Die grosse Kammer hat das neue Investitionsprüfgesetz am Dienstag in der Gesamtabstimmung mit 142 zu 48 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen. Sie folgte zuvor allen Anträgen ihrer Wirtschafts- und Abgabenkommission (WAK-N).
Ziel der Vorlage ist es, kritische Übernahmen inländischer Unternehmen durch ausländische Investoren zu verhindern. Das Gesetzesprojekt geht auf eine Motion des Walliser Mitte-Ständerats Beat Rieder zurück. Anlass war unter anderem die Übernahme des Schweizer Agrochemie-Riesen Syngenta durch den Staatskonzern Chem China für 43 Milliarden Dollar. Das Projekt wird deshalb auch "Lex China" genannt.
Investitionskontrollen weit verbreitet
Künftig sollen ausländische Investoren in der Schweiz höhere Hürden vorfinden. Ausländische Investitionen blieben mit dem Investitionsprüfgesetz zwar grundsätzlich erlaubt, unterstünden aber neu einer Genehmigungspflicht. Bei Sicherheitsbedenken könnte der Staat intervenieren.
Die Befürworterinnen und Befürworter der neuen Bestimmungen sehen in der Investitionskontrolle ein geeignetes Instrument, um intervenieren zu können, falls der Schutz strategischer Interessen dies erfordert. Kommissionssprecherin Jacqueline Badran (SP/ZH) hielt im Namen der Mehrheit fest, dass 80 bis 90 Prozent der OECD-Länder seit Längerem Investitionskontrollen durchführten. Die Schweiz mit den höchsten Direktinvestitionen pro Kopf müsse nun nachziehen.
Laut Balthasar Glättli (Grüne/ZH) können ausländische Investitionen dazu dienen, die Situation in einem Land zu destabilisieren. Dem müsse Einhalt geboten werden. Es brauche deshalb Investitionskontrollen. "Staaten versuchen vermehrt, Finanz- und Energiegüter zu beeinflussen", sagte Cédric Wermuth (AG) als Sprecher der SP-Fraktion. Das mache auch die Schweiz verwundbar und erpressbar.
"Schützen wir die Schweizer Bevölkerung und die Schweizer Wirtschaft", gab Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS) im Namen seiner Fraktion zu bedenken. Die Vorlage sei ausgewogen. Die Schweiz dürfe nicht als Standort für Umgehungsinvestitionen dienen, sagte Kathrin Bertschy (GLP/BE). Die Grünliberalen begrüssten nach anfänglicher Kritik die Vorlage.
Mehr als eine "Lex China"
Anders als ursprünglich angedacht, soll das Investitionsprüfgesetz weit über eine "Lex China" hinausgehen. Während der Bundesrat eine im internationalen Vergleich defensive Investitionskontrolle vorgeschlagen hatte, ergänzte der Nationalrat die Vorlage in mehreren Punkten und plädierte für einen breiten Anwendungsbereich.
Konkret beschloss er mit deutlichen Mehrheiten, dass die Investitionsprüfung auch für nichtstaatliche Investoren gelten soll. Zudem wird nebst der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die Versorgung mit essenziellen Gütern und Dienstleistungen explizit als schützenswert genannt.
Weiter will die grosse Kammer den Spielraum des Bundesrats erhöhen, um nötigenfalls weitere Unternehmen der Genehmigungspflicht zu unterstellen. "Es handelt sich weiterhin um einen moderaten Entwurf", hielt Badran im Namen der Kommissionsmehrheit fest. "Ob er griffig genug ist, wird sich noch zeigen müssen."
Angst vor negativen Folgen
Gar nichts anfangen mit Investitionskontrollen konnte die FDP- und ein Teil der SVP-Fraktion. Die Gegnerinnen und Gegner zweifelten am Nutzen eines Investitionsprüfgesetzes. Vielmehr gefährde das Instrument den Wohlstand und erhöhe die Bürokratie. Hans-Peter Portmann (FDP/ZH) sprach von einem "Abbau der freien Eigentümerrechte".
"Das Gesetz schiesst über das Ziel hinaus und ist protektionistisch", sagte Marcel Dobler (FDP/SG) für seine Fraktion. Studien zeigten, dass die Investitionen mit dem Instrument einer Investitionskontrolle um bis um 16 Prozent zurückgingen. Vor allem kleine KMU wären davon negativ betroffen.
Dazu komme, dass bis heute keine ausländische Übernahme bekannt sei, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Schweiz gefährdet hätte. Bei kritischen Infrastrukturen habe die öffentliche Hand bereits die Kontrolle.
Auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin vertrat die Ansicht, dass es keine Investitionsprüfung brauche. Die Politik der Offenheit gegenüber ausländischen Investitionen sei für den Wirtschaftsstandort Schweiz und damit auch für den Wohlstand der Bevölkerung in der Schweiz von zentraler Bedeutung. Der Bundesrat halte die bisherigen Regeln für genügend.
Die Vorlage geht nun an den Ständerat.