(sda) Ausländische Arbeitgeber, die Angestellte in die Schweiz entsenden, sollen diesen Mindestlöhne nach kantonalen Gesetzen zahlen müssen. Der Nationalrat hat am Donnerstag eine Motion von Ständerat Fabio Abate (FDP/TI) an den Bundesrat überwiesen.

Die Regierung muss nun das Entsendegesetz ändern. Abate hatte seinen Vorstoss mit der Annahme einer kantonalen Volksinitiative begründet. In der Tessiner Verfassung ist seither der Anspruch auf einen Mindestlohn verankert.

Das Gesetz zur Umsetzung sieht einen Mindestlohn zwischen 18.75 und 19.25 Franken pro Stunde vor. Abate argumentierte, auch ausländische Firmen, die Personal ins Tessin entsandten, müssten zur Einhaltung dieser Mindestlöhne verpflichtet werden können. Er verwies auf die Situation auf dem Tessiner Arbeitsmarkt.

Heute schreibt das Entsendegesetz vor, dass die Arbeitgeber den Entsandten jene Lohnbedingungen garantieren müssen, die im Bundesrecht, in allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen und Normalarbeitsverträgen vorgeschrieben sind. An kantonale Gesetze sind sie nicht gebunden.

Keine Kompetenz für Erweiterung

Der Nationalrat nahm den Vorstoss mit 97 zu 87 Stimmen bei 2 Enthaltungen an, gegen den Willen seiner Kommission und des Bundesrates. Aus Sicht der Regierung widerspricht die Aufnahme der kantonalen Mindestlöhne ins Entsendegesetz dem Geltungsbereich der kantonalen Gesetze.

Gemäss der Botschaft des Regierungsrats des Kantons Tessin zum neuen Mindestlohngesetz gilt dieses nur für jene Arbeitnehmenden, die gewöhnlich im Tessin ihrer Arbeit nachgehen. Die gelegentlich im Tessin Tätigen sind ausgenommen. Der gleiche Wortlaut finde sich im Gesetz des Kantons Neuenburg, hielt der Bundesrat fest. Der Bund habe keine Kompetenz, den Geltungsbereich von kantonalen Mindestlohngesetzen zu erweitern.

Kontraproduktive Wirkung

Zudem verfolgten die Mindestlöhne in den Kantonen den Zweck, die Armut zu bekämpfen, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Gemäss einem Bundesgerichtsurteil seien sie nur als sozialpolitische Massnahme mit Bundesrecht vereinbar.

Es sei aber nicht im Sinne der sozialpolitischen Massnahmen, den Mindestlohn auf Entsandte anzuwenden. Kantonale Mindestlöhne seien oft tief angesetzt, gab Parmelin zu bedenken. Damit könnte der Vorstoss kontraproduktiv wirken.

Für die Motion sprach sich Dominique de Buman (CVP/FR) aus. Gipser und Maler beispielsweise litten unter den Tieflöhnen der Entsandten, sagte er. Das Parlament sollte die konkreten Probleme der Leute im Alltag beim Lohnschutz ernst nehmen, auch mit Blick auf ein Rahmenabkommen mit der EU.