Die grosse Kammer folgte mit 96 zu 95 Stimmen ohne Enthaltungen dem Antrag der Mehrheit ihrer Rechtskommission, an der Differenz festzuhalten.
Der Nationalrat stimmte am Ende nicht über die ständerätliche Version selbst ab, sondern über einen Einzelantrag des Walliser Mitte-Nationalrats Philipp Matthias Bregy.
Bregy wollte den Beschluss der kleinen Kammer um eine Kann-Formulierung ergänzen. Hintergrund ist, dass Justizministerin Karin Keller-Sutter vergangene Woche im Ständerat gewarnt hatte, es sei nicht klar, ob die Version des Ständerats tatsächlich die beabsichtigte Verschärfung bringe. Es bestehe die Gefahr, dass bei leichten Fällen in Zukunft systematisch Geldstrafen verhängt würden.
Die Revision sehe bereits eine Verschärfung der Strafen für Gewalt und Drohung gegen Beamte vor, sagte Sibel Arslan (Grüne/BS) im Namen der Kommissionsmehrheit. Dem Entscheid der Richter, wann eine Geldstrafe angemessen sei, solle nicht vorgegriffen werden.
Baptiste Hurni (SP/NE) warnte als Berichterstatter der Kommission, die Auswirkungen der Vorschläge Bregys respektive des Ständerats auf die Praxis seien unklar.
"Ein Zeichen setzen"
Mauro Tuena (SVP/ZH) appellierte in der Nationalratsdebatte erfolglos an seine Ratskolleginnen und -kollegen, ein Zeichen zu setzen. Es gehe darum, von Gewalt und Pöbeleien betroffenen Mitarbeitenden von Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdiensten zu zeigen, dass die Politik hinter ihnen stehe.
Uneins sind die Räte weiterhin auch in der Frage der Mindest-Freiheitsstrafen. Der Ständerat will, dass bei Delikten, bei denen das Gesetz Geldstrafen von mindestens 30 Tagessätzen vorsieht, auch die vorgesehene Freiheitsstrafe mindestens 30 Tage betragen muss.
Die Mehrheit des Nationalrats hält auch dies für eine unnötige Einschränkung des Ermessensspielraums der Richterinnen und Richter. Die grosse Kammer sprach sich am Montag dafür aus, an der Differenz festzuhalten.
Wieder Geldstrafen für Raser
Die Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen soll sicherstellen, dass die Strafrahmen der Schwere der Straftaten entsprechen und in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.
Nebst den härteren Strafen für Gewalt und Drohungen bringt die Revision unter anderem auch, dass Raser wieder mit reinen Geldstrafen bestraft werden können sollen. Zudem wird die Mindeststrafe für schwere Körperverletzung von sechs Monaten auf ein Jahr Freiheitsstrafe angehoben.
Die Revision betrifft rund vierzig Gesetze und Erlasse, nicht aber das Sexualstrafrecht. Dafür ist eine separate Vorlage vorgesehen. Diese kommt voraussichtlich im nächsten Jahr ins Parlament.
Das Geschäft geht an die Einigungskonferenz.