Unter dem Eindruck der Klimastreiks und neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse hat der Ständerat Massnahmen beschlossen, die mit den Zielen des Klimaabkommens von Paris kompatibel sind.
Der Flugverkehr soll nicht länger verschont bleiben. Künftig soll auf Flugtickets eine Abgabe von mindestens 30 und höchstens 120 Franken erhoben werden, je nach Klasse und Reisedistanz. Belohnt werden jene, die wenig oder gar nicht fliegen: Gut die Hälfte der Einnahmen soll an die Bevölkerung zurückerstattet werden, die andere Hälfte flösse in einen neuen Klimafonds.
Ein Land von Vielfliegern
Kommissionssprecher Damian Müller (FDP/LU) wies darauf hin, dass der Flugverkehr stetig zunehme. Die Schweizerinnen und Schweizer stiegen doppelt so häufig in ein Flugzeug wie die Einwohner der Nachbarländer, gab er zu bedenken. Heute mache der Flugverkehr 11 Prozent des CO2-Ausstosses in der Schweiz aus. Ohne Massnahmen werde er in wenigen Jahren zum grössten Problem.
Im Ständerat gab es keine grundsätzlichen Einwände: Auch der Luftverkehr müsse seinen Teil beitragen, lautete der Tenor. Es gehe nicht an, dass für kurze Strecken Flüge billiger seien als Zugfahrten. Dass Abgaben tatsächlich eine Lenkungswirkung hätten, zeigten wissenschaftliche Studien, sagte Beat Vonlanthen (CVP/FR).
Drohende Verlagerung ins Ausland
Eine Ausweichen der Passagiere auf Nachbarstaaten droht aus Sicht der Mehrheit nicht: Alle Nachbarstaaten der Schweiz hätten bereits Flugticketabgaben eingeführt, hiess es. Skeptiker forderten Massnahmen, um solche Auswirkungen zu verhindern.
So wollte Filippo Lombardi (CVP/TI) im Gesetz verankern, dass die Abgabe höchstens das Doppelte des Durchschnitts der Abgaben in den umliegenden Ländern betragen darf.
Abgabe zu hoch
Im Durchschnitt betrage die Mindestabgabe in den Nachbarländern 6 Euro und die maximale Abgabe 30 Euro, sagte Lombardi. Die in der Schweiz geplante Abgabe sei somit zu hoch. "Zu glauben, wir würden mit einer so hohen Abgabe keine Verlagerung erfahren, ist blauäugig."
Umweltministerin Simonetta Sommaruga wies darauf hin, dass es sich in den umliegenden Länder um eine Steuer und nicht um eine Lenkungsabgabe handle. Ausserdem werde im Gesetz verankert, dass der Bundesrat bei der Festlegung der Abgaben die internationale Situation berücksichtigen müsse. Der Bundesrat wolle auch keine Umwegflüge generieren, versicherte sie. Der Rat lehnte Lombardis Antrag mit 28 zu 15 Stimmen ab.
Teureres Benzin
Weitere Massnahmen betreffen den Strassenverkehr. Treibstoffimporteure müssen schon heute einen Teil ihrer Importe kompensieren. Die Kosten wälzen sie auf die Autofahrer ab. Heute könnte der Aufschlag auf Benzin und Diesel bis 5 Rappen betragen, liegt aber bei unter 2 Rappen. Künftig sollen die Importeure nun mehr kompensieren müssen - und davon einen grösseren Teil im Inland. Der Ständerat will den Aufschlag indes begrenzen.
Bis 2024 soll die Kompensation den Liter Treibstoff um höchstens 10 Rappen verteuern dürfen, ab 2025 um bis zu 12 Rappen.Die Befürworterinnen und Befürworter befanden, die Erhöhung um ein paar Rappen sei verkraftbar. "Wenn die Jemeniten ein paar Drohnen losschicken, hat das häufig grössere Auswirkungen", sagte Werner Luginbühl (BDP/BE).
Warnung vor Tanktourismus
Eine Minderheit aus FDP-, SVP- und CVP-Vertretern - vor allem jenen aus Bergkantonen - wollte nicht über 10 Rappen hinausgehen. Die Menschen in den Randregionen seien stärker auf das Auto angewiesen, argumentierten sie. Würden alle Politikbereiche betrachtet, steige der Preis ausserdem stärker. Das sei nicht sozial, sagte Beat Rieder (CVP/VS).
Martin Schmid (FDP/GR) stellte fest, mit Blick auf ein mögliches Referendum sollte der Rat nicht überborden. Er warnte auch vor Tanktourismus. Schliesslich gaben die Gegner zu bedenken, vielleicht erfolge später ein Wechsel zu einer Lenkungsabgabe. Dann wäre es besser, wenn man der Bevölkerung nicht versprochen habe, ab 2025 steige der Benzinpreis um höchstens 10 Rappen.
Importeure in der Pflicht
Der Ständerat folgte aber seiner Kommission und sprach sich mit 28 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung für 12 Rappen aus. Der Nationalrat hatte eine Deckelung bei 8 Rappen pro Liter beschlossen, bevor er das Gesetz ablehnte.
Sommaruga betonte, die Treibstoff- und Autoimporteure hätten es in der Hand, ob es überhaupt zu einem Aufschlag komme und wie hoch dieser sei. Jedes zweite neu verkaufte Auto sei ein Vier-mal-Vier, stellte sie fest. Hier gebe es auch eine Eigenverantwortung.
Weit von Zielen entfernt
Der durchschnittliche CO2-Ausstoss der Neuwagen liegt heute über der Zielvorgabe von 130 Gramm pro pro Kilometer. Nächstes Jahr wird die Vorgabe auf 95 Gramm gesenkt. Der Verkehr sei für einen Drittel der Emissionen verantwortlich, gab Sommaruga zu bedenken. Die Emissionen hätten seit 1990 nicht gesenkt werden können.
Die Vorgaben sollen weiterhin laufend verschärft werden, im Einklang mit der EU. Geht es nach dem Ständerat, sollen ausserdem nicht nur für neue Autos, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper Vorgaben erlassen werden, sondern auch für schwere Lastwagen.
Die Beratungen dauern an.