(sda) IV-Rentnerinnen und -Rentner sollen für ihre Kinder nicht weniger Geld erhalten. Der Nationalrat verzichtet in neuer Zusammensetzung nach den Wahlen darauf, die Kinderrenten um einen Viertel zu senken.

Im Ständerat war eine Kürzung chancenlos gewesen. Am Dienstag ist der Nationalrat nun mit 134 zu 51 Stimmen bei 5 Enthaltungen dem Ständerat gefolgt, gegen den Willen seiner Kommission. Eine Kürzung der Kinderrenten von 40 auf 30 Prozent einer IV-Rente ist damit vom Tisch.

Der Nationalrat hält jedoch daran fest, die Kinderrenten umzubenennen. In der ersten Beratungsrunde hatte er beschlossen, sie in "Zulage für Eltern" umzutaufen. Der Ständerat blieb beim heutigen Begriff "Kinderrenten". Nun schlägt der Nationalrat "Zusatzrente für Eltern" vor. Aus Sicht der Mehrheit ist der heutige Begriff missverständlich. Die Vorlage geht mit dieser Differenz zurück an den Ständerat.

Nur noch die SVP dafür

In der ersten Beratungsrunde hatten neben der SVP und der FDP auch die Mehrheit der Vertreter der Mitteparteien für eine Kürzung der Kinderrenten gestimmt. Nun war nur noch die SVP dafür. Verena Herzog (SVP/TG) wies "die Neuen im Rat" darauf hin, dass die IV noch nicht saniert sei. Die Invalidenversicherung müsse entlastet werden.

Die Gegnerinnen und Gegner einer Kürzung argumentieren, ein Teil der IV-Rentnerinnen und -Rentner werde bereits mit dem Übergang zu einem stufenlosen Rentensystem finanziell schlechtergestellt. Ihnen sollten nicht auch noch die Kinderrenten gekürzt werden.

Zudem habe sich seit der letzten Beratung im Nationalrat gezeigt, dass Familien mit Kinderrenten und Ergänzungsleistungen weniger Geld zur Verfügung hätten als vergleichbare Familien ohne Kinderrenten und Ergänzungsleistungen. Die Ständeratskommission hatte dies von der Bundesverwaltung berechnen lassen.

Ab 55 Jahren keine Kürzung

Einig sind sich die Räte auch in der Frage, ab welchem Alter beim Übergang zum stufenlosen Rentensystem die Besitzstandwahrung gelten soll: Rentnerinnen und Rentner müssen ab 55 Jahren keine Rentenkürzung in Kauf nehmen. Der Nationalrat hatte sich in der ersten Beratungsrunde für eine Grenze von 60 Jahren ausgesprochen. Nun folgte er mit 120 zu 66 Stimmen dem Ständerat.

Mit dem stufenlosen System will der Bundesrat erreichen, dass sich Arbeit für IV-Bezüger in jedem Fall lohnt. Mit dem heutigen System ist das wegen Schwelleneffekten nicht immer der Fall. Eine Vollrente soll wie heute ab einem Invaliditätsgrad von 70 Prozent zugesprochen werden. Dem haben beide Räte bereits zugestimmt.

Schlechter weg kommen mit dem stufenlosen System Personen mit einem Invaliditätsgrad zwischen 60 und 69 Prozent, die heute eine Dreiviertelsrente erhalten. Verbesserungen gibt es für Personen mit einem Invaliditätsgrad zwischen 40 und 59 Prozent.

Tonaufnahmen archivieren

Neue Regeln sind auch zu den Gutachten geplant. Hier folgte der Nationalrat ebenfalls dem Ständerat. Das Ziel sind bessere Grundlagen für beide Seiten bei Streitigkeiten.

Der Nationalrat wollte zunächst im Gesetz verankern, dass Interviews zwischen dem Versicherten und dem Gutachter protokolliert und in die Akten aufgenommen werden, sofern der Versicherte es nicht anders bestimmt.

Nun beschlossen die Räte aber, auf die Protokollierung verzichten. Die Interviews sollen stattdessen in Form von Tonaufnahmen in die Akten aufgenommen werden.

Jugendliche und psychisch Kranke

Unbestritten war im Parlament die Stossrichtung der Reform, der Fokus auf Jugendliche und psychisch Kranke. Die Zahl der Neurenten in der IV ist nach den letzten Reformen gesunken. Bei Jugendlichen und psychisch Kranken konnten die Ziele aber noch nicht erreicht werden.

Das Ziel ist nun, früher einzugreifen und die Betroffenen besser zu begleiten. Ausserdem sollen Fehlanreize korrigiert werden. So soll etwa das Taggeld für junge Versicherte der Höhe eines Lehrlingslohnes angeglichen werden. Heute bekommen Jugendliche mit IV-Leistungen häufig mehr als einen üblichen Lehrlingslohn. Diesen Änderungen haben beide Räte schon zugestimmt.