Frühjahrssession

FAMILIENRECHT: Der Nationalrat hat einen ersten Schritt gemacht, um das Familienrecht der heutigen Zeit anzupassen. Er beauftragte am Dienstag den Bundesrat, die Einführung eines "Pacte civil de solidarité" (PACS) - einer Art "Ehe light" - zu prüfen. Zwei Postulate mit diesem Anliegen hiess die grosse Kammer mit 96 zu 83 Stimmen bei 7 Enthaltungen beziehungsweise 96 zu 82 Stimmen bei 9 Enthaltungen gut. Dagegen stellten sich CVP und SVP. Die Ehe sei keinesfalls ein Auslaufmodell, sagte Verena Herzog (SVP/TG). Yannick Buttet (CVP/VS) befand, eine Einführung des PACS sei unnötig. Justizministerin Simonetta Sommaruga sagte, der Erfolg des PACS in Frankreich zeige aber, dass dieser offenbar gewünscht werde.STRAFRECHT: Der Nationalrat hat sich als Zweitrat dafür ausgesprochen, dass der Zugang zum Strafregister mit einem entsprechenden Gesetz neu geregelt wird. Nein sagte die grosse Kammer wie schon der Ständerat zur Einführung eines Strafregisters für Unternehmen. Heute ist es nicht möglich, juristische Personen im Strafregister-Informationssystem VOSTRA einzutragen. Der Nationalrat stellte sich in dieser Frage mit 127 zu 55 Stimmen gegen den Bundesrat. Die Vorlage sei in diesem Bereich nicht ausgereift, argumentierte etwa die FDP. Der Nationalrat nahm zudem einen Antrag seiner Kommission an, wonach der Strafregistereintrag bei bestimmten schweren Gewalt- und Sexualstraftaten lebenslänglich bestehen bleibt und nur beim Tod des Täters entfernt wird. Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat.GESUNDHEIT: Der Bundesrat soll dem Parlament neue Lösungen zur Steuerung der Ärztedichte in der Schweiz vorlegen. Das fordert der Nationalrat mit einer Motion. Als Alternativen zum geltenden Ärztestopp sieht er zwei Möglichkeiten: die Aufhebung der freien Arztwahl oder die Steuerung der Ärztedichte über unterschiedliche Tarife. Stimmt auch der Ständerat der Motion der nationalrätlichen Gesundheitskommission zu, muss der Bundesrat entsprechende Vorschläge zur Änderung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) vorlegen. Der Zulassungsstopp, der seit 2001 gilt, läuft Mitte 2016 aus. SVP und FDP hatten in der Wintersession verhindert, dass der Ärztestopp als dauerhafte Lösung ins Gesetz geschrieben wird. Voraussichtlich wird die Regelung aber noch einmal um drei Jahre verlängert.KREBSREGISTER: Der Einführung eines nationalen Krebsregisters steht nichts mehr im Weg. Der Nationalrat räumte eine kleine formale Differenz zum Ständerat aus. Die kleine Kammer hielt an der Formulierung des Bundesrates fest, wonach die Herausgabe der Zugangsdaten für die Teilnahme an der Datenbank durch das kantonale Gesetz und nicht durch das kantonale Recht geregelt werde. Die Kommission des Nationalrats entschied sich für eine Angleichung an den Ständerat. Zur Einführung der Datenbank, die der Bundesrat vorgeschlagen hat, haben beide Kammern bereits zugestimmt. Mit dem Register sollen Krebserkrankungen künftig schweizweit einheitlich registriert werden. Erfasst werden Basisdaten zur Person, zur Diagnose und Erstbehandlung sowie zum Krankheitsverlauf.TIERSCHUTZ: Der illegale Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten soll härter bestraft werden. Der Bundesrat soll das Bundesgesetz über den Verkehr mit Tieren und Pflanzen geschützter Arten so anpassen, dass die strafrechtlichen Sanktionen verschärft werden. Das verlangt eine Motion von Guillaume Barazzone (CVP/GE), die der Nationalrat mit 122 zu 57 Stimmen annahm. Eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten sei in der ganzen Welt vom Aussterben bedroht - an Land oder im Wasser, argumentierte der Motionär. Diese Tiere würden vor allem durch die Wilderei, die Fischerei und den illegalen Handel mit diesen Arten bedroht. In der Schweiz würden der grossangelegte illegale Handel mit bedrohten Arten jedoch nur als Vergehen betrachtet oder sogar lediglich mit einer Busse geahndet. Im internationalen Vergleich seien die Höchststrafen niedrig.KRANKENKASSEN: Bei den unerwünschten Werbeanrufen von Krankenkassen sieht der Nationalrat derzeit keinen Handlungsbedarf. Er will den Bundesrat daher nicht beauftragen, die Wirkung der Selbstregulierung der Kassen zu überprüfen. Der Nationalrat lehnte ein Postulat von Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) mit 97 zu 88 Stimmen bei 4 Enthaltungen ab. Es bestünden berechtigte Zweifel am Funktionieren einer Selbstregulierung, begründete die Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) ihr Postulat, das auch der Bundesrat unterstützte. Sebastian Frehner (SVP/BS) hingegen argumentierte, es sei falsch, jetzt über die Bücher zu gehen. Das neue Krankenversicherungsaufsichtsgesetz, in dem die Selbstregulierung verankert wurde, sei noch nicht lange in Kraft. Zudem handle es sich um einen typischen Fall von Selbstregulierung.FAHRENDE: Der Bundesrat muss den Nationalrat nicht mit einem Bericht über die Resultate der Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Rahmenbedingungen von Jenischen, Sinti und Roma informieren. Die Gruppe hatte ihre Arbeit im vergangenen Jahr aufgenommen. Der Nationalrat lehnte ein entsprechendes Postulat von Barbara Gysi (SP/SG) mit 119 zu 65 Stimmen ab. "Wir müssen uns den Minderheiten im eigenen Land annehmen", begründete Gysi ihr Anliegen. Dazu gehörten auch Menschen mit einer fahrenden Lebensweise. Der Bericht solle sowohl die Thematik der fahrenden Lebensweise wie Stand- und Durchgangsplatzproblematik als auch generell die Förderung der Kultur und Sprache dieser Minderheiten beleuchten. Der Bundesrat hatte die Annahme des Postulates empfohlen.SCHULE: Der Bundesrat muss nicht in einem Bericht aufzeigen, wie Krippen und Kindertagesstätten bei fremdsprachigen Kinder das Erlernen der lokalen Sprache vor der Einschulung fördern. Der Nationalrat hat ein Postulat aus den Reihen der SP abgelehnt. Es sei allgemein bekannt, dass sich zu Beginn der Schulzeit die Schere öffne, argumentierte Mattea Meyer (SP/ZH). Verena Herzog (SVP/TG) hingegen befand, es sei kein Bericht zu diesem Thema nötig, vielmehr solle vor Ort in den Gemeinden nach Bedarf gehandelt werden. Bundesrat Alain Berset unterstützte das Postulat. Er verwies darauf, dass heute nicht bekannt sei, wie ausserschulische Kinderbetreuungsangebote den Spracherwerb förderten.Traktanden des Nationalrates für Mittwoch, 16. März, 8.00-13.00 Uhr und 15.00-19.00 UhrBern:Vereinigte Bundesversammlung: Wahl von zwei Mitgliedern ans Bundesverwaltungsgericht (16.201)Vereinigte Bundesversammlung: Bestätigung der Wahl des Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (16.203)Aktuelle Debatte zur Wirtschaftslage (16.3022, 16.3023, 16.3024, 16.3025, 15.3386, 14.4039)Unternehmenssteuerreformgesetz III (15.049)Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs. Antrag der Einigungskonferenz (15.049)Parlamentarische Vorstösse aus dem EFD