(sda) Die Anti-Rassismus-Strafnorm soll künftig auch die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung unter Strafe stellen, nicht aber die Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität. Der Ständerat ist dem Nationalrat am Mittwoch nur teilweise gefolgt.

Die Gesetzesänderung, die zur Diskussion stand, geht zurück auf eine parlamentarische Initiative von Mathias Reynard. Der Walliser SP-Nationalrat hatte vorgeschlagen, den Anti-Rassismus-Artikel um die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung zu ergänzen. Damit sollen homo- und bisexuelle Personen geschützt werden.

Grobe Keule

Im Ständerat bot bereits diese Erweiterung Anlass für eine Diskussion unter Juristen: Andrea Caroni (FDP/AR) sprach sich dagegen aus: Das Strafrecht sei eine zu grobe Keule für solche Fälle, sagte er. Caroni warnte, dass sonst möglicherweise auch noch die Diskriminierung aufgrund der Sprache, der Nationalität oder des Geschlechts unter Strafe gestellt werden könnte. "Das hört nie auf."

Caroni berief sich auch auf die Meinungsäusserungsfreiheit. In diesem Punkt widersprach ihm Claude Janiak (SP/BL): Es gehe um Aufrufe zu Hass und Diskriminierung, das habe mit Meinungsäusserungsfreiheit nichts zu tun. Der Stammtisch sei nicht in Gefahr, sagte Janiak. "Sie dürfen weiterhin Witze über Schwule machen." Man dürfe aber keinen Hass säen.

Daniel Jositsch (SP/ZH) erinnerte daran, dass die gleichen Befürchtungen bei der Einführung der Anti-Rassismus-Strafnorm laut geworden seien. Trotzdem müsse man heute nicht für jede dumme Äusserung ins Gefängnis. "Das, was Caroni befürchtet, wird nicht eintreten."

Zu unbestimmt

Das sah die Mehrheit des Ständerats grundsätzlich gleich. Der Nationalrat hatte jedoch zusätzlich zur sexuellen Orientierung auch noch die Geschlechtsidentität in die Bestimmung aufgenommen. Damit würde die Diskriminierung wegen einer Transidentität oder Intergeschlechtlichkeit unter Strafe gestellt.

Die Erweiterung war schon in der vorberatenden Ständeratskommission heftig umstritten gewesen, der Entscheid fiel mit Stichentscheid des Präsidenten. Im Plenum sprach sich Thomas Hefti (FDP/GL) dagegen aus.

Im Gegensatz zur sexuellen Orientierung sei die Geschlechtsidentität nicht klar fassbar. Diese entspringe einem individuellen und zutiefst privaten Gefühl, das unabhängig vom biologischen Geschlecht und der sexuellen Orientierung bestehe. "Es gibt keine klare Grenze für den Umfang der Geschlechtsidentität", sagte Hefti.

Gift fürs Strafrecht

Strafrechtliche Normen und Begriffe müssten bestimmt und klar definiert sein. Alles andere sei "Gift für das Strafrecht." Da die Geschlechtsidentität nicht klar fassbar sein, habe sie im Strafgesetzbuch nichts zu suchen. Das ist auch die Auffassung des Bundesrats, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga bestätigte.

Die Mehrheit folgte diesen Argumenten und lehnte die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm um die Geschlechtsidentität mit 23 zu 18 Stimmen ab. Die Vorlage geht damit zurück an den Nationalrat.

Ganz schutzlos sind homosexuelle und bisexuelle Personen sowie Transmenschen und Menschen mit einer Geschlechtsvariante heute nicht. Geschützt wird insbesondere die persönliche Ehre - wenn sich die ehrverletzende Äusserung auf einzelne, konkrete Personen beziehe. Die neue Regelung würde jedoch auch Äusserungen erfassen, mit denen eine grosse Gruppe als Ganze aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität herabgewürdigt wird.