Nach der im Nationalrat gescheiterten Totalrevision des CO2-Gesetzes (17.071) will die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK-S) ihrem Rat eine mehrheitsfähige Lösung unterbreiten. Die Kommission ist überzeugt, dass das von ihr vorgeschlagene Massnahmenpaket im CO2-Gesetz zu einer Verminderung der Treibhausgasemissionen führen wird. Mit dieser Vorlage ist das Nettonull-Emissionsziel bis 2050 des Pariser Abkommens erreichbar. Die Kommission beantragt unter anderem, eine Flugticketabgabe einzuführen.

​Im Rahmen ihrer Beratung zur Schweizer Klimapolitik (17.071) unterstützt die UREK-S das vom Bundesrat angestrebte Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 zu halbieren und dabei mindestens 60 Prozent der Verminderung im Inland zu leisten. Mit einem klar definierten Inlandanteil wählt die Kommission einen anderen Weg als der Nationalrat, der in der Wintersession das Inlandziel aus dem Gesetz gestrichen hatte. Die Kommission betont, dass inländische Massnahmen viel Wertschöpfung in der Schweiz generieren. Beim Zweckartikel des CO2-Gesetzes geht die Kommission weiter als der Bundesrat: Sie will die Ziele des Übereinkommens von Paris explizit im nationalen Recht verankern. (Siehe Medienmitteilung vom 12. Februar 2019).

Die Gesamtabstimmung wird die Kommission an ihrer nächsten Sitzung vom 2. September 2019 vornehmen, nachdem sie die Vorlage einer letzten Überprüfung unterzogen haben wird. Damit kann der Ständerat in der dritten Woche der Herbstsession über das CO2-Gesetz befinden.

Flugticketabgabe

Im revidierten CO2-Gesetz will die UREK-S eine schweizweite Lenkungsabgabe auf Flugtickets einführen, welche die wirtschaftlichen Gegebenheiten berücksichtigt. Der Abgaberahmen bewegt sich zwischen 30 und 120 Franken, wobei die Transit- und Transferpassagiere von der Flugticketabgabe ausgenommen sind. Die Kommission ist überzeugt, dass der Betrag nicht tiefer liegen darf, damit überhaupt eine Lenkungswirkung eintreten kann. Erst eine Flugticketabgabe von mindestens 30 Franken kann aus Sicht der Kommission zu einer spürbaren Senkung der Passagierzahlen auf innereuropäischen Economy-Flügen führen. Bei den emissionsintensiveren Langstreckenflügen muss die Abgabe höher angesetzt werden, damit sich die Passagierzahlen reduzieren. Innerhalb des genannten Rahmens soll der Bundesrat den Spielraum haben, die Flugticketabgabe in Funktion der Beförderungsklassen und der Reisedistanz zu differenzieren. Dabei muss er die Abgabesätze so festlegen, dass es nicht zu einem Umwegverkehr kommt, denn wenn stattdessen im Ausland geflogen würde, wäre das Lenkungsziel gerade verfehlt.

Im Modell, das die Kommission vorschlägt, ist der Abgabesatz der entscheidende Faktor für die Höhe der Einnahmen. Den grössten Anteil an Flugbewegungen haben in der Schweiz die Kurzstreckenflüge mit 80 Prozent, wogegen die Mittelstreckenflüge mit 15 Prozent und die Langstreckenflüge mit 5 Prozent weniger zu Buche schlagen. Die Fluggesellschaften sollen dafür sorgen, dass die Abgabe weiter auf die Passagiere überwälzt wird. Auf langfristige Sicht unterstützt die Kommission einen globalen Ansatz in Sachen CO2-Abgaben im Flugverkehr.

Neuer Klimafonds

Im revidierten CO2-Gesetz möchte die Kommission einen Spezialfonds einführen und diesem aus verschiedenen Einnahmequellen Mittel zuweisen. So wird der Ertrag aus den Versteigerungen von Emissionsrechten und Sanktionseinnahmen vor allem bei Fahrzeugen in diesen neuen, sogenannten Klimafonds eingelegt. Ausserdem fliessen höchstens ein Drittel des Ertrags aus der CO2-Abgabe (höchstens aber 450 Millionen Franken pro Jahr) und weniger als die Hälfte des Ertrags aus der Flugticketabgabe (49 Prozent) in den Klimafonds. Der nicht zweckgebundene Anteil der CO2-Abgabe (ca. zwei Drittel der CO2-Abgabe) sowie 51 Prozent der Flugticketabgabe sollen an die Bürgerinnen und Bürger und an die Wirtschaft rückverteilt werden.

Aus dem Klimafonds werden Mittel für Massnahmen zur langfristigen Verminderung der CO2-Emissionen von Gebäuden, einschliesslich Massnahmen zur Senkung des Verbrauchs von Elektrizität im Winterhalbjahr, verwendet. Mit jährlich 60 Millionen Franken aus dem Klimafonds sowie den von den Kantonen nicht ausgeschöpften Globalbeiträgen finanziert der Bund unter anderem Massnahmen für kantonale, kommunale und überkommunale räumliche Energieplanungen für ortsgebundene erneuerbare Energiequellen oder zum Beispiel den Ersatz fossiler Heizungen und ortsfester elektrischer Widerstandsheizungen durch eine Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien. Die Kommission macht hier eine konkrete, aber nicht abschliessende Aufzählung. Zusätzlich können im Umfang von maximal 25 Millionen pro Jahr aus dem Klimafonds Kantone, Gemeinden oder deren Plattformen darin unterstützt werden, Projekte zur Emissionsreduktion zu realisieren. Schliesslich soll der Bund aus dem Klimafonds auch Massnahmen finanzieren, die darauf abzielen, durch den Klimawandel bedingte Schäden zu vermeiden.

CO2-Grenzwerte für Gebäude

Betreffend die Massnahmen zur Verminderung der CO2-Emissionen im Gebäudebereich hat die Kommission verschiedene Ansätze beraten. Ein Ansatz folgt dem Grundsatz des Bundesrates. Dieser hält fest, dass die Kantone dafür sorgen, dass die CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen, die von der Gesamtheit der Gebäude in der Schweiz ausgestossen werden, im Durchschnitt der Jahre 2026 und 2027 um 50 Prozent gegenüber 1990 vermindert werden sollen. Für den Fall, dass die CO2-Emissionen aus Gebäuden bis 2027 nicht genügend sinken sollten, schlägt die Kommission vor, dass ab 2029 für alle bestehenden Bauten, deren Heizungsanlagen ersetzt werden, ein Emissionsgrenzwert von 12 Kilogramm CO2 pro m2 Energiebezugsfläche gelten soll. Dieser Wert muss in Fünfjahresschritten um jeweils fünf Kilogramm reduziert werden. Ein zweiter Ansatz sieht vor, dass bereits ab 2023 ein CO2-Grenzwert für Altbauten gilt, unabhängig von der Emissionsentwicklung. Einig ist sich die Kommission dahingehend, dass es einen verschärften Absenkpfad braucht, damit die Kantone das Reduktionsziel von minus 80 Prozent bis 2050 erreichen.

CO2-Grenzwerte für schwere Lastwagen

Anders als der Bundesrat will die Kommission nicht nur für neue Personenwagen, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper CO2-Vorgaben erlassen, sondern auch für schwere Fahrzeuge. Hintergrund ist eine kommende EU-Regelung, die auch schwere Nutzfahrzeuge berücksichtigt. Die Kommission ist der Auffassung, dass die von ihr vorgeschlagenen CO2-Grenzwerte für schwere Lastwagen helfen werden, die Marktdurchdringung effizienter Fahrzeuge zu beschleunigen. Generell setzt die UREK-S für sämtliche Fahrzeuge nicht nur Zielwerte für die Jahre 2021 bis 2024 fest, sondern neu auch für die Jahre ab 2025. Hierbei entsprechen die Zielwerte jener der EU-Regelung. Ausschlaggebend wird sein, wie sich die Baseline, die Neuzulassungen 2019/2020, gestaltet. Die Kommission ist sich einig, dass hier weitere Faktoren zu berücksichtigen sein werden, das heisst die LSVA sowie das Einsatzprofil der Lastwagen in der Schweiz, das stark von jenem der Lastwagen in der EU abweiche. Die Kommission strebt im Endeffekt jedoch eine Harmonisierung mit den EU-Regelungen an.

Weiter spricht sich die Kommission dafür aus, dass synthetische Treibstoffe an die Emissionsvorschriften für Fahrzeuge angerechnet werden können, wie es der Bundesrat vorschlägt. Allerdings sieht die Kommission davon ab, dass der Bundesrat Anforderungen festlegen kann, welche die für die Herstellung von synthetischen Treibstoffen verwendete Elektrizität erfüllen müsste, sollte die Herstellung von synthetischen Treibstoffen zu einer erhöhten Nachfrage nach Elektrizität aus nicht erneuerbaren Energien führen. Die Kommission möchte dadurch die Rechts- und Investitionssicherheit wahren. Es wäre aus ihrer Sicht unklug, die Herstellung synthetischer Treibstoffe oder auch die Elektromobilität einzuschränken, weil zu befürchten sei, dass es zu Engpässen bei der erneuerbaren Energie kommen könnte.

Koppelung der Emissionshandelssysteme der Schweiz und der EU

Betreffend die Bestimmungen zum Emissionshandelssystem folgt die UREK-S mehrheitlich der Vorlage des Bundesrates sowie den Beschlüssen in der Frühjahrssession 2019. Die Koppelung der Handelssysteme der Schweiz und der EU, mit der die CO2-Emissionsrechte von Schweizer Unternehmen denen aus dem EU-Raum gleichgestellt werden, wurde bereits beschlossen.

Kompensation bei fossilen Treibstoffen

Wer fossile Treibstoffe importiert, muss bereits heute einen Teil der CO2-Emissionen kompensieren. Die UREK-S folgt dem Bundesrat, der vorsieht, dass der Anteil der CO2-Emissionen, der insgesamt kompensiert werden muss, bis 90 Prozent betragen kann. Abweichend sieht die Kommission jedoch vor, dass der zu kompensierende Anteil im Inland ab 2025 von 15 auf 20 Prozent zu erhöhen sei. Damit könne letztlich auch die Wertschöpfung im Inland verbessert werden. Zusätzlich will die Kommission den Aufschlag auf die Treibstoffpreise deckeln: Bis 2024 soll die Kompensation den Liter Treibstoff um höchstens 10 Rappen verteuern dürfen, ab 2025 um höchstens 12 Rappen. In ausserordentlichen Situationen soll der Bundesrat das Maximum vorübergehend tiefer anlegen dürfen.

Während sich die Vorlage des Bundesrats bei der Kompensation auf erneuerbare Treibstoffe konzentriert, will die Kommission auch die Elektromobilität berücksichtigen: Mindestens 3 Prozent der verursachten Emissionen sollen mit Massnahmen zur langfristigen Verminderung der Emissionen im Verkehr kompensiert werden. Darunter fällt unter anderem die Elektrifizierung des Strassenverkehrs mit nachweislich erneuerbarem Strom. Mit dieser Ergänzung wird sichergestellt, dass Kompensationsprojekte auch im Bereich des Verkehrs durchgeführt werden. Im Gegensatz zum Import von ausländischen Biotreibstoffen würden Elektromobilitätsmassnahmen zu Investitionen und Wertschöpfung in der Schweiz beitragen, hält die Kommission fest. Gerade beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität in der Schweiz bestehe noch Handlungsbedarf – einer der Gründe, weshalb Teile der Schweizer Bevölkerung momentan noch von einem Wechsel auf ein Elektro- oder Hybridfahrzeug absehen. Aus Sicht der Kommission ist es deshalb angebracht, einen kleinen Teil der über den Treibstoffpreis finanzierten Klimaschutzmassnahmen für die Elektroflotten- und Ladeinfrastruktur zu reservieren.

Wenn Treibstoffimporteure ihre Kompensationspflicht nicht einhalten, müssen sie dafür bezahlen, wobei die Kommission anders als der Bundesrat zwischen national und international differenzieren will: 320 Franken soll eine Tonne CO2 kosten, die nicht durch eine nationale Bescheinigung kompensiert wurde, und 100 Franken pro Tonne fallen für fehlende Kompensationsleistungen mit internationaler Bescheinigung an.

Erhöhung der CO2-Abgabe

Beim Maximalsatz für die CO2-Abgabe auf Brennstoffe spricht sich die Kommission für die Version des Bundesrates aus. Wenn die Emissionen aus Brennstoffen nicht genügend zurückgehen, soll die Abgabe auf bis zu 210 Franken pro Tonne CO2 erhöht werden können. Ein ebenfalls beratener Ansatz legt die obere Abgabegrenze bei maximal 120 Franken fest. Bei den Verminderungsverpflichtungen weicht die Kommission von der bundesrätlichen Vorlage ab: Statt erst ab einer Abgabelast von 15'000 Franken sollen sich Unternehmen bereits ab 10'000 Franken mit einer Verminderungsverpflichtung von der CO2-Abgabe befreien können. Damit will die Kommission den Zugang zu Verminderungsverpflichtungen lockern.

Klimaverträgliche Ausrichtung der Finanzmittelflüsse

Die Kommission ist der Ansicht, dass auch der Finanzsektor einen Beitrag zur Erreichung der Emissionsverminderungsziele leisten muss. Ihr zufolge kommt dem Finanzsektor beim Übergang zu einer emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Wirtschaft und Gesellschaft eine Schlüsselrolle zu. Allerdings kann die Ausarbeitung entsprechender Regeln nicht im Rahmen der Totalrevision des CO2-Gesetzes erfolgen. Eine erste Bestimmung schlägt die Kommission nun jedoch bereits vor. Mit einem neuen Artikel im CO2-Gesetz sollen die FINMA und die Schweizerische Nationalbank verpflichtet werden, regelmässig die klimabedingten finanziellen Risiken zu überprüfen.

Um weitergehende Massnahmen zu eruieren, hat die Kommission drei Postulate eingereicht. Das erste trägt den Titel «Klimaverträgliche Ausrichtung und Verstärkung der Transparenz der Finanzmittelflüsse in Umsetzung des Übereinkommens von Paris» (19.3966). Damit verfolgt die Kommission das Ziel, Art. 2.1c des Übereinkommens umzusetzen, wonach die Finanzmittelflüsse in Einklang mit einer emissionsarmen und gegenüber Klimaveränderungen widerstandsfähigen Entwicklung zu bringen sind. Im Rahmen des Postulats soll der Bundesrat aufzeigen, auf welchem Weg die Schweiz dies erreichen kann. Zudem erwartet die Kommission vom Bundesrat Vorschläge für Massnahmen, die darauf abzielen, dass Schweizer Unternehmen transparenter über die Klimaauswirkungen und Klimarisiken ihrer Tätigkeiten informieren. Mit dem Kommissionspostulat «Bremsen lösen bei nachhaltigen Finanzprodukten» (19.3951) soll der Bundesrat darüber Bericht erstatten, wie nachhaltige Finanzprodukte sowohl in der Emission, wie auch im Handel steuerlich entlastet werden können. Es soll hierbei eine Abschaffung der Stempelabgaben auf nachhaltige Produkte geprüft werden. Mit dem dritten Kommissionspostulat «Nachhaltigkeit fördern dank zeitgemässen Anlagerichtlinien» (19.3950) wird der Bundesrat gebeten aufzuzeigen, wie Anlagebestimmungen der beruflichen Vorsorge angepasst werden könnten, sodass nachhaltiges Investieren von Pensionskassen nicht länger durch hinderliche Bestimmungen erschwert wird. Konkret soll die bereits implementierte «Prudent Investor Rule» vollumfänglich als Richtwert für die Anlage der Pensionskassen verwendet werden.

Prüfung von zusätzlichen Massnahmen im Verkehrssektor

Schliesslich sollen mit einem vierten Kommissionspostulat «Der Verkehr muss einen Beitrag an den Klimaschutz leisten» (19.3949) zusätzliche klimapolitischen Massnahmen im Verkehrssektor aufgezeigt werden. Konkrete Vorschläge möchte die Kommission für eine CO2-Lenkungsabgabe auf Treibstoffe sowie für die Einführung eines Mobility Pricings.

Des Weiteren hat die Kommission entschieden, dass Steuererleichterungen für erneuerbare Treibstoffe, die am 30. Juni 2020 auslaufen, vorläufig bis 2030 verlängert werden sollen. Sie wird diesen Entscheid nochmals prüfen, wenn die ausgearbeitete parlamentarische Initiative Burkart 17.405 vorliegt.

Die Kommission hat am 15. und 16 August 2019 unter dem Vorsitz von Ständerat Roland Eberle (V/TG) und in Anwesenheit von Bundesrätin Simonetta Sommaruga in Ittingen getagt.