(sda) Die Härtefallkriterien bei Ausschaffungen sind am Mittwoch im Ständerat auf Kritik gestossen. Hintergrund sind Empfehlungen der Staatsanwälte-Konferenz. Der Bundesrat zeigt sich bereit, die Kriterien anzupassen, sollten Landesverweise nicht konsequent vollzogen werden.

Die strengeren Regeln bei der Ausschaffung straffälliger Ausländer, welche das Gesetz zur Ausschaffungsinitiative vorsieht, sollen schweizweit einheitlich umgesetzt werden. Hierfür haben die kantonalen Staatsanwaltschaften im September 2016 Empfehlungen ausgearbeitet.

Im Ständerat sorgten diese am Mittwoch für Unmut. Anlass war eine Interpellation von Philipp Müller (FDP/AG). Er kritisierte, dass die Härtefallklausel, die nur als Ausnahme vorgesehen sei, nicht konsequent umgesetzt werde. In der Praxis würden viele Fälle mit Strafbefehlen erledigt, was einen Landesverweis ausschliesse.

Müller räumte ein, dass es für eine vertiefte Prüfung der Praxis noch sehr früh sei. Er verwies aber darauf, dass dem Volk eine "pfefferscharfe" Umsetzung versprochen worden sei. "Ich habe meine Zweifel, ob Staatsanwälte das Gesetz umsetzen wollen." Auch Hannes Germann (SVP/SH) sagte, die Anleitung der Staatsanwälte-Konferenz sei eine Umgehung des Volkswillens.

Sache der Justiz

Paul Rechsteiner (SP/SG) erwiderte, "pfefferscharf" sei kein Begriff der Gesetzgebung, sondern eine politische - mitunter wirksame - Kampfparole gewesen. Aufgabe des Gesetzgebers sei es, Gesetze zu erlassen. Dabei soll es nach Ansicht von Rechsteiner auch bleiben. "Aufgabe der Justiz ist es, Recht zu sprechen." Es gebe keinen Grund, auf die getroffenen Entscheide zurückzukommen.

Justizministerin Simonetta Sommaruga plädierte im Rat für Geduld. Das Gesetz sei erst seit 18 Monaten in Kraft. Zuerst müsse sich eine Rechtsprechung entwickeln. Sobald der Bund über Zahlenmaterial zur Praxis verfüge, könne er daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Bis Mitte Jahr werde das Bundesamt für Statistik erste Zahlen über rechtskräftige Urteile vorlegen.

Sommaruga versicherte, der Bundesrat verfolge die Entwicklung sehr aufmerksam. Sollte sich herausstellen, dass das Gesetz nicht wie gewünscht umgesetzt werde, könne sich der Bundesrat eine Revision der Strafprozessordnung vorstellen.