(sda) Eine nationale Institution für Menschenrechte (NMRI) soll künftig über die Umsetzung der Menschenrechte in der Schweiz wachen. Nach dem Ständerat hat am Dienstag auch der Nationalrat zugestimmt, das bereits existierende Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte in eine entsprechende Institution umzuwandeln.

Die grosse Kammer stimmte der Vorlage mit 136 zu 52 Stimmen zu. Der Ständerat hatte das Vorhaben bereits in der Sommersession gutgeheissen. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung.

Als Pilotprojekt existiert das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) seit 2011. Der Bund unterstützt das Zentrum jährlich mit einer Million Franken. Eine Evaluation habe den Nutzen und die Nachfrage nach Leistungen einer solchen Institution in der Schweiz bestätigt, sagte Claudia Friedl (SP/SG), Sprecherin der vorberatenden Aussenpolitischen Kommission (APK-N).

Ratsmehrheit sieht Bedarf in der Schweiz

Das Pilotprojekt soll nun in eine ordentliche Organisation überführt werden. "Die Institution soll helfen, die Menschenrechte, die in der Bundesverfassung verankert sind, in der Praxis umzusetzen", sagte Aussenminister Ignazio Cassis im Rat. Viele andere Länder haben bereits eine Menschenrechtsinstitution.

Aus Sicht von Cassis ist eine solche Institution auch aus aussenpolitischen Gründen wichtig. Die Schweiz fordere von anderen Staaten, dass sie die Menschenrechte schützten. Mit einer NMRI könne die Schweiz das noch besser tun. Die Schweiz sei dadurch glaubwürdiger, sagte Cassis. Zudem werde das internationale Genf gestärkt.

Abgesehen von der SVP waren alle darin einig, dass die Schweiz eine solche Institution brauche. Bedarf gebe es etwa bei der Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderung, von Kindern oder von Menschen der LGBT-Community, hiess es. Ob eine Million Franken zur Finanzierung jedoch genüge, wurde teilweise infrage gestellt.

Die Schweiz habe bereits viele Institutionen, die sich mit den Menschenrechten beschäftigen, sagte Yvette Estermann (SVP/LU). Auch diese würden finanziell unterstützt. Der Praxisnutzen sei sehr gering und bringe keinen Mehrwert. Die SVP lehnte daher die Schaffung eines solches Zentrums ab.

Aufgabengebiet abschliessend definieren

Die Institution soll zu den Menschenrechten forschen, informieren und dokumentieren, beraten, für das Thema sensibilisieren sowie die Zusammenarbeit und den internationalen Dialog fördern. Ihre Empfehlungen sind rechtlich nicht verbindlich. Die vorberatende Kommission des Nationalrats empfahl, diesen Aufgabenkatalog zu öffnen, um auch andere Aufgaben übernehmen zu können, an die heute noch niemand denkt.

Der Nationalrat lehnte dies jedoch mit 99 zu 87 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Eine Öffnung würde Unsicherheiten in der Abgrenzung zu anderen Institutionen schaffen, argumentierte die Mehrheit. Zudem soll die Gründung des NMRI nach den Pariser Prinzipien erfolgen, die 1991 auf einer Konferenz des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte beschlossen wurden. Diese sehen vor, dass die Organisation ein klar abgegrenztes Aufgabengebiet hat.