(sda) Die Räte haben das Covid-19-Gesetz zum zweiten Mal angepasst und damit auf die Entwicklungen in der Corona-Krise reagiert. Der Nationalrat stimmte der Vorlage mit 179 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu, der Ständerat einstimmig mit 42 Ja-Stimmen. Was sich nun ändert:

Wirtschaftliche Aspekte

Härtefalle: Das Härtefallprogramm wird von heute 2,5 Milliarden auf neu etwas mehr als 10 Milliarden Franken aufgestockt. Wie heute gilt ein Unternehmen als Härtefall, wenn es einen Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent verzeichnet oder während mehr als 40 Tagen behördlich geschlossen wurde. Das Parlament hat die Frist für die Unterstützung von Neugründungen von März auf den Oktober 2020 verschoben. Das heisst, dass auch spätere Neugründungen berücksichtigt werden können.

Grossunternehmen: Grössere Betriebe erhalten neu À-fonds-perdu-Beiträge im Umfang von maximal 10 statt 5 Millionen Franken. Solche "Härtefälle im Härtefall", wie Finanzminister Ueli Maurer die neue Regel nannte, müssen Papiere einreichen, mit denen sie belegen, dass sie mindestens 40 Prozent des Betrags als Eigenleistung beisteuern. Wer das Maximum von 10 Millionen Franken erhalten will, hat zu belegen, dass er noch 2 Millionen Franken Eigenkapital einbringt. Er erhält also zusätzlich 5 Millionen Franken und muss davon 2 Millionen Franken selber einbringen. Die unterstützten Unternehmen sind verpflichtet, im Falle eines Gewinns die Summe zurückzuerstatten sowie während drei Jahren auf Dividenden zu verzichten.

Selbstständige: Der Erwerbsersatz für Selbstständigerwerbende wird ausgeweitet. Demnach gelten künftig Personen als massgeblich eingeschränkt, die in ihrer Unternehmung eine Umsatzeinbusse von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum durchschnittlichen Umsatz in den Jahren 2015 bis 2019 haben. Heute ist ein Umsatzminus von mindestens 40 Prozent massgebend.

Veranstaltungen: Festivals, Messen und weitere Publikumsanlässe können zusätzlich unterstützt werden. Die Veranstalter können mit einem Gesuch beim Bund die Abgeltung ungedeckter Kosten für Veranstaltungen verlangen, die zwischen dem 1. Juni 2021 und dem 30. April 2022 hätten stattfinden sollen. Der Bund entschädigt jedoch nur Veranstaltungen "von überkantonaler Bedeutung", sofern die Kantone die Hälfte des Ausfalls übernehmen. Die Unterstützung von regionalen und lokalen Veranstaltungen ist Sache der Kantone.

Kurzarbeit: Personen mit tiefen Löhnen erhalten bei Kurzarbeit bis Ende Juni 2021 den vollen Lohn entschädigt. Im aktuellen Gesetz wäre die Massnahme Ende März 2021 ausgelaufen. Zudem wird die Anzahl Taggelder für versicherte Personen um 66 Taggelder für die Monate März bis Mai 2021 erhöht. Das gilt für alle jene, die am 1. März noch anspruchsberechtigt sind.

Sport: Profisportklubs müssen nicht mehr zwingend Lohnkürzungen vornehmen, um an À-fonds-perdu-Beiträge zu kommen. Wer die Regeln für Lohnkürzungen nicht einhält, erhält aber maximal die Hälfte der Ausfälle der Ticketeinnahmen zurückerstattet. Generell darf bei unterstützten Klubs die Gesamtlohnsumme während fünf Jahren höchstens im Umfang der Erhöhung des Landesindexes der Konsumentenpreise steigen. Für Klubs, die in eine höhere Liga aufsteigen, kann der Bundesrat Ausnahmen vorsehen.

Kitas: Von den Corona-Finanzhilfen für die familienergänzende Kinderbetreuung profitieren rückwirkend auch im Frühjahr 2020 geschlossene Institutionen, die vom Kanton oder von der Gemeinde Subventionen erhalten oder von der öffentlichen Hand betrieben werden. Bisher wurden nur private Kitas unterstützt.

Kultur: Die Obergrenze für Beiträge an Kultur und Kulturschaffende wird gestrichen. So vergrössert sich der Spielraum, sollten Nachtragskredite nötig werden. Zudem sollen auch freischaffende Künstler Ausfallentschädigungen erhalten können.

Medien: Der Bund kann auch private Radio- und Fernsehunternehmen mit Mitteln aus der Abgabe für Radio und Fernsehen unterstützen.

Politische Aspekte

Strategie: Im Gesetz sind verschiedene Grundsätze verankert, auf die der Bundesrat künftig seine Corona-Politik stützen muss. So hat die Regierung ihre Strategie auf "die mildest- und kürzestmögliche Einschränkung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens" auszurichten. Vor möglichen Schliessungen sollen Bund und Kantone sämtliche Möglichkeiten von Schutzkonzepten, von Test- und Impfstrategien sowie der Kontaktverfolgung ausschöpfen. Der Bundesrat soll zudem "vorbildlichen" Kantonen Erleichterungen der Corona-Massnahmen gewähren. Künftig muss der Bundesrat zudem die Kantonsregierungen in die Erarbeitung der Massnahmen miteinbeziehen.

Impfpass: Das Gesetz liefert die Grundlage für die Ausstellung eines Impf-, Test- oder Genesungsnachweises. Der Nachweis soll persönlich, fälschungssicher und unter Einhaltung des Datenschutzes überprüfbar sein. Zudem soll er so ausgestaltet werden, dass nur eine dezentrale oder lokale Überprüfung der Authentizität und Gültigkeit von Nachweisen möglich ist. Ein solcher Pass soll möglichst auch für die Ein- und Ausreise in andere Länder verwendet werden können. Der Bundesrat ist daran, die offenen Fragen detailliert zu regeln.

Inlandproduktion: Der Bundesrat erhält mit dem Gesetz die Grundlage, wichtige medizinische Güter selber herstellen zu lassen. Er soll auch die Finanzierung der Herstellung regeln. Damit soll die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen medizinischen Gütern gewährleistet werden.

Quarantäne: Personen, die sich gegen Covid-19 geimpft haben, werden von allfälligen Quarantänemassnahmen befreit. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.

Volksrechte: Ab sofort können nicht nur bei Referenden, sondern auch bei Volksinitiativen die gesammelten Unterschriften auch ohne Stimmrechtsbescheinigung innerhalb der Fristen eingereicht werden.