(sda) Ausländische Rednerinnen und Redner sollen weiterhin ohne Bewilligung an politischen Versammlungen in der Schweiz auftreten dürfen. Der Ständerat hat am Dienstag eine Motion aus dem Nationalrat für eine Bewilligungspflicht abgelehnt.

Kommissionssprecher Andrea Caroni (FDP/AR) rief in Erinnerung, dass die Pflicht vor 21 Jahren aufgehoben worden war. Sie habe den Geist des kalten Krieges geatmet und sich vor allem gegen linke Rednerinnen und Redner gerichtet.

Die Pflicht wieder einzuführen, wäre in den Augen der Kommission weder verhältnismässig noch zielführend. Damit würde die Meinungsäusserungsfreiheit eingeschränkt. Ohnehin könnten die Redner auf das Internet zurückgreifen.

Verbot bei Gefährdung der Sicherheit

Der Ständerat folgte seiner Kommission und verwarf den Vorstoss mit 27 zu 13 Stimmen bei 1 Enthaltung. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Auch der Bundesrat hatte sich dagegen gestellt. Justizministerin Karin Keller-Sutter stellte fest, die Behörden hätten genügend Möglichkeiten, aus Gründen der Sicherheit Auftritte zu verbieten oder Einreiseverbote zu verhängen - etwa gegen dschihadistische Hassprediger.

Keller-Sutter zeigte sich ausserdem überzeugt, dass die Gesellschaft für "Wirrköpfe" genügend robust sei. Mit einer Bewilligungspflicht wäre man schnell in der Gesinnungsprüfung. "Da begibt man sich auf glitschiges Terrain", sagte sie.

Türkische Redner als Auslöser

Der Nationalrat hatte die Motion von Daniel Fässler (CVP/AI) angenommen. Auslöser des Vorstosses waren Grossdemonstrationen von Anhängern des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland und ein geplanter Auftritt des türkischen Aussenministers in Zürich.

Im Ständerat sprachen sich Peter Hegglin (CVP/ZG) und Filippo Lombardi (CVP/TI) für die Bewilliungspflicht aus. Er sehe dies als Präventionsmassnahme gegen Radikalisierung, sagte Hegglin. Die Schwelle für Einreisesperren sei hoch.

Missbrauch verhindern

Lombardi gab zu bedenken, die Motion schlage kein Redeverbot vor. Sie gebe bloss den Behörden die Möglichkeit, die Situation zu steuern und den Missbrauch der Redefreiheit zu verhindern.

Diskriminierende Verbote stünden nicht zur Diskussion. Mit solchen habe er Erfahrung, erzählte Lombardi. Er sei in den 1980er Jahren in Malta kurz inhaftiert worden, weil er eine Rede gehalten habe. Dies, nachdem der ehemalige Staatschef Libyens, Muammar al-Gaddafi, eine Rede gehalten hatte. In der Schweiz würde eine rechtsstaatlich korrekte Regelung erlassen, sagte Lombardi.

Die Bewilligungspflicht für Rednerinnen und Redner aus dem Ausland hatte die Landesregierung 1948 beschlossen. 1998 hob der Bundesrat den Beschluss auf Empfehlung des Ständerates auf, weil die Bewilligungspflicht als überholt und verfassungswidrig betrachtet wurde. Diese Einschätzung gilt laut dem Bundesrat auch heute noch.