​Der Nationalrat hat 200 Sitze, welche nach Bevölkerungszahl auf die 26 Kantone verteilt werden. Er wird daher oft auch als «Volkskammer» bezeichnet.

I. Gesamterneuerungswahlen

Die Gesamterneuerungswahlen des Nationalrates finden alle vier Jahre am zweitletzten Sonntag im Oktober statt (Art. 149 Abs. 2 BV; Art. 19 Abs. 1 BPR).

Wählbar sind alle mündigen Schweizerinnen und Schweizer, die das 18. Altersjahr zurückgelegt haben und die nicht wegen dauernder Urteilsunfähigkeit unter umfassender Beistandschaft stehen oder durch eine vorsorgebeauftragte Person vertreten werden (Art. 136 BV; Art. 2 BPR). Eine Wiederwahl ist möglich, da die Bundesgesetzgebung keine Amtszeitbeschränkung vorsieht.

Die Nationalratsmitglieder werden vom Volk in direkter Wahl gewählt (Art. 149 Abs. 2 BV). Jeder Kanton bildet dabei einen Wahlkreis (Art. 149 Abs. 3 BV).

Die Wahlen erfolgen nach dem Proporzsystem (Art. 149 Abs. 2 BV). In Kantonen mit nur einem Sitz im Nationalrat finden jedoch Majorzwahlen statt (Art. 47 Abs. 1 BPR). Bei der Proporzwahl (Verhältniswahl) werden zuerst die Sitze im Verhältnis zu den erzielten Stimmen auf die Parteien verteilt, danach erhalten die Kandidatinnen und Kandidaten mit den höchsten Stimmenzahlen die Sitze, welche ihre Partei errungen hat (Art. 40 ff. BPR). Bei der Majorzwahl ist gewählt, wer am meisten Stimmen erhält (Art. 47 ff. BPR). Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

Die Mitglieder des Nationalrates werden für eine feste Amtsdauer von vier Jahren gewählt (Art. 145 BV); sie können nicht abberufen werden. Zu vorgezogenen Neuwahlen – d.h. einer ausserordentlichen Gesamterneuerung – kann es jedoch kommen, wenn das Volk in einer Vorabstimmung eine Totalrevision der Bundesverfassung beschliesst (Art. 193 Abs. 3 BV). Eine solche findet statt, wenn eine Volksinitiative auf Totalrevision der Verfassung eingereicht wird oder wenn ein Rat (National- oder Ständerat) die Durchführung einer solchen beschliesst, der andere Rat sie aber ablehnt (Art. 193 Abs. 2 BV).

II. Konstituierung und (Dis-)Kontinuität

II.1. Konstituierung

Der Nationalrat konstituiert sich nach jeder Nationalratswahl neu (Art. 53 Abs. 1 BPR).

Die konstituierende Sitzung findet jeweils am siebten Montag nach der Wahl statt, unter der Leitung der Alterspräsidentin oder des Alterspräsidenten (Art. 53 Abs. 1 BPR; Art. 1 ff. GRN). Dabei überprüft der Rat zunächst die Gültigkeit der Wahlen. Konstituiert ist der Rat, wenn die Wahlen für die Mehrheit seiner Mitglieder für gültig erklärt worden sind (Art. 53 Abs. 1 BPR).

Die Konstituierung des Nationalrates scheitert, wenn weniger als die Hälfte der Mitglieder gültig gewählt worden ist, z. B. weil die Wahlprüfung noch nicht abgeschlossen ist. In einem solchen Fall muss das alte Büro zusammentreten und das Vorgehen festlegen. Sollte sich abzeichnen, dass eine Konstituierung nicht mehr in der ersten Session nach den Wahlen erfolgen kann, kann das Büro den alten, immer noch im Amt stehenden Nationalrat einberufen, um dringliche Geschäfte (z. B. den Voranschlag des nächsten Jahres) behandeln zu können.

II.2. (Dis-)kontinuität

Für den Nationalrat gilt nach Ablauf der vierjährigen Amtsperiode eine personelle und organisatorische Diskontinuität, d. h. alle bisherigen Nationalratsmitglieder verlieren nach der Konstituierung des neuen Rates ihr Mandat und müssen, falls wiedergewählt, neu vereidigt werden. Auch die Organe des Nationalrates müssen neu gebildet werden.

Eine sachliche Diskontinuität ist aber nicht gegeben. Vor den Wahlen noch nicht erledigte Beratungsgegenstände bleiben somit im Rat hängig und müssen nicht neu eingebracht werden.

III. Stellung

Die Bundesversammlung ist als vollkommenes Zweikammersystem ausgestaltet, d. h. beide Kammern (Räte) sind einander gleichgestellt und haben die gleichen Befugnisse. Für Beschlüsse der Bundesversammlung ist daher stets die Übereinstimmung beider Kammern erforderlich (Art. 156 Abs. 2 BV).

Beschlüsse über seine interne Organisation kann der Nationalrat zum Teil jedoch alleine fällen. So hat er, durch das Parlamentsgesetz ermächtigt, ein Geschäftsreglement erlassen (Art. 36 ParlG). Dieses konkretisiert die Organisation und das Verfahren des Rates sowie die Rechte und Pflichten seiner Mitglieder.

Historisches

Der Nationalrat zählt erst seit dem Jahr 1963 200 Mitglieder.

Ursprünglich hielt die Bundesverfassung fest, dass die Nationalratssitze proportional zur Gesamtbevölkerung der Kantone zu verteilen seien, wobei pro 20’000 Einwohnerinnen und Einwohner das Anrecht auf einen Sitz bestand. Die Anzahl der Nationalratssitze wurde aufgrund der alle zehn Jahre durchgeführten Volkszählung neu berechnet. Infolge des Bevölkerungswachstums stieg die Zahl der Nationalratssitze zwischen 1848 und 1922 von 111 auf 198 an.

Damit der Nationalrat nicht zu gross wurde, hob man die sogenannte Vertretungsziffer zweimal an: 1931 auf einen Sitz pro 22 000 Einwohnerinnen und Einwohner und 1950 auf einen Sitz pro 24 000 Einwohnerinnen und Einwohner. Wegen des anhaltenden Bevölkerungswachstums wurde diese Berechnungsmethode 1962 aufgehoben und die feste Zahl von 200 Nationalratsmandaten in der Verfassung festgeschrieben.

Aktuelle Zusammensetzung

Quellen

  • Abschnitt «II.1. Konstituierung»: Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates zum Entwurf des Geschäftsreglementes des Nationalrates vom 10. April 2003, BBl 2003 3471.
  • «Historisches: Anzahl Sitze» Texte teilweise aus: Nationalratswahlen 2003, Übersicht und Analyse, Bundesamt für Statistik, Neuenburg 2007, S. 11–12.
  • «Historisches: Ende der Amtsdauer»: Botschaft über eine Teiländerung der Bundesgesetzgebung über die politischen Rechte vom 1. September 1993, BBl 1993 III 490.
  • «Historisches: Konstituierung (Quorum)»: Art. 5 Geschäftsreglement des Nationalrates vom 5. Juni 1903, Art. 3 Abs. 2 Geschäftsreglement des Nationalrates vom 4. Oktober 1974 sowie AB 1973 N 1204 und 01.079 Botschaft über eine Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte, vom 30. November 2001, BBl 2001 6416.
  • «Historisches: Zeitpunkt der konstituierenden Sitzung»: Bundesgesetz betreffend die Wahl der Mitglieder des Nationalrates vom 21. Dezember 1850; 01.079 Botschaft über eine Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vom 30. November 2001, BBl 2001 6415.