(sda) Der Nationalrat will die Verjährungsfrist für Personenschäden auf 20 Jahre verlängern. Spezielle Regeln für Asbestopfer lehnt er ab. Dieses Problem wurde seiner Meinung nach mit der Gründung der Stiftung Entschädigungsfonds für Asbestopfer (EFA) gelöst.

Die Stiftung ist 2017 ins Leben gerufen worden. In der Folge beantragte die Rechtskommission des Nationalrats, die vor Jahren aufgenommenen Arbeiten am Verjährungsrecht einzustellen. Nach dem Einspruch der Schwesterkommission lenkte sie jedoch ein und legte dem Nationalrat die Revision erneut vor.

Dieser hat am Mittwoch mit 102 zu 90 Stimmen an seinem früheren Entschied festgehalten, die absolute Verjährungsfrist bei Personenschäden auf 20 Jahre zu verlängern. Damit solle auch bei Schäden, die erst lange nach dem verursachenden Ereignis erkennbar werden, der Weg an ein Gericht offenstehen.

EGMR-Urteil

Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der die heute geltende 10-jährige Verjährungsfrist als zu kurz kritisiert hatte. Nahrung erhielt die Debatte durch verjährte Ansprüche bei asbestbedingten Krankheiten. Auch die Brandkatastrophe von Gretzenbach SO von 2004, bei der sieben Feuerwehrleute starben, deckte Mängel im Verjährungsrecht auf.

Der Bundesrat hatte eine Verjährungsfrist von 30 Jahren vorgeschlagen. Das entspreche den Fristen im Gentechnikgesetz, im Kernenergiegesetz oder im Umweltrecht, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Dem Nationalrat war diese First jedoch zu lang. Für die Mehrheit stellten 20 Jahre einen Kompromiss dar. Der Ständerat hatte nämlich beschlossen, bei den geltenden 10 Jahren zu bleiben.

Strich unter Vergangenheit

Eine bürgerliche Minderheit vertrat diese Auffassung auch in der grossen Kammer. Yves Nidegger (SVP/GE) argumentierte mit der Rechtssicherheit. Nach 10 Jahren solle die Vergangenheit Vergangenheit bleiben. Das Problem der Spätfolgen neuer Technologien werde damit ohnehin nicht gelöst, sagte Pirmin Schwander (SVP/SZ). Als Beispiele nannte er nicht ionisierende Strahlen oder Nanotechnologie.

Die vom Ständerat entworfene Spezialbestimmung für Asbestopfer lehnte der Nationalrat ab. Diese sieht vor, dass die Opfer oder ihre Angehörigen ein Jahr lang Zeit haben, verjährte Ansprüche geltend zu machen.

Der Nationalrat ist der Ansicht, dass es für eine solche Regel nach der Gründung der EFA keinen Bedarf mehr gibt. Die Stiftung funktioniere, sagte Kommissionssprecher Corrado Pardini (SP/BE). Sie sei unbürokratisch und helfe den Menschen, die vom Asbest betroffen und nicht durch Versicherungen gedeckt seien.