(sda) Der Solidaritätsbeitrag soll für Verdingkinder und andere Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen keine Nachteile mit sich bringen. Das Parlament hat eine Gesetzesänderung verabschiedet, die eine Kürzung der Ergänzungsleistungen verhindert.

Nach geltendem Recht werden die Ergänzungsleistungen (EL) gekürzt, wenn der Solidaritätsbeitrag von 25'000 Franken zusammen mit einem allfälligen Vermögen die Summe von 37'500 Franken übersteigt. Künftig werden nun die Solidaritätsbeiträge sowie Erträge daraus bei der Berechnung der EL ausgeklammert. Damit will das Parlament gewährleisten, dass sie den Opfern uneingeschränkt zu Gute kommen. Bereits erfolgte EL-Kürzungen werden zurückerstattet.

Nach dem Ständerat hat am Montag auch der Nationalrat der entsprechenden Gesetzesänderung einstimmig zugestimmt. Diese hatte die Sozialkommission des Ständerates (SGK) auf Basis einer parlamentarischen Initiative ausgearbeitet. Der Bundesrat befürwortete die Anpassung. Die Kürzung sei inkohärent, stellte Sozialminister Alain Berset fest.

Von den 9000 Personen, die ein Gesuch für einen Solidaritätsbeitrag gestellt haben, beziehen rund 830 Personen Ergänzungsleistungen. Von diesen sei nur ein kleiner Teil von den Kürzungen betroffen, sagte Kommissionssprecherin Verena Herzog (SVP/TG). Die Nachzahlungen würden auf 600'000 Franken geschätzt.

Die Gesetzesänderung ist damit bereit für die Schlussabstimmungen. Sie soll nach Ablauf der Referendumsfrist voraussichtlich am 1. Mai 2020 in Kraft gesetzt werden, wie Berset sagte. Alle Empfängerinnen und Empfänger eines Solidaritätsbeitrags würden aufgefordert, allfällige EL-Kürzungen zu melden.

Der Nationalrat hat auch eine Motion seiner Rechtskommission angenommen, die vom Bundesrat verlangt, Kürzungen zu verhindern. Der Ständerat hat eine gleichlautende Motion seiner Schwesterkommission bereits angenommen.

Der Solidaritätsbeitrag wird aufgrund eines vom Parlament beschlossenen Gesetzes ausgezahlt. Dieses anerkennt, dass den Betroffenen Unrecht angetan worden ist, das sich auf ihr ganzes Leben ausgewirkt hat. Weiter ermöglicht es die wissenschaftliche Aufarbeitung und regelt die Akteneinsicht. Fürsorgerische Zwangsmassnahmen waren in der Schweiz bis 1981 angeordnet worden.