(sda) Der National- und der Ständerat haben sich beim Heimatreiseverbot für Flüchtlinge noch nicht geeinigt. Umstritten ist, ob es weiterhin Ausnahmen geben soll vom Verbot oder nicht.

Der Nationalrat möchte, dass die Flüchtlingseigenschaft bei Reisen in den Heimat- oder Herkunftsstaat in jedem Fall aberkannt wird. Aus Sicht des Bundesrates ist das mit der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zu vereinbaren. Die Nationalratsversion gehe deutlich zu weit, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga.

Der Ständerat möchte, dass Ausnahmen weiterhin möglich sind. Er beschloss am Mittwoch oppositionslos, an seiner Version festzuhalten. Es gehe beispielsweise um die Teilnahme an der Beerdigung der eigenen Kinder, sagte Kommissionssprecherin Pascale Bruderer (SP/AG). Bereits die Ständeratsversion sei ein Kompromiss.

Umkehr der Beweislast

Anders als heute wäre die Beweislast für eine unzulässige Reise künftig nicht mehr bei den Behörden. Vielmehr müsste der Flüchtling glaubhaft machen, dass er aufgrund eines Zwangs in den Heimatstaat reiste.

Dies entspricht im Kern dem Vorschlag des Bundesrates. Allerdings hatte der Bundesrat weitere mögliche Gründe im Gesetz verankern wollen. Damit hätte der Flüchtling neben Zwang auch geltend machen können, dass keine Absicht bestand, sich unter den Schutz des Heimatstaates zu stellen, oder dass der Heimatstaat keinen tatsächlichen Schutz gewährt hat. Dies hätte er ebenfalls glaubhaft machen müssen.

Nationalrat gegen Ausnahmen

Der Ständerat schränkte die Bestimmung ein. Dem Nationalrat genügte das jedoch nicht. Mit knapper Mehrheit nahm die grosse Kammer in der Herbstsession einen Antrag der SVP für eine automatische Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft an.

Wenn ein Flüchtling in sein Heimatland reise, sei er dort offensichtlich nicht gefährdet, befanden die SVP-Vertreter. Sommaruga erwiderte, so einfach sei es nicht. Es gebe Situationen, in denen Flüchtlinge wegen menschlicher Verpflichtungen das Risiko auf sich nähmen, in das Land zu reisen, in dem sie verfolgt würden.

Verbot auch für Nachbarstaaten

Anders als der Bundesrat will das Parlament, dass auch Reisen in andere Staaten als die Heimatländer verboten werden können, insbesondere in Nachbarstaaten. Dies dann, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass das Reiseverbot auf diesem Weg missachtet wird. In dem Punkt haben sich die Räte bereits geeinigt.

Der Bundesrat hatte eine solche Regelung zunächst in Betracht gezogen, nach der Vernehmlassung aber darauf verzichtet. Er kam zum Schluss, dass sie sich in der Praxis kaum durchsetzen liesse. Zudem würde sie den Besuch von nahen Familienangehörigen verunmöglichen, die sich in Nachbarstaaten aufhielten.

Besuch schwerkranker Verwandter

Das Parlament hat sich dennoch dafür entschieden. Anders als beim Reiseverbot für den Heimat- oder Herkunftsstaat wollen aber beide Räte, dass Ausnahmen vom Reiseverbot in Nachbarstaaten möglich bleiben: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) soll einer Person die Reise bewilligen können, wenn dafür wichtige Gründe vorliegen, beispielsweise der Besuch schwerkranker Verwandter.

Auch in anderen Punkten haben sich die Räte bereits geeinigt. Rückkehrhilfe soll neu auch für vorläufig aufgenommene Personen möglich sein, die kein Asylgesuch eingereicht haben, wenn sie freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren oder die Schweiz verlassen müssen. Mit der Änderung soll hauptsächlich verhindert werden, dass ein Asylgesuch nachträglich und ausschliesslich zur Erlangung der Rückkehrhilfe gestellt wird.

Weitere Änderungen begründet der Bundesrat mit der Rechtsprechung und der letzten Schengen-Evaluation. So darf die Administrativhaft künftig nur in einem ausschliesslich für diese Haftart vorgesehenen Gebäude erfolgen. Ausnahmen bleiben möglich.

Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat.