(sda) Die Bestimmungen zu Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen für Ausländer und Ausländerinnen aus Drittstaaten sollen verschärft werden. Der Ständerat hat am Dienstag eine Standesinitiative des Kantons St. Gallen knapp angenommen.

Konkret fordert die Initiative eine Verschärfung der bundesgesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Erteilung, Verlängerung sowie des Widerrufs von Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen für Ausländer und Ausländerinnen aus Ländern ausserhalb des EU- oder EFTA-Raums.

Sie verlangt mehr Verbindlichkeit und eine bessere Durchsetzung des Rechts bei Integration, Sozialhilfe, Schulpflichten und strafrechtlichen Massnahmen.

Der Kanton illustriert sein Anliegen mit dem öffentlich bekannt gewordenen Fall einer bosnischen Familie im Kanton St. Gallen. Diese sei ungenügend integriert, lebe seit Jahren von der Sozialhilfe und kooperiere nicht mit den verschiedenen Behörden, heisst es im Initiativtext. Die Eltern hätten zudem mehrfach vor Gericht gestanden.

Laut dem Migrationsamt des Kantons St. Gallen sei ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung dieser Familie aufgrund des aktuellen Ausländergesetzes jedoch nicht möglich. Dies sei auch für den Kantonsrat des Kantons St. Gallen "absolut unverständlich".

Denn er sei davon ausgegangen, dass die Integrationskriterien so festgelegt würden, dass "gescheiterte" und "verweigerte" Integration zu einer Sanktion mit Entzug der Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligung führe. Hier bestehe politischer Handlungsbedarf.

"Überflüssig"

Die Staatspolitische Kommission des Ständerates hatte sich knapp gegen die Standesinitiative ausgesprochen. Sie war der Ansicht, dass die Anliegen mit dem revidierten Ausländer- und Integrationsgesetz weitgehend erfüllt seien, welche das Parlament im Dezember 2016 verabschiedet hatte.

Einzig eine Forderung in Bezug auf die Sozialhilfe sei noch nicht erfüllt. Die Initiative fordert, ein Widerruf der Aufenthaltsbewilligung müsse zulässig sein, wenn eine Ausländerin oder ein Ausländer dauerhaft und in erheblichem Ausmass auf Sozialhilfe angewiesen sei. Diese Thema werde aber derzeit von der Staatspolitischen Kommission behandelt, sagte Kommissionssprecher Raphaël Comte (FDP/NE).

Die Standesinitiative renne offene Türen ein, sagte auch Philipp Müller (FDP/AG). Das Parlament feile seit Jahren an den Gesetzen herum, doch das bringe nicht die Lösung zu den genannten Problemen. Massgebend sei die Praxis, und diese obliege den Kantonen.

Das wichtigste Gut in der Rechtssetzung sei die Rechtssicherheit. Wenn das Parlament die Gesetze ständig anpasse, schaffe dies Unsicherheit, sagte Hans Stöckli (SP/BE). "Wir können doch nicht die gesamte Gesetzesmaschinerie schon wieder in Gang setzen." Das revidierten Ausländer- und Integrationsgesetz sei noch gar nicht in Kraft.

Gesetzeslücken

Eine knappe Mehrheit des Rats folgte jedoch der Argumentation der Kommissionsminderheit. Diese hatte beantragt, der Initiative Folge zu geben.

Es bestünden nach wie vor Lücken zwischen dem revidierten Ausländergesetz und der Standesinitiative, sagte Karin Keller-Sutter (FDP/SG). Hier gebe es gesetzgeberischen Handlungsbedarf. "Das Volk versteht nicht, wenn einzelne Personen sich bewusst einer Integration verweigern."

Der Ständerat sprach sich mit 21 zu 19 Stimmen für die Initiative aus. Diese geht nun an den Nationalrat.