Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PVER) hielt ihr erstes Treffen am 10. August 1949 ab. Sie ist damit die älteste internationale Versammlung von demokratisch gewählten Parlamentsmitgliedern auf der Basis eines zwischenstaatlichen Vertrages. Die Versammlung ist heute das grösste politische Forum Europas und hat sich immer wieder als treibende Kraft des Europarates erwiesen.

Zusammensetzung und Bestimmung der Mitglieder

Anders als die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden die Mitglieder der PVER nicht in einer direkten Volkswahl bestimmt, sondern sie werden vom jeweiligen nationalen Parlament delegiert. Es handelt sich somit um ein «indirektes Mandat». Dabei werden die zwölf Plätze, welche der Schweiz zustehen (sechs Mitglieder und sechs Stellvertreter/innen) zu Beginn jeder Legislatur den Fraktionen der Bundesversammlung im Verhältnis zu deren Sitzzahl im National- und Ständerat zugeteilt. Die enge Bindung der PVER an die nationalen Parlamente erleichtert die Begleitung der Aktivitäten des Europarates auf nationaler Ebene im Austausch zwischen den verschiedenen staatlichen Gewalten.

Arbeitsweise und Zuständigkeiten

Die Parlamentarische Versammlung bestimmt ihre eigene Tagesordnung. Sie führt Debatten über europäische und internationale Ereignisse und befasst sich mit aktuellen Themen und Problemen, welche europaweites Handeln erfordern. Die Kernthemen sind dabei Menschenrechte, Demokratie und Fragen der Rechtsstaatlichkeit. Migration, Minderheitenschutz, Gleichstellung der Geschlechter, Umwelt, Wissenschaft und Erziehung, Wirtschaft, Kultur und Medienpolitik stehen ebenfalls regelmässig im Fokus von Diskussionen und Berichten.

Die Versammlung trifft sich in der Regel viermal pro Jahr für eine einwöchige Plenarsession in Strassburg. Sowohl während diesen Sessionswochen als auch zwischen den Sessionen finden die Sitzungen der neun ständigen Kommissionen statt, welche in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich Berichte und Entwürfe für Resolutionen und Empfehlungen zuhanden des Plenums erarbeiten.

Ein zunehmend wichtigerer Bestandteil der Aufgaben der Versammlung ist das Monitoring. Dabei geht es um die Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen, welche die Mitgliedstaaten mit ihrem Beitritt zum Europarat eingegangen sind. Bei allen Mitgliedstaaten wird periodisch eine solche Überprüfung vorgenommen. Doch die Versammlung kennt auch ein intensiveres Monitoringverfahren für Mitgliedstaaten, bei denen es Hinweise gibt, dass bei der Einhaltung der Verpflichtungen Defizite bestehen. In Bezug auf diese Staaten legt die Monitoringkommission mindestens einmal alle zwei Jahre einen Bericht vor. Zum Bereich des Monitorings im weiteren Sinne zählen auch die Wahlbeobachtungsmissionen, an welchen sich die PVER in Zusammenarbeit mit der OSZE beteiligt.

Von besonderer Bedeutung ist die Zuständigkeit der PVER für die Wahl der wichtigsten Repräsentanten/innen des Europarates. Sie wählt u.a. die Generalsekretärin oder den Generalsekretär des Europarates, aber auch die Richterinnen und Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Die Amtssprachen des Europarates sind Englisch und Französisch. Anlässlich der Treffen der Versammlung sind aber auch Deutsch, Italienisch und Russisch als Arbeitssprachen zugelassen.

Die Schweizer Delegation in der PVER

Seit 1961 entsandte die Bundesversammlung eine Beobachterdelegation an die Sitzungen der Versammlung nach Strassburg. Mit dem offiziellen Beitritt am 6. Mai 1963 nahm die Schweiz mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten Einsitz im Minsterkomitee und in der Parlamentarischen Versammlung.

Immer wieder haben sich Mitglieder der Schweizer Delegation durch ausserordentliche Beiträge ausgezeichnet. So präsidierte der Genfer Ständerat Olivier Reverdin die Versammlung von 1969 bis 1972 und Liliane Maury Pasquier, ebenfalls Ständerätin aus Genf, von 2018 bis 2020.

Es würde zu weit führen, hier alle Mitglieder der Schweizer Delegation aufzuführen, die sich als Autoren von wichtigen Berichten oder durch ihr Präsidium in Kommissionen oder Fraktionen der Versammlung ausgezeichnet haben. Aber zumindest ein Name darf nicht unerwähnt bleiben: Dem Tessiner Ständerat Dick Marty, Mitglied der Versammlung von 1998 bis 2012, war es gelungen, durch von ihm initiierte und verfasste Berichte öffentliches Interesse zu wecken und Folgewirkungen zu erzielen, welche weit über die Sphäre des Europarates hinausreichten. Zu erwähnen sind insbesondere seine Berichte (I und II) über Gefangenentransporte und geheime Gefängnisse der CIA in Europa, der Bericht zum illegalen Handel mit menschlichen Organen im Kosovo oder der Bericht zu schwarzen Listen des UN-Sicherheitsrates und der EU.