Jedes Ratsmitglied kann Anträge, Vorstösse und parlamentarische Initiativen einreichen.

Dem Schweizer Parlamentarismus liegt ein individualistisches Repräsentationsverständnis zugrunde. Demnach soll ein Ratsmitglied nicht nur im grösseren Kollektiv einer Fraktion wirken, sondern sich auch als individuelle Repräsentantin bzw. individueller Repräsentant der eigenen Wählerschaft im Rat einbringen. Die Ratsmitglieder verfügen daher über umfassende Verfahrensrechte.

I. Antragsrecht

Die Ratsmitglieder können im Rat und in den Kommissionen Anträge einreichen (Art. 6 Abs. 2 ParlG). Diese können sich auf einen Beratungsgegenstand oder auf das Verfahren selbst beziehen. Ein Ratsmitglied kann beispielsweise beantragen, auf eine Vorlage nicht einzutreten, eine Vorlage abzuändern oder auch auf eine bereits behandelte Frage zurückzukommen oder die Tagesordnung zu ändern.

Die Ratsmitglieder müssen ihre Anträge schriftlich und in der Regel vor der Beratung des betreffenden Beratungsgegenstandes beim Rats- resp. Kommissionsekretariat einreichen (Art. 50 Abs. 1 GRN; Art. 38 Abs. 1 GRS). Je nach Rat und Behandlungskategorie im Nationalrat können sie die Anträge mündlich oder schriftlich begründen (Art. 50 Abs. 5 GRN).

II. Vorstoss- und Initiativrecht

Die Ratsmitglieder haben auch das Recht, Vorstösse und parlamentarische Initiativen einzureichen (Art. 6 Abs. 1 ParlG). Mit einem Vorstoss können sie den Anstoss für Massnahmen oder für neue Rechtsbestimmungen geben sowie Auskünfte oder Berichte verlangen (Art. 118 ff. ParlG). Parlamentarische Initiativen dienen dazu, einen Erlassentwurf (z.B. einen Gesetzesentwurf) oder die Grundzüge eines Erlasses vorzuschlagen (Art. 107 ff. ParlG).

Ratsmitglieder können – im Unterschied zu den Kommissionen – nur während der Session Vorstösse und Initiativen einreichen (Art. 119 Abs. 1 ParlG) und zwar schriftlich und unterzeichnet während der Ratssitzung beim Ratssekretariat (Art. 25 GRN; Art. 21 GRS).

Um ihren Vorstössen bzw. Initiativen ein grösseres politisches Gewicht zu geben, haben die Ratsmitglieder die Möglichkeit, sie von anderen Ratsmitgliedern mitunterzeichnen zu lassen (Art. 29 Abs. 1 GRN; Art. ​25 Abs. 1 GRS).

Quellen

  • Kompetenzverteilung zwischen Bundesversammlung und Bundesrat, Bericht der von den Staatspolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte eingesetzten Expertenkommission vom 15. Dezember 1995, BBI 1996 Il 530 f.
  • 01.401 Parlamentarische Initiative: Parlamentsgesetz (PG), Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. März 2001, BBL 2001 3481.