(sda) Die Legalisierung der Eizellenspende nimmt eine erste Hürde: Der Nationalrat hat am Donnerstag einer Motion seiner Wissenschaftskommission zugestimmt. Demnach soll die Eizellenspende für Ehepaare möglich sein, bei welchen der Unfruchtbarkeitsgrund bei der Frau liegt.

Der Vorstoss mit dem Titel "Kinderwunsch erfüllen, Eizellenspende für Ehepaare legalisieren" erreichte wie in der vorberatenden Kommission auch in der grossen Kammer eine komfortable Mehrheit. Der Entscheid dafür fiel mit 107 zu 57 Stimmen bei 16 Enthaltungen.

Stimmt auch der Ständerat dem Vorstoss zu, muss der Bundesrat die gesetzlichen Grundlagen und die Rahmenbedingungen für die Eizellenspende schaffen. Dazu muss er eine Roadmap vorlegen, die alle offenen Fragestellungen zum Sachverhalt thematisiert.

Aktuell sind neben der Eizellenspende in der Schweiz anonyme Samenspenden und die Leihmutterschaft verboten. In Westeuropa kennen nur noch die Schweiz und Deutschland ein Verbot der Eizellenspende.

"Exotenstatus" beenden

Vor fünf Jahren hatte das Parlament einen Vorstoss zur Legalisierung der Eizellenspende abgeschrieben. Auslöser für die neuerliche Debatte war eine parlamentarische Initiative von Nationalrätin Katja Christ (GLP/BS), die nun zugunsten der Kommissionsmotion sistiert wurde. Grund dafür ist, dass die Verwaltung bei der Überweisung des Vorstosses mit der Ausarbeitung einer Vorlage beauftragt würde.

Die Befürworter einer Legalisierung machen geltend, es sei nicht einsehbar, weshalb die Samenspende legal und geregelt sei, die Eizellenspende aber nicht. Mit einer Lockerung der Bestimmungen über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung soll erreicht werden, dass unfruchtbare Paare mit Kinderwunsch auch in der Schweiz Zugang zu entsprechenden Behandlungen haben. Heute gehen viele Betroffene ins Ausland, um ihren Kinderwunsch zu erfüllen.

"Das momentane Verbot führt zu einer inakzeptablen Ungleichbehandlung", fasste Kommissionssprecher Thomas Brunner (GLP/SG) die Haltung der Mehrheit zusammen. Es sei nun höchste Zeit, die veraltete Regelung in eine zeitgemässe Lösung zu überführen und den "Exotenstatus" der Schweiz zu beenden.

Auch die Mehrheit der Nationalen Ethikkommission (NEK) ist der Ansicht, dass das Verbot der Eizellenspende in Anbetracht der Zulässigkeit der Samenspende diskriminierend sei und sich auf eine fragwürdige naturalistische Rechtfertigung stütze.

Warnung vor voreiligem Entscheid

Gegen die gesellschaftspolitische Reform stellten sich im Nationalrat die Vertreterinnen und Vertreter der SVP- sowie Teile der Mitte-Fraktion. Die Kritiker haben vor allem ethische, aber auch medizinische Bedenken. Im Unterschied zur Samenspende stelle die Eizellenspende einen körperlich invasiven und potenziell gesundheitsgefährdenden Eingriff dar, sagte Minderheitssprecher Alois Huber (SVP/AG).

Zudem bezweifeln die Gegnerinnen und Gegner, dass bei einer Legalisierung der Eizellenspende ausreichend Schweizerinnen zur Spende bereit wären, um die Nachfrage zu decken. So könnten Frauen aus ökonomisch unterprivilegierten Ländern für eine Spende ausgebeutet werden.

Auch der Bundesrat ist skeptisch: Er beantragte die Ablehnung der Motion mit dem Argument, die im Gesetz festgeschriebene Evaluierung des erst unlängst geänderten Fortpflanzungsmedizingesetzes sei noch nicht abgeschlossen. Erste Resultate seien im Jahr 2023 zu erwarten. Die Eizellenspende müsse im Kontext der Gesamtentwicklung beurteilt werden.

Mit der Motion befasst sich als nächstes die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats (WBK-S). Selbst bei einer raschen Behandlung dürften wohl Jahre vergehen, bis in der Schweiz legal ein Baby mit einer gespendeten Eizelle gezeugt werden dürfte. Ein Referendum und damit ein Volksentscheid wären bei einem Ja des Parlaments so gut wie sicher.