(sda) Der Nationalrat will mehr Mitbestimmung des Bundes bei der Nutzung des öffentlichen Raums vor dem Bundeshaus in Bern. Er hat am Mittwoch einer entsprechenden Forderung seines Büros oppositionslos zugestimmt.

Die vom Nationalrat angenommene Motion verlangt vom Bundesrat, Verhandlungen mit Stadt und Kanton Bern aufzunehmen. Dies mit dem Ziel, dass die eidgenössischen Räte respektive der Bundesrat, Stadt und Kanton Bern gemeinsam die Nutzung des öffentlichen Raums auf dem Bundesplatz und der "Bundesmeile" einvernehmlich regeln.

Mit der "Bundesmeile" sind die Strassen zwischen dem Hotel Bellevue im Osten des Parlamentsgebäudes und dem Bundeshaus West gemeint.

Bundeskanzler Viktor Rossi sagte im Rat, dem Bundesrat erscheine die Motion "zielführend". Er sei bereit, das Gespräch mit Stadt und Kanton Bern zu führen. Die Motion sei anzunehmen. Sie geht nun in den Ständerat.

Diskussionsplattform verlangt

Das Büro des Nationalrats schreibt im Vorstoss, die heutige Situation sei unbefriedigend. Es komme immer wieder vor, dass politische Kundgebungen, Kulturanlässe oder Sportveranstaltungen in der Nähe des Bundeshauses so laut seien, dass das Arbeiten in diesem Gebäude verunmöglicht werde.

"Es braucht eine Diskussionsplattform, die alle Akteure an einen Tisch bringt", sagte Nationalratsvizepräsidentin Maja Riniker (FDP/AG). An diesem Tisch solle der Bund seine Bedürfnisse vorbringen können.

Für das Büro des Nationalrats sei klar, dass der Bundesplatz ein öffentlicher Raum sei, der von der Öffentlichkeit genutzt werden solle. Auch sei unbestritten, dass Stadt und Kanton Bern über die Nutzung des Platzes bestimmten sollten.

"Nichtsdestotrotz geht es aus Sicht des Büros zu weit, dass die Stadt Bern praktisch allein über die Nutzung des öffentlichen Raums rund um das Bundeshaus entscheiden kann. Sie tat dies beispielsweise, als sie das Kundgebungsverbot während der Session im Jahr 2021 ohne Rücksprache mit der Verwaltungsdelegation lockerte."

Basis für den Dialog solle eine 2016 von der Bundesversammlung und der Stadt Bern unterzeichnete Übereinkunft über die Nutzung des Bundesplatzes sein.

In diesem "Memorandum of Understanding" steht unter anderem, beide Parteien seien der Auffassung, während der Session sollten Kleinstkundgebungen ohne störenden Lärm und ohne Beeinträchtigung des Zugangs zum Parlamentsgebäude möglich sein.

Maximal fünfzig Personen

Lange verbot die Stadt Bern Kundgebungen vor dem Bundeshaus während der Sessionen. 2022 lockerte die Stadtberner Regierung ihr Kundgebungsreglement nach einem Beschluss des Berner Stadtparlaments von 2021. Seither sind Kundgebungen während des Parlamentsbetriebs auf dem Bundesplatz unter bestimmten Bedingungen erlaubt.

So dürfen beispielsweise maximal fünfzig Personen teilnehmen, und es darf weder Musik noch Lautsprecher geben.

Stadt Bern will mitmachen

Der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause sagte am Mittwoch auf Anfrage, auf operativer Ebene funktioniere die Zusammenarbeit zwischen Bund und Stadt Bern in Sachen Bundesplatz und -meile schon heute sehr gut. Es könne nicht schaden, darüber hinaus ein strategisches Austauschgremium mit dem Bund zu schaffen.

Die Stadt Bern habe nämlich auch Anliegen an den Bund. So versuche sie seit zehn Jahren, die Bundesterrasse für mehr Sicherheit zu beleben - bisher ohne Erfolg. Auch würde die Stadt gern den Bundesplatz mit zusätzlichen Pollern sichern.

Vor der Lockerung des Berner Kundgebungsreglements habe die Berner Stadtregierung den Bund auf entsprechende Motionen im Stadtparlament aufmerksam gemacht. Die Stadtregierung habe diese Lockerung nicht unterstützt.

Die Vorfälle, durch welche eine Beeinträchtigung des Parlamentsbetriebs entstanden, seien in den letzten fünf Jahren an einer Hand abzuzählen gewesen, sagt der Stadtberner Gemeinderat und Mitte-Nationalrat weiter. "Möglich war der Ratsbetrieb immer."

Bei der Grosskundgebung vom 14. Juni 2023 auf dem Bundesplatz anlässlich des Frauenstreiktags bei laufender Session seien teilweise Bewilligungsauflagen verletzt worden. Auch hätten etliche Bundesparlamentarierinnen Druck aufgesetzt.