(sda) Strafverfolgung: Ermittlungsbehörden sollen aus DNA-Spuren von Tatorten mehr Informationen herauslesen dürfen als heute. Der Nationalrat hat am Dienstag Änderungen im DNA-Profil-Gesetz und in der Strafprozessordnung zugestimmt. Kern der Vorlage sind gesetzliche Grundlagen für die sogenannte Phänotypisierung. Neu sollen aus DNA-Profilen nicht nur das Geschlecht, sondern auch Hinweise auf äusserliche Merkmale wie beispielsweise Haar- und Augenfarbe oder die biogeografische Herkunft herausgelesen werden können. Die Ratslinke hätte für die Phänotypisierung engere Schranken gewollt, unterlag aber mit allen Minderheitsanträgen. Das Geschäft geht an den Ständerat.

Asylgesetz: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) soll die Möglichkeit erhalten, Handys, Tablets und andere elektronische Datenträger von Asylsuchenden auszuwerten. Wenn die Identität, die Nationalität oder der Reiseweg eines Asylsuchenden aufgrund der Identitätsausweise oder auf andere Weise nicht festgestellt werden kann, sollen die Daten den Behörden vorübergehend zur Auswertung ausgehändigt werden müssen. Der Nationalrat hat mit 123 zu 65 einer entsprechenden Vorlage zugestimmt. Gegen die Auswertung von elektronischen Daten stellten sich SP und Grüne. Sie bezweifelten den Nutzen der Massnahme und gaben zu bedenken, dass mit diesem Vorgehen das Recht auf Privatsphäre verletzt werde. Das Geschäft geht an den Ständerat.

Staatsverträge: Völkerrechtliche Verträge, die aufgrund ihrer Bedeutung auf der gleichen Stufe wie die Bundesverfassung stehen, sollen nicht automatisch dem obligatorischen Referendum unterstehen. Der Nationalrat ist mit 140 zu 50 Stimmen bei 1 Enthaltung nicht auf eine entsprechende Vorlage eingetreten. Die Ja-Stimmen kamen aus der SVP-Fraktion. In der Schweiz gilt für die meisten völkerrechtlichen Verträge das fakultative Referendum. Der Vertrag ist in diesen Fällen mit dem Volksmehr angenommen. Beim obligatorischen Referendum wird ein Vertrag hingegen automatisch Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet. Das Geschäft geht zurück an den Ständerat. Er hat in der vergangenen Herbstsession der Verfassungsänderung zugestimmt.

Einbürgerungen: Der Bundesrat soll in einem Bericht darlegen, in welchen Kantonen bei Einbürgerungsverfahren die Gespräche protokolliert werden und in welchen nicht. Der Nationalrat hat ein entsprechendes Postulat mit 122 zu 54 Stimmen bei einer Enthaltung an den Bundesrat überwiesen. Geschlossen gegen den Vorstoss votierte die SVP-Fraktion. Der Bundesrat empfahl die Annahme des Vorstoss. Das Geschäft geht an den Bundesrat.

Familienpolitik: Die Verweigerung des Besuchsrechts für nicht sorgeberechtigten Väter und Mütter bei ihren Kindern soll ein Straftatbestand werden. Der Nationalrat hat eine Motion von Philippe Nantermod (FDP/VS) unterstützt. Persönliche Beziehungen zu beiden Elternteilen zu unterhalten, sei ein grundlegendes Kinderrecht, das unter dem Schutz der Verfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention stehe, macht Nantermod geltend. Der Bundesrat beantragte ein Nein zur Motion. Eine Strafnorm für Väter und Mütter, die die Ausübung des Besuchsrechts verhinderten, sei schon diskutiert, aber verworfen worden, hielt er dazu fest. Die Motion geht an den Ständerat.

Arbeit: Der Nationalrat will statt der heutigen Kontingente für Angehörige von Drittstaaten, die in der Schweiz arbeiten, einen flexibleren Bewilligungsmechanismus. Dieser soll auf die Bedürfnisse der Branchen ausgerichtet sein, in denen es zu wenige inländische Arbeitskräfte gibt. Die grosse Kammer nahm dazu eine Motion aus der FDP-Fraktion an. Der Bundesrat empfahl den Vorstoss zur Ablehnung. Er will das Anliegen in einem Bericht zum Thema prüfen, den der Nationalrat im März 2020 mit der Überweisung eines Postulats von Philippe Nantermod (FDP/VS) bestellt hat, wie Justizministerin Karin Keller-Sutter ausführte. Diesem Bericht wolle der Bundesrat nicht vorgreifen. Der Vorstoss geht an den Ständerat.

Vereidigung: Der Nationalrat hat ein neues Mitglied. Der Walliser Michael Graber (SVP) hat seinen Amtseid abgelegt. Er tritt die Nachfolge von Franz Ruppen (SVP) an. Graber ist 39-jährig, Rechtsanwalt und Notar und gehört der Stadtregierung von Brig-Glis an. Ruppen trat zurück, nachdem er Ende März in die Walliser Kantonsregierung, den Staatsrat, gewählt worden war.

Die Traktanden des Nationalrats für Mittwoch, 5. Mai (08:00 bis 13:00 und 15:00 bis 19:00):

Bern Motion zur Sicherung von Investitionen in unterirdische Infrastrukturen (19.4059)
Volksinitiative "Organspende fördern - Leben retten" und Änderungen des Transplantationsgesetzes als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative (20.090)
Parlamentarische Vorstösse aus dem EDI