(sda) Bei der Totalrevision des öffentlichen Beschaffungsrechts haben sich die Räte am Mittwoch auf einen Kompromiss geeinigt. Auf Antrag der Einigungskonferenz bleibt der "Heimatschutz-Artikel" im Gesetz, jedoch unter dem Vorbehalt der internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

Die Bestimmung soll dafür sorgen, dass beim Zuschlag die Kaufkraftunterschiede in Ländern berücksichtigt werden, in welchen eine Leistung erbracht wird. Der Ständerat beharrte bisher darauf, um Schweizer KMU besser vor Konkurrenz aus Tiefpreisländern zu schützen. Einen Konflikt mit WTO-Recht nahm er dabei in Kauf.

Qualität statt Preis

Dazu war der Nationalrat nicht bereit. Er ist über drei Beratungsrunden hinweg auf dem vom Bundesrat vorgezeichneten Kurs geblieben. Da die Schweiz im Preiskampf ohnehin kaum mithalten kann, soll Qualität bei Ausschreibungen höher gewichtet werden. Deshalb sollen künftig auch Kriterien wie Zweckmässigkeit, Termine, Ästhetik oder Nachhaltigkeit des Angebots beim Zuschlag berücksichtigt werden.

Der Kompromiss nimmt beide Anliegen auf. Vor Gericht dürfte die Berücksichtigung der Kaufkraftunterschiede nicht standhalten. Finanzminister Ueli Maurer hatte wiederholt darauf hingewiesen, dass die Bestimmung "ganz klar WTO-widrig" sei.

Umstritten war auch noch die Frage der Schutzgebühren. Der Nationalrat wollte solche generell verbieten, der Ständerat sprach sich für kostendeckende Gebühren aus. Zuletzt setzte sich in diesem Punkt die kleine Kammer durch. Der Nationalrat stimmte dem Antrag der Einigungskonferenz mit 152 Stimmen bei 26 Enthaltungen zu, der Ständerat mit 28 zu 1 Stimmen bei 6 Enthaltungen.

Neue internationale Regeln

Damit ist die Totalrevision des Beschaffungsrechts bereit für die Schlussabstimmungen am Freitag. Diese ist nötig wegen einer Änderung des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA). Im gleichen Zug wird das Beschaffungsrecht von Bund und Kantonen angeglichen. Die heutigen Schwellenwerte werden beibehalten.

Die neuen Bestimmungen sollen für mehr Transparenz im Vergabeverfahren sorgen und unzulässige Wettbewerbsabreden und Korruption eindämmen. Sie regeln Arbeits- und Lohnbedingungen. Lange hatten die Räte über die Frage gestritten, ob beauftragte Firmen die Vorschriften an ihrem Sitz oder am Leistungsort einhalten müssen. Die Räte entschieden sich schliesslich für Letzteres.

Ein weiterer umstrittener Punkt war das Einsichtsrecht. Der Bundesrat wollte Ausschreibungsunterlagen der Geheimhaltung unterstellen, der Nationalrat sprach sich aber dagegen aus. Am Ende erklärte er sich einverstanden damit, die Frage nicht im Gesetz zu regeln, sondern dem Bundesrat zu überlassen.