Angesichts der stark veränderten weltpolitischen Lage erachtet es die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N) als notwendig, dem Bundesrat eine Abweichungskompetenz nach vorgeschlagenem Artikel 22b des Kriegsmaterialgesetzes (KMG) zu geben. Dabei unterstreicht die Mehrheit, dass es sich um keinen Freipass handelt, sondern der neue Artikel 22b dem Bundesrat einen klaren Rahmen vorgibt und die für die Kriegsmaterialausfuhr relevanten rechtlichen Grundlagen und völkerrechtlichen Verpflichtungen anwendbar bleiben. Mit der Gesetzesänderung soll aber insbesondere auch der Aufrechterhaltung einer für die Schweizer Landesverteidigung zentralen industriellen Kapazität besser Rechnung getragen werden können. Dabei ist es für die Mehrheit wichtig, dass die Schweiz international als zuverlässiger Partner wahrgenommen wird. Schliesslich unterstreicht die Mehrheit, dass trotz der beantragten Änderung des KMG, gewisse Verschärfungen, die für den Rückzug der Volksinitiative «gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer (Korrektur-Initiative)» wichtig waren, erhalten bleiben.
Die Minderheit erachtet es als undemokratisch, die Errungenschaft der «Korrektur-Initiative» über eine Motion nach kurzer Zeit rückgängig zu machen. Zudem weist sie darauf hin, dass es auch mit der in der Motion vorgesehene Änderung des KMG der neutralen Schweiz weiterhin völkerrechtlich nicht erlaubt wäre, der Ukraine direkt Kriegsmaterial zu liefern, ohne das Gleichbehandlungsgebot zu verletzten. Die Minderheit erachtet es zudem als unredlich, die Gunst der Stunde und die Solidarität der Menschen mit der Ukraine zu nutzen, um eine Gesetzesänderung zu beantragen, die der Ukraine nicht hilft, dafür aber der Rüstungsindustrie, damit diese letztlich wieder einfacher Kriegsmaterial liefern kann.
Einen Antrag die Behandlung der Motion zu sistieren bis die Resultate der Arbeiten der Subkommission der SiK-N zur Pa.Iv. 23.403 vorliegen, lehnte die Kommission mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung ab. Abgelehnt wurden auch zwei Anträge zur Änderung der Motion 23.3585. Der eine Antrag wollte eine explizite Ergänzung bezüglich Wahrung des Neutralitätsrechts, der andere wollte die Streichung von Art. 18 KMG «Nichtwiederausfuhr-Erklärungen; Ausnahmen». Die Ablehnung erfolgte jeweils mit 17 zu 7 Stimmen bei 0 Enthaltungen.
Die Motion 23.3585 wird voraussichtlich in der Wintersession im Nationalrat behandelt werden.
Senkung der Subvention der GP-11-Munition
Mit 11 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt die Kommission ihrem Rat, die Motion des Ständerates (Salzmann) 23.3594 abzulehnen. Diese Motion will verhindern, dass der Preis erhört wird für die GP-11-Munition, die für das Sturmgewehr 57, den Karabiner und das Langgewehr verwendet wird. Die Mehrheit erachtet es als wichtiger – wie vom Bundesrat vorgeschlagen – den Schiessvereinen als Teilkompensation höhere Beiträge auszurichten, damit sämtliche Schützen davon profitieren können, und der Bund im Endeffekt Einsparungen von 1,5 Millionen Franken erzielen kann. Weiter weist die Mehrheit darauf hin, dass für das aktuelle Sturmgewehr 90 der Angehörigen der Armee nur die Munition GP-90 verwendet wird, die von Preiserhöhung nicht betroffen ist, und der Trainingseffekt für die persönliche Waffe somit gewahrt bleibt. Die Minderheit erachtet es hingegen als falsch, Einsparungen zu Lasten der Schützen vorzunehmen. Sie warnt vor einer Abnahme sowohl der Schiesstätigkeit wie auch der Schützen in den Vereinen und wehrt sich gegen ein Ausspielen von jüngeren gegen ältere Schützen. Schliesslich weist die Minderheit darauf hin, dass es wichtig sei, die Schiessfertigkeit zu verbessern und den Wehrwillen zu stärken, unabhängig mit welcher Ordonanzwaffe geschossen werde.
Wehrpflichtersatzabgabe
Einstimmig hat die SiK-N der Parlamentarischen Initiative Hurni (PaIv. 22.500) keine Folge gegeben. Die Pa.Iv. wollte das Bundesgesetz über die Wehrpflichtersatzabgabe dahingehend ändern, dass Personen mit einer Behinderung und/oder als militärdienstuntauglich geltende Personen keine Wehrpflichtersatzabgabe mehr leisten müssen. Die Kommission erachtet den Text als zu weit gefasst. Wenn alle dienstuntauglichen Männer – nicht nur diejenigen mit einer Behinderung – von der Wehrpflichtersatzgabe befreit würden, wäre die Ersatzabgabe faktisch abgeschafft, was die Kommission namentlich aus Gründen der Wehrgerechtigkeit ablehnt.
Ebenfalls einstimmig beantragt die SiK-N die Petition Michael Vincent Sabino (23.2012) abzulehnen.
Oberaufsicht über die Räumung des ehemaligen Munitionslagers in Mitholz
Die SiK-N erachtet es als nicht zielführend, für die Oberaufsicht über die Räumung des ehemaligen Munitionslagers in Mitholz ein besonderes Organ zu schaffen. Diese wichtige und komplexe Aufgabe soll und kann durch die Geschäftsprüfungs- und die Finanzkommissionen wahrgenommen werden. Einstimmig hat sie entschieden, die entsprechende Kommissionsinitiative der SiK des Ständerate (23.450) nicht zu unterstützen. Diese Initiative geht nun zurück zur SiK-S zur Beratung.
Biometrische Erkennung in öffentlich zugänglichen Räumen
Die Kommission liess sich von der Stiftung TA-Swiss über die Studie «Automatisierte Erkennung von Stimme, Sprache und Gesicht» informieren, welche die technischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen der automatisierten biometrischen Erkennung aufzeigt. In der anschliessenden Diskussion wurde ein Antrag zur Verabschiedung einer Kommissionsmotion, der eine biometrische Erkennung in öffentlich zugänglichen Räumen explizit verbieten wollte, mit 13 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltung abgelehnt. Die Kommission hat sich aber dafür ausgesprochen, an einer nächsten Sitzung einen allfälligen rechtlichen Handlungsbedarf vertiefter abklären.
Die Kommission hat am 6. und 7. November 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrat Mauro Tuena (SVP, ZH) und teils im Beisein des Vorstehers WBF, Guy Parmelin, sowie der Chefin des VBS, Bundesrätin Viola Amherd, in Bern getagt.