(sda) Der Rahmenkredit für die Internationale Zusammenarbeit hat am Donnerstag eine grosse Hürde genommen. Im bürgerlich dominierten Nationalrat standen markante Sparvorschläge und migrationspolitische Forderungen zur Debatte. Doch schliesslich folgte der Nationalrat dem Vorschlag des Bundesrates - wenn auch nur knapp.

Damit stehen der Schweizer Entwicklungshilfe für die Jahre 2017 bis 2020 insgesamt 11,11 Milliarden Franken zur Verfügung. Das sind laut Aussenminister Didier Burkhalter rund drei bis vier Prozent des Gesamtbudgets des Bundes. Die Ausgaben entsprechen durchschnittlich 0,48 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE).

Vor allem um diese Quote drehte sich die Debatte im Nationalrat. Im Raum standen Kürzungsanträge um 1,6 Milliarden auf 0,4 Prozent und um 430 Millionen auf 0,45 Prozent des BNE. Ebenso standen Aufstockungen auf 0,5 und 0,7 Prozent zur Diskussion. Der Ausbau wurde deutlich abgelehnt; die Kürzung auf 0,45 Prozent des BNE scheiterte knapp mit 98 zu 93 Stimmen bei 1 Enthaltung.

Bdp, Cvp, Glp, Grüne und SP stimmten geschlossen für den Vorschlag aus dem Aussendepartement. Geschlossen dagegen stimmte die SVP. Bei der FDP scherten bei der entscheidenden Abstimmungen drei Politiker aus. Die bürgerliche Allianz scheiterte mit 97 zu 93 Stimmen bei 1 Enthaltung auch bei der Forderung der SVP, Entwicklungshilfe nur zu leisten, wenn "das Empfängerland in asyl- und migrationspolitischen Belangen im Grundsatz mit der Schweiz kooperiert".

Abgelehnt hat der Nationalrat weiter die Forderungen der SVP, die Asylkosten gesamthaft der Entwicklungshilfe anzurechnen und das Osthilfegesetz zurückzuweisen.

Mehr Fokus

Noch bevor aber über die finanziellen Details beraten werden konnte, musste der Nationalrat über einen Rückweisungsantrag von CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) befinden. Sie forderte eine Fokussierung auf aktuelle geopolitische Herausforderungen.

"Die Botschaft plätschert dahin, als ob es keine Migrationskrise gäbe", kritisierte sie die Vorlage. "Business as usual" schwäche die Entwicklungszusammenarbeit langfristig. Unterstützt wurde der Antrag von der SVP. Die CVP hingegen war gespalten. Der Antrag scheiterte daher mit 103 zu 85 Stimmen bei 6 Enthaltungen.

In einem flammenden Votum für die Entwicklungszusammenarbeit warf Carlo Sommaruga (SP/GE) der CVP vor, mit ihrem Antrag zur Totengräberin der Entwicklungszusammenarbeit zu werden und die SVP in ihrem Ziel der "Nicht-Entwicklungshilfe" zu unterstützen.

Die Botschaft setze die Prioritäten genau bei den von der CVP kritisierten Punkten, namentlich bei der Katastrophenhilfe, bei Armutsrisiken, der Migration und der internationalen Sicherheit, erklärte Walter Müller (FDP/SG). Zudem sei sie das wichtigste aussenpolitische Instrument der Schweiz.

Herausforderungen werden nicht weniger

Doch mehrheitlich war die inhaltliche Debatte stark von den schwarzen Wolken am Himmel der Bundesfinanzen geprägt. "Weiter zu kürzen als vom Bundesrat vorgeschlagen heisst, unsere humanitäre Tradition nicht weiterführen zu wollen", sagte Rosmarie Quadranti (BDP/ZH). Sie warf FDP und SVP vor, angesichts des offensichtlichen Elends die Augen zu verschliessen und zu wenig helfen wollen.

Für die SVP tatsächlich eine Option: "Entwicklungshilfe ist eben keine Hilfe, sondern sie zementiert bei den Empfängern eine Nehmerhaltung und verfehlte Strukturen", sagte Roger Köppel (SVP/ZH). Entwicklungshilfe für Afrika sei Unsinn. Gemäss dem hehren Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der Völker "sollte man Afrika sich selbst überlassen, damit Afrika sich selber hilft".

Namens der Aussenpolitischen Kommission erinnerte Claudia Friedl (SP/SG) daran, dass dies keine Option ist. Die Bundesverfassung verlange, dass sich die Schweiz für Frieden, weniger Armut, mehr Achtung der Menschenrechte, eine bessere Umwelt und mehr Demokratie in der Welt einsetzen soll.

Die internationale Zusammenarbeit sei derzeit eine grosse Herausforderung - und sie werde es "angesichts der Verknappung der Ressourcen, der Auswirkungen des Klimawandels, korrupter Regierungen und kriegerischer Auseinandersetzungen in absehbarer Zeit auch bleiben". Die Entwicklungszusammenarbeit könne nicht die Folgen verfehlter Politik kompensieren, aber sie könne Leid vermeiden und Chancen schaffen.

Ruf der Schweiz in Gefahr

Sibel Arslan (Grüne/BS) rief ihren Kolleginnen und Kollegen den guten Ruf in Erinnerung, den die Schweiz für ihre Entwicklungshilfe international geniesse. "Sie engagiert sich nachhaltig und zieht sich nicht vorschnell zurück." Es sei aber kein Geheimnis, dass die Entwicklungshilfe auch den Interessen der Schweiz diene.

"Die Schweiz ist eine absolute Globalisierungsgewinnerin. Wir zählen zu den reichsten Ländern der Welt", sagte Tiana Moser (GLP/ZH). Deshalb sei es für die GLP absolut selbstverständlich, "dass wir einen angemessenen Beitrag zur Bekämpfung von Armut und zur Linderung von Not auf dieser Welt leisten."

Aussenminister Didier Burkhalter zeichnete in seinem Plädoyer für die Entwicklungszusammenarbeit ein Bild einer Welt, wo Krisen heute lange dauern, wo Flüchtlinge nicht mehr Monate, sondern Jahre in Flüchtlingslagern leben müssten, obwohl ihr grösster Wunsch sei, nach Hause zurückzukehren.

Da brauche es Entwicklungs- nicht mehr nur Nothilfe. Es brauche Schulen und Wasserversorgung, sagte Burkhalter. "Man muss über den Rand der Botschaft in die Welt hinaus schauen."

Strategischer Rahmen stecken

Angesichts der Kürzungsvorschläge betonte Burkhalter wiederholt, dass es bei der Debatte um den Rahmen für das Engagement der Schweiz in Ländern gehe, in welchen Krieg und Not herrscht. Es gehe nicht um die konkreten Ausgaben. Diese würden jedes Jahr bei der Budgetdebatte beschlossen.

Dem Parlament stehe es dann jeweils frei, wieder zu kürzen wie vom vergangenen auf das laufende Jahr, als 116 Millionen Franken bei der Entwicklungshilfe eingespart wurden. Er erinnerte daran, dass die Entwicklungshilfe 587 Millionen zum Stabilisierungsprogramm beitrage. Zugleich stehe es dem Parlament frei, die Mittel zu erhöhen. Für den Bundesrat bleibe das UNO-Ziel von 0,7 Prozent öffentlicher Entwicklungshilfe ein strategisches Ziel.

Der Rahmenkredit zu den fünf Aufgabenbereichen der Internationalen Zusammenarbeit geht nun an den Ständerat.

Abgelehnt hat der Nationalrat zudem