung war sie einstimmig auf die Vorlage eingetreten und bei den gesetzlichen Änderungen zur AHV dem Ständerat gefolgt. Bei den anderen Erlassen hat die Kommission nun abweichende Beschlüsse gefasst. Einstimmig lehnt sie die Änderung des Ständerates ab, wonach Entscheide in der Sozialversicherung auf elektronischem Weg eröffnet werden sollen können. Bei der Aufsicht in der 2. Säule schlägt die Kommission mit 14 zu 11 Stimmen einen Kompromiss vor. So sollen Mitglieder der kantonalen Departemente, die mit Fragen der 2. Säule betraut sind, nicht Einsitz in die regionalen Aufsichtsbehörden nehmen dürfen. Wie der Ständerat lehnt die Kommission hingegen mit 16 zu 9 Stimmen ab, dass der Bundesrat Regeln zur Entschädigung der Versicherungsvermittler erlassen kann. Es liegen insgesamt sechs Minderheitsanträge vor, die im Frühjahr 2022 im Nationalrat behandelt werden sollen. 

Bezahlter Urlaub, wenn ein Elternteil kurz nach der Geburt stirbt

Mit 17 zu 7 Stimmen hat die Kommission den Vorentwurf gutgeheissen, der infolge der Pa. Iv. (Kessler) Weibel. Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter (15.434) ausgearbeitet wurde. Demnach sollen Väter zusätzlich zum Vaterschaftsurlaub einen 14-wöchigen Urlaub erhalten, wenn die Mutter während des Mutterschaftsurlaubs stirbt. Im Todesfall des Vaters soll umgekehrt die Mutter zusätzliche zwei Wochen bezahlten Urlaub beziehen können. Nach Erstellung des erläuternden Berichts wird die Kommission den Vorentwurf voraussichtlich Anfang 2022 in die Vernehmlassung geben.

Weitere Geschäfte

Die Kommission befasste sich eingehend mit den gesundheitlichen Auswirkungen der 5G-Mobilfunk-Technologie. Sie hörte dazu Vertretungen der Medizin, der Naturwissenschaften sowie der Telekommunikationsanbieter an. Zudem liess sie sich über die begleitenden Massnahmen des Bundes informieren (insbesondere die Weiterentwicklung des Monitorings der Strahlenbelastung und die Schaffung der neuen umweltmedizinischen Beratungsstelle für nichtionisierende Strahlung).

Die Kommission hat den Vorentwurf zur Umsetzung der Pa. Iv. Giezendanner. Sicherstellung der Blutversorgung und Unentgeltlichkeit der Blutspende (16.504) einstimmig gutgeheissen. Dieser nimmt die Kernanliegen der parlamentarischen Initiative auf und wird, nachdem der erläuternde Bericht vorliegt, voraussichtlich Anfang 2022 zur Vernehmlassung unterbreitet.

Einstimmig ist die Kommission auf das Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit (21.043) eingetreten. Zuvor hörte sie Vertretungen der Aufsichtskommission Branchenvereinbarung Vermittler, der Versicherer sowie der Patientinnen und Konsumenten an. Sie wird die Detailberatung anfang 2022 durchführen.

Die Kommission nahm den Bericht in Erfüllung des Po. Wehrli. Elektronisches Patientendossier. Was gibt es noch zu tun bis zu seiner flächendeckenden Verwendung? (18.4328) zur Kenntnis. Sie will die digitale Transformation des Schweizer Gesundheitswesens weiterverfolgen und an einer der nächsten Sitzungen eine Auslegeordnung dazu machen.

Mit 20 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen beschloss die Kommission die Motion «Forschung und klinische Versuche mit nicht-kommerziellen Medizinprodukten fördern und nicht behindern – Anpassung von Gebühren und Auflagen ist dringend»(21.4346).

Die Kommission beantragt mit 13 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung, der Pa. Iv. Glarner. Endlich die Effizienz der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz steigern! (21.418) keine Folge zu geben.

Die Kommission beantragt mit 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung, der Pa. Iv. Nantermod. KVG. Mehr Wettbewerb durch mehr Transparenz bei den Preisen (18.487) keine Folge zu geben.

Mit 16 Stimmen bei 7 Enthaltungen beantragt die Kommission, der Kt. Iv. GE. Zahnärztliche Behandlungen infolge von ärztlichen Behandlungen. Übernahme der Kosten durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (19.318) keine Folge zu geben.

Die Kommission beantragt mit 15 zu 8 Stimmen, der Kt. Iv. NE. Kantonale, regionale oder interkantonale Krankenversicherung. Allfällige Schaffung im Kompetenzbereich der Kantone (20.315) keine Folge zu geben.

Die Kommission tagte am 17., 18. und 19. November 2021 in Bern unter der Leitung von Ruth Humbel (Die Mitte, AG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.