Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte hat im Rahmen ihrer begleitenden Finanzoberaufsicht (Art. 51 Abs. 2 Parlamentsgesetz) eine grundsätzliche Beurteilung des Systems der Ruhegehälter von Magistratspersonen (Bundesrätinnen und Bundesräte, ordentlichen Bundesrichterinnen und Bundesrichtern sowie Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzlern) vorgenommen. Sie befasste sich vor allem mit dem Vollzug des Bundesgesetzes (SR 172.121) und der Verordnung der Bundesversammlung (SR 172.121.1) über Besoldung und berufliche Vorsorge der Magistratspersonen sowie der rückwirkenden Geltendmachung und nachträglichen Ausrichtung von Ruhegehältern.
Magistratspersonen haben direkt nach dem Ausscheiden aus dem Amt Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegehalt. Im Gegensatz zu einer Rente einer Pensionskasse handelt es sich beim
Ruhegehalt um eine Abgeltung für geleistete Dienste. Ein Ruhegehalt soll ein standesgemässes Leben nach dem Ausscheiden aus dem Amt ermöglichen. Es ist ein Institut sui generis und keine berufliche Vorsorge in Form einer Versicherung.
Gesetz und Verordnung enthalten keine Bestimmungen für den Fall, dass eine Magistratsperson ihren Anspruch auf die Auszahlung des Ruhegehalts nicht direkt nach dem Ausscheiden aus dem Amt geltend macht, sondern zu einem späteren Zeitpunkt eine
rückwirkende Auszahlung beantragt. Auch die Auslegung des Gesetzes und der Verordnung geben nach Auffassung der Finanzdelegation keine Anhaltspunkte für einen Anspruch auf eine rückwirkende Auszahlung.
Würde ein rückwirkender Anspruch auf ein Ruhegehalt im Einzelfall bejaht, hätte dies eine präjudizielle Wirkung für alle Magistratspersonen. Zudem käme dies dem Bezug eines angesparten Kapitals, wie dies heute im Bereich der Altersvorsorge möglich ist, gleich. Das entspräche weder dem Willen des Gesetzgebers noch der Rechtsnatur des Ruhegehalts.
Gemäss Artikel 12 Absatz 4 des Finanzhaushaltgesetzes (FHG) sind der Bundesrat und die Verwaltung zur Führung des Bundeshaushalts nach dem
Grundsatz der Sparsamkeit verpflichtet. Die Mittel des Bundes sind wirtschaftlich einzusetzen. Dies gilt auch für die Ausrichtung von Ruhegehältern an Magistratspersonen. Es dürfen deshalb nach Auffassung der Finanzdelegation nur dann Ruhegehälter ausbezahlt werden, wenn sie tatsächlich geschuldet sind.
Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat deshalb, auf eine rückwirkende Ausrichtung von Ruhegehältern für ehemalige Mitglieder des Bundesrats zu verzichten.
Der Bundesrat will die Einforderung nicht bezogener Ruhegehälter für Mitglieder des Bundesrates und für die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler, die ab 1. Juli 2020 im Amt sind, ausschliessen und dem Parlament gegebenenfalls eine Präzisierung der rechtlichen Bestimmungen vorlegen. Die Finanzdelegation begrüsst diesen Entscheid.
Solange eine ehemalige Magistratsperson ein Erwerbs- oder Ersatzeinkommen erzielt, das zusammen mit dem Ruhegehalt die Jahresbesoldung einer amtierenden Magistratsperson übersteigt, wird das Ruhegehalt um den Mehrbetrag gekürzt. Zuständig für die Berechnung und Überprüfung der Höhe des Ruhegehalts ist die für den
Vollzug der Verordnung zuständige Behörde. Im Falle von Mitgliedern des Bundesrates ist dies die Bundeskanzlei. Der Bundeskanzler hat der Finanzdelegation die Praxis der Bundeskanzlei näher dargelegt. Mit dem Ziel, sich eine Übersicht über den Vollzug der Bestimmungen über das Ruhegehalt für Magistratspersonen zu verschaffen, hat die Finanzdelegation die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) beauftragt, die Praxis der Bundeskanzlei und des Bundesgerichts näher anzuschauen.
Das Besoldungs- und Ruhegehaltssystem für Magistratspersonen basiert auf heute überholten Arbeitsmarktbedingungen und Vorsorgemöglichkeiten. Die Finanzdelegation hat eine erste Diskussion darüber geführt, wie das
Ruhegehaltssystem zeitgemäss ausgestaltet werden könnte. Sie wird das Thema weiter vertiefen.