(sda) Die Zahl der neuen Coronavirus-Fälle sinkt weiter. Geplant ist, dass in der ganzen Schweiz demnächst wieder alle Infizierten und ihre Kontaktpersonen aufgespürt und in Quarantäne geschickt werden. Zuständig dafür sind die Kantone.

Mit dieser Eindämmungsstrategie werde versucht, die Ausbreitung des Virus strikte zu unterbinden, sagte Daniel Koch, Delegierter des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) für Covid-19, am Freitag vor den Bundeshausmedien.

Verständnis im Kanton Zug

Der Kanton Zug hatte stets diese Strategie verfolgt. Dabei seien nach einem positiven Befund die Infizierten kontaktiert worden, um allfällige Kontaktpersonen zu identifizieren, sagte Kantonsarzt Rudolf Hauri. Diese seien dann von der Lungenliga kontaktiert worden. Infizierte und Kontaktpersonen wurden in Quarantäne geschickt.

Das Verständnis für die Massnahme sei sehr gross gewesen, sagte Hauri. Eine Verfügung sei nur in einem Fall nötig gewesen. Zug ist mit rund 126 Fällen pro 100'000 Einwohner einer von der Pandemie am wenigsten betroffenen Kantone.

Nach den Plänen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) dauert die Quarantäne zehn Tage. Das wichtigste sei nach wie vor, dass jeder und jede Einzelne versuche, das Virus nicht weiterzugeben und sich nicht anstecken zu lassen, sagte Koch. Entscheidend seien die Abstands- und Hygieneregeln.

Die Eigenschaft von Sars-CoV-2, Infizierte ansteckend zu machen bevor sie Symptome hätten, mache ein schnelles Aufspüren der Kontakte wichtig, sagte der Epidemiologe Marcel Salathé, Leiter der Expertengruppe "Digital Epidemiology", an der Medienkonferenz.

Lösungen, über Handy-Apps Kontakte aufzuspüren, gebe es schon in asiatischen Ländern, doch entsprächen sie nicht den hiesigen Vorstellungen von Privatsphäre, sagte er. Deshalb hätten sich Forschende zusammengetan, um eine Lösung zu suchen, die mit dem hiesigen Verständnis von Privatsphäre vereinbar sei.

"Alles verschlüsselt"

In der Schweiz getestet wird die App mit der Bezeichnung DP-3T. Das Kürzel steht für Decentralized Privacy-Preserving Proximity Tracing. Es handelt sich um ein Projekt eines internationalen Kollektivs, an dem auch Forscher der beiden ETH beteiligt sind.

Die Telefone, die die App installiert hätten, erstellen ein Logbuch der Kontakte mit anderen Telefonen - "alles verschlüsselt", wie Salathé betonte. Wer erkrankt sei, bekomme einen Code und könne damit seine eigene ID hochladen. "Dann schauen die anderen Geräte dezentral nach, ob sie mit diesem Gerät in Kontakt gewesen sind."

Interesse bei Google und Apple

Diese Mitteilung wird laut Matthias Egger, Präsident National Covid-19 Science Task Force, generiert, ohne dass es jemand sieht. Die Privatsphäre sei geschützt und es gebe keine direkte Anbindung an das Gesundheitssystem, sagte Salathé dazu.

Es liege an der so kontaktierten Person, ob sie die empfohlene Nummer anrufe oder nicht und so für allfällige weitere Massnahmen mit den zuständigen Stellen in Verbindung komme, sagte Salathé. Wie verbindlich es sein müsse, anzurufen, sei eine politische Frage.

Apple und Google interessieren sich laut Aussagen von Salathé für die Schweizer Lösung. Angeboten werden soll die App aber vom Bund. Eine erste Version könnte mit dem nächsten Schritt aus dem Lockdoon am 11. Mai bereit sein, eine finale Version wahrscheinlich in der zweiten Mai-Hälfte, wie er ausführte.

Parlament redet mit

Mit dem Einsatz einer Contact-Tracing-App befasst sich nächste Woche auch das Parlament. Die Staatspolitischen Kommissionen (SPK) von National- und Ständerat sind der Ansicht, dass es dafür eine gesetzliche Grundlage braucht. Weiter wollen die Kommissionen durchsetzen, dass nur Apps zum Einsatz kommen, die keine personenbezogenen Daten zentral speichern. Die Anwendung der App muss zudem freiwillig sein.

Der Bundesrat lehnt die Forderungen ab. Dezentralität und Anonymität seien schon systembedingt erfüllt, hält er fest. Die App sei zudem ein freiwilliges digitales Hilfsmittel für Massnahmen gemäss Epidemiengesetz. Damit sei die erforderliche gesetzliche Grundlage bereits vorhanden. Eine Notverordnung sei weder notwendig noch vorgesehen.