(sda) Urheberrecht: Beim Urheberrecht nähern sich National- und Ständerat einer Einigung. Umstritten bleibt jedoch die Hotel-Abgabe. Anders als der Ständerat will der Nationalrat diese abschaffen. Er hat mit 108 zu 68 Stimmen bei 12 Enthaltungen beschlossen, an seinem Entscheid festzuhalten: Hotels, Ferienwohnungen, Spitäler und Gefängnisse sollen nicht mehr für die Verwendung öffentlicher Werke in ihren Räumen zahlen müssen, etwa das Aufstellen von TV-Geräten. Die Befürworterinnen und Befürworter wollen damit die Hotels entlasten. Die Gegnerinnen und Gegner befürchten, dass die Regelung zu Konflikten mit internationalen Bestimmungen führt. Zudem gehe sie zu Lasten der Kulturschaffenden. Geeinigt haben sich die Räte bei den Bibliotheken.

E-Id: An der E-ID scheiden sich die Geister, ein Referendum gegen das neue Gesetz ist so gut wie sicher. Grund ist vor allem der Entscheid von National- und Ständerat, dass Private die elektronische Identifizierung ausstellen sollen. Der Ständerat möchte den Gegnern dieser Lösung aber mit verschiedenen Zugeständnissen entgegenkommen. Unter anderem soll die Aufsicht durch die Schaffung einer unabhängigen Kommission gestärkt werden. Auch die Weitergabe von Daten soll eingeschränkt werden. Der Nationalrat hat diese Kompromisse allesamt abgelehnt. Justizministerin Karin Keller-Sutter hatte vergeblich dafür geworben, das Vertrauen in die E-ID zu stärken. Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat.

Föderalismus: Der Bund soll sich an der Grundfinanzierung des Kompetenzzentrums für Föderalismus der Kantone in Freiburg beteiligen. Das will der Nationalrat. Er hat mit 128 zu 47 Stimmen bei einer Enthaltung eine Motion seiner Staatspolitischen Kommission angenommen. Darüber muss nun noch der Ständerat befinden. Er dürfte zustimmen, denn er hat bereits einen anderen Vorstoss angenommen, der einen finanziellen Beitrag des Bundes am Föderalismusinstitut verlangt. Dieser Vorstoss ging dem Nationalrat zu weit. Die Nationalratskommission reichte in der Folge einen eigenen Vorstoss ein, der sich auf die Beteiligung des Bundes an der Grundfinanzierung beschränkt. Der Bundesrat stellt sich dagegen.

Islam: In einer äusserst knappen Abstimmung hat der Nationalrat sich gegen ein Anti-Islamisten-Gesetz ausgesprochen. Eine Motion der SVP verlangte unter anderem, dass die Finanzierung von Gebetshäusern aus dem Ausland verboten wird und alle Moscheen überwacht werden. Die Motion richte sich gegen die Ausbreitung des radikalen Islams in der Schweiz, sagte Walter Wobmann (SVP/SO). Er erinnerte an die Rekrutierung von Dschihadreisenden in Moscheen. Zudem bestehe die Gefahr, dass eine Parallelgesellschaft entstehe. Der Bundesrat bekämpfe alle radikalen Strömungen, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Sie erinnerte daran, dass viele Forderungen schon heute erfüllt werden könnten. Zudem seien verschiedene Gesetzesänderungen in Arbeit.

Betreibung: Böswillige Betreibungen sollen unter Strafe gestellt werden. Der Nationalrat hat eine Motion des Walliser SVP-Nationalrats Jean-Luc Addor mit dieser Forderung mit 111 zu 72 Stimmen angenommen. Addor anerkannte, dass die Möglichkeiten gegen ungerechtfertigte Betreibungen ausgeweitet worden seien. Eine gesetzliche Grundlage für strafrechtliche Sanktionen gebe es aber nicht. Missbräuchliche Betreibungen seien zwar stossend, doch es handle sich um Einzelfälle, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Diese würden im Betreibungsregister heute nicht mehr angezeigt. Der angerichtete Schaden sei damit gering. Mit den Stimmen von rechts und links kam trotzdem eine Mehrheit für die Forderung zusammen.

Wohnen: Der Bundesrat soll das Stockwerkeigentumsrecht auf Lücken und Verbesserungsmöglichkeiten hin prüfen und dem Parlament Vorschläge für Gesetzesanpassungen vorlegen. Das fordert der Nationalrat. Er hat eine Motion von GLP-Nationalrat Beat Flach (AG) mit 108 zu 63 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Diese geht nun an den Ständerat. Der Motionär wies auf einen Bericht des Bundesrates hin, der Handlungsbedarf aufgezeigt habe. In der Praxis komme es immer wieder zu Problemen mit den Stockwerkeigenumsregeln. Der Bundesrat zeigte sich mit der Motion einverstanden. Dagegen stellte sich Hauseigentümer-Präsident Hans Egloff (SVP/ZH). Die Regeln liessen den Gemeinschaften bewusst Spielraum, argumentierte er.

Konkurse: Der Nationalrat will missbräuchlichen Konkursen einen Riegel schieben. Er hat mit deutlicher Mehrheit drei Motionen dazu angenommen, zwei aus den Reihen der SP und eine aus den Reihen der FDP. Dies, obwohl der Bundesrat erst vor kurzem eine Gesetzesvorlage ans Parlament geleitet hatte. Der Nationalrat möchte dem Bundesrat nun zusätzliche Aufträge erteilen. Corrado Pardini (SP/BE) will ihn beauftragen, den Handel mit überschuldeten Gesellschaften zur Verhinderung missbräuchlicher Kettenkonkurse zu unterbinden. Olivier Feller (FDP/VD) fordert, dass gewöhnlichen Gläubigern ein unmittelbarer Haftungsanspruch gegenüber der Geschäftsleitung eines Unternehmens eingeräumt wird, das ihnen durch Verletzung ihrer Pflichten Schaden verursacht hat. Beide befanden, ihr Anliegen werde mit der Vorlage des Bundesrates nicht erfüllt. Die Vorstösse gehen nun an den Ständerat.

Migration: Der Nationalrat will den Bundesrat nicht beauftragen, auf internationaler Ebene darauf hinzuwirken, dass legale und sichere Flucht- und Migrationskorridore eingerichtet werden. Er hat eine Motion der SP-Fraktion mit 127 zu 63 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Diese argumentierte, die Flüchtlingstragödie sei nicht gelöst, sondern nur verlagert worden. Mit Repression allein sei die Herausforderung nicht zu bewältigen. Sprecher Carlo Sommaruga (SP/GE) wies auf die Dramen im Mittelmeer hin. Asylministerin Karin Keller-Sutter sagte, auch der Bundesrat sei besorgt. Die einzige Antwort sei aber die Reform des Dublin-Systems, die leider blockiert sei. Ausserdem beteilige sich die Schweiz an Relocation- und Resettlement-Programmen. Auch habe sie zugesagt, Flüchtlinge aus Lagern in Libyen zu übernehmen.

Zivilstand: Der Nationalrat will den Bundesrat nicht damit beauftragen, eine Gesetzesgrundlage zu schaffen, damit Kantone Zivilstandsfälle wie Geburten, Todesfälle, Trauungen und Eintragungen von Partnerschaften veröffentlichen können. Er hat eine Motion von David Zuberbühler (SVP/AR) abgelehnt. Zuberbühler forderte dies, weil bei der Revision der Zivilstandsverordnung ein Artikel dazu gestrichen worden war. Laut dem Bundesrat sind die Kantone aber weiterhin frei, Zivilstandsfälle zu veröffentlichen. Sie könnten in ihrer kantonalen Gesetzgebung entsprechende Regeln vorsehen, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Der Rat lehnte die Motion mit 98 zu 82 Stimmen bei einer Enthaltung ab.

Belästigung: Der Bundesrat muss keinen Bericht über Belästigung im Alltag vorlegen. Der Nationalrat hat ein Postulat von Mathias Reynard (SP/VS) mit 125 zu 65 Stimmen abgelehnt. Dieser wünschte einen Bericht, in dem das Ausmass des Phänomens in der Schweiz und die hier und in anderen Ländern getroffenen Massnahmen zur Bekämpfung von Belästigung beurteilt werden. Das Problem sei gravierend, sagte Reynard. Betroffen seien insbesondere Frauen und LGBTI-Menschen. Aus Sicht des Bundesrates sind die Gemeinden und Kantone besser in der Lage, diese Problematik zu beurteilen und mit ihr umzugehen.

Traktanden des Nationalrats für Mittwoch, 11. September, 08:00 bis 13:00 und 15:00 bis 19:00:

Bern KVG, Zulassung von Leistungserbringern (18.047)
Volksinitiative für einen Vaterschaftsurlaub und indirekter Gegenvorschlag (18.052; 18.441)
Parlamentarische Initiativen 1. Phase (gebündelte Abstimmungen um ca. 18:45)