(sda) Die Leugnung von Völkermord soll nicht nur dann strafbar sein, wenn ein internationales Gericht den Völkermord anerkannt hat. Der Nationalrat hat am Dienstag eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel abgelehnt.

Zuerst hatte die Nationalratskommission die Initiative des Genfer SVP-Nationalrats Yves Nidegger gutgeheissen. Die Schwesterkommission des Ständerates lehnte diese aber einstimmig ab. Letzten November änderte die Nationalratskommission ihre Meinung: Sie beantragte dem Rat die Ablehnung der Initiative.

Nidegger will den Antirassismus-Artikel einschränken. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hatte die Schweiz 2015 wegen Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit des türkischen Nationalisten Dogu Perinçek verurteilt.

Das Gericht hielt im Urteil fest, dass ein internationaler Strafgerichtshof über die Frage entscheiden müsse, ob es sich bei den Massenmorden an Armeniern 1915-1917 tatsächlich um einen Genozid handle. Um den Antirassismus-Artikel anwenden zu können, müsste das heute aber auch ein Schweizer Gericht entscheiden können. Diesen Widerspruch will Nidegger mit einer Änderung der Formulierung aus der Welt schaffen.

Die Nationalratskommission kam nun zum Schluss, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil nicht die Kriminalisierung der Leugnung des Völkermords als Problem erachtet, sondern rügt, dass die Bestimmung vom Bundesgericht im konkreten Fall falsch angewendet wurde. Aus diesem Grund halte sie es nicht für angezeigt, die Bestimmung grundsätzlich infrage zu stellen, argumentiert die Kommission.

Der Tatbestand der Bestimmung verlangt nicht nur die Leugnung eines Völkermords an sich, sondern gleichzeitig einen Diskriminierungsvorsatz und einen diskriminierenden Beweggrund. Diese konnten im Fall Perinçek nicht nachgewiesen werden.

Der Nationalrat folgte seiner Kommission und lehnte die parlamentarische Initiative mit 123 zu 67 Stimmen ab. Damit ist diese vom Tisch.