Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) will die Last der Krankenkassenprämien mit koordiniert beratenen Gegenvorschlägen zu den beiden Volksbegehren «Kostenbremse-Initiative» und «Prämienentlastungs-Initiative» senken.

Die stetig steigenden Krankenversicherungsprämien seien gerade für Haushalte mit tieferen und mittleren Einkommen ein Problem, gegen das etwas unternommen werden müsse. Dabei seien die Kosten im Gesundheitswesen und die Prämien der Krankenkassen zwei Seiten der gleichen Medaille. Dies war der Tenor in der SGK-N zum Auftakt der Beratungen über die beiden Volksbegehren «Maximal 10% des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative) (21.063) und «Für tiefere Prämien - Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative) (21.067) sowie die beiden vom Bundesrat dazu vorgelegten indirekten Gegenvorschläge. Zuvor hatte sie Vertretungen des Initiativkomitees, der Kantone, der Versicherer und der Versicherten sowie der Leistungserbringer angehört. Die Kommission trat mit 17 zu 8 Stimmen und mit 14 zu 11 Stimmen auf beide indirekten Gegenvorschläge ein. Angesichts des engen thematischen Zusammenhangs will sie die Gegenvorschläge koordiniert beraten, und zwar zunächst in einer Subkommission, falls das Büro des Nationalrates mit deren Einsetzung einverstanden ist. Die Vorlagen sollen für die Sommersession 2022 bereit sein.

Umsetzung der Pflegeinitiative: Ausbildungsoffensive separat vorantreiben

Nachdem Volk und Stände am 28. November 2021 die Volksinitiative «Für eine starke Pflege» angenommen haben, unterstützt die Kommission die Absicht des Bundesrates, die Initiative in zwei Etappen umzusetzen. In einem Schreiben empfiehlt sie ihm allerdings mit Stichentscheid ihres Präsidenten, in der ersten Etappe nur die Ausbildungsoffensive voranzutreiben. Diese hatte das Parlament in seinem indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet, der mit der Annahme der Pflegeinitiative hinfällig geworden ist. Das zweite zentrale Element des Gegenvorschlags – nämlich die Möglichkeit für Pflegefachpersonen, gewisse Leistungen direkt mit der Krankenkasse abzurechnen – solle hingegen in die zweite Etappe verschoben werden, da erneut langwierige Diskussionen darüber absehbar seien.  

Coronavirus: geltende Massnahmen vorerst bis Ende Februar verlängern

Die Kommission hat sich erneut mit den Fachleuten der Verwaltung über die epidemiologische Lage und die Massnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie ausgetauscht. Sie unterstützt den Vorschlag des Bundesrates, die bestehenden Massnahmen weiter zu führen, allerdings sollen sie vorerst nur bis Ende Februar und nicht bis Ende März verlängert werden. Angesichts der dynamischen Entwicklung der Covid-19-Pandemie hält es die Kommission für erforderlich, zu einem früheren Zeitpunkt eine Standortbestimmung vorzunehmen und zu überprüfen, welche Massnahmen noch zweckmässig sind. Diese Empfehlung hat die Kommission mit 12 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschlossen. Zusätzlich unterbreitet sie dem Bundesrat folgende Empfehlungen:

  • Auf das zur Diskussion gestellte Verbot des Präsenzunterrichts an den Hochschulen und in der höheren Berufsbildung soll verzichtet werden (mit 21 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen).
  • Für Selbständige, die sportliche Aktivitäten in Innenräumen leiten oder durchführen, sollen die gleichen Regeln bezüglich Zertifikatspflicht gelten wie für Angestellte (mit 9 zu 6 Stimmen bei 9 Enthaltungen).

Weiter beschloss die Kommission mit 12 zu 5 Stimmen bei 8 Enthaltungen, die Motion «Besserer Schutz vor Covid-19 für Personen mit geschwächtem Immunsystem aufgrund von Krebserkrankungen und chronischen Erkrankungen» (22.3005) einzureichen.

Zuvor liess sich die Kommission von einer Vertretung der Kantone darüber informieren, wie diese für genügend Reserven bei den Spitalkapazitäten sorgen wollen, so wie das Parlament dies in der letzten Wintersession im Covid-19-Gesetz vorgegeben hat. Die Kommission wird die weiteren Arbeiten eng begleiten. Zudem hörte sie Fachleute des schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic zur Zulassung und Überwachung von Covid-19-Impfstoffen an.

Vereinfachtes Verfahren bei der Zulassung von parallelimportierten Generika

Im Rahmen der Beratung der Differenzen zum Kostendämpfungspaket 1b (19.046; Entwurf 1) beantragt die Kommission, dass Generika und patentabgelaufene Originalmedikamente weiterhin eine Zulassung benötigen, wenn sie parallelimportiert werden (15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung). Dabei müssten aber Vereinfachungen vorgesehen werden (15 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Im Grundsatz schliesst sich die Kommission damit dem Ständerat an. Eine Minderheit beantragt, an der nationalrätlichen Version festzuhalten und diese um Bedingungen zu ergänzen, unter denen Generika ohne Zulassung eingeführt werden können. Wie der Ständerat befürwortet die Kommission weiter ein Beschwerderecht der Versichererverbände gegen kantonale Entscheide über die Spitalplanungen und –listen (12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung). Dagegen hält sie am nationalrätlichen Beschluss fest, wonach Versicherer und Leistungserbringer Rabatte aushandeln können (13 zu 12 Stimmen). Ebenso lehnt sie eine Präzisierung der Bestimmungen zur Substitution von Medikamenten ab (16 zu 9 Stimmen). Zu sämtlichen Differenzen sind Minderheiten eingereicht worden. Die Kommission beschloss ausserdem, sich an der nächsten Sitzung mit den Massnahmen der Tarifpartner zur Steuerung der Kosten zu befassen, welche National- und Ständerat knapp verworfen haben.

Weitere Geschäfte

Wie bereits ihre Schwesterkommission hat die Kommission der Standesinitiative des Kantons Jura 19.320 «Die skandalöse Entwicklung der Medikamentenpreise stoppen» mit 12 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge gegeben. Das Anliegen soll dann im Rahmen des Kostendämpfungspakets 2 beraten werden.

Die Kommission beantragt einstimmig, dem Bericht des Bundesrates zur Abschreibung der Motion «Langfristanlagen von Pensionskassen in zukunftsträchtige Technologien und Schaffung eines Zukunftsfonds Schweiz» (18.093) zuzustimmen.

Die SGK-N hat die Vorprüfung der parlamentarischen Initiative 20.495 («Erhebung der Nationalität von stationären Patienten in Schweizer Spitälern») aufgenommen. Da die Verwaltung erst abklären muss, welche Möglichkeiten das geltende Recht bietet und welche operativen Herausforderungen mit der Übermittlung der statistischen Daten einhergehen, wird die Kommission erst an einer ihrer nächsten Sitzungen über das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit befinden.

Die Kommission hat im Weiteren mit 15 zu 8 Stimmen beschlossen, der parlamentarischen Initiative 20.498 («Einhaltung der Rückerstattungspflicht von Bezügern von Sozialhilfe bzw. Verhinderung der Weiterleitung von Geldern auf Drittkonten») keine Folge zu geben.

Die Detailberatung zum Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit (21.043 n) wird an der nächsten Sitzung durchgeführt.

Die Kommission tagte am 12., 13. und 14. Januar 2022 in Bern unter der Leitung von Albert Rösti (SVP, BE) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.