Die Fristen, welche Parlamentsgesetz und Ratsreglemente vorsehen, seien Ordnungsfristen, "die problemlos aufgrund der Situation verlängert werden können", teilten die Parlamentsdienste am Montag auf Anfrage mit.
Bei den Fristen für das Sammeln von Unterschriften von Volksinitiativen und fakultative Referenden handelt sich um sogenannte Verwirkungsfristen. Wie mit diesen während der Corona-Krise umgegangen soll, wird laufend diskutiert, wie die Bundeskanzlei mitteilte.
Der Bundesrat sei sich bewusst, dass das Sammeln von Unterschriften für Volksbegehren angesichts der aktuellen Situation erschwert werde, schrieb er vor Wochenfrist. Das Sammeln bleibe allerdings möglich. Das Initiativ- respektive Referendumsrecht sei deshalb - Stand vergangenen Montag - gewährleistet.
Offene Fragen
Wann die "eingefrorenen" Geschäfte des Parlaments weiter behandelt werden, ist noch unklar. Die Daten für die Sondersession von Anfang Mai würden derzeit aufrechterhalten, schreiben die Parlamentsdienste.
Alle anderen Fragen - beispielsweise wie es mit Kommissionsbetrieb weitergeht, wo die Session stattfindet, ob diese aufgrund des Abbruchs der Frühjahrssession verlängert wird - werden in den nächsten Tagen geklärt.
Kurz vor Abschluss
Sicher ist, dass die Absage der dritten Sessionswoche wegen des Coronavirus den demokratischen Prozess verlangsamt. Verschiedene parlamentarische Geschäfte sind blockiert - sei es, weil noch kein Kompromiss gefunden wurde, sei es, weil noch keine Schlussabstimmung stattgefunden hat.
Kurz vor einer Einigung standen die Räte beispielsweise bei den Überbrückungsleistungen für ältere Ausgesteuerte. Alle Parteien mit Ausnahme der SVP wollten die sogenannte Überbrückungsrente als Wahlkampfvehikel gegen die Begrenzungsinitiative nutzen, die am 17. Mai zur Abstimmung kommt.
Das Bundesgesetz kann nun aber nicht in absehbarer Zeit vom Parlament verabschiedet werden. Aber auch der Abstimmungstermin im Frühling wackelt. Es ist also auch noch nicht gesichert, ob das Schweizer Volk dann tatsächlich über die Personenfreizügigkeit mit der EU abstimmen wird.
Weitere Verzögerungen
Bei der Konzernverantwortungsinitiative und dem allfälligen Gegenvorschlag läuft Anfang April die Behandlungsfrist ab. Das heisst, bis dann müssten National- und Ständerat eine Empfehlung abgegeben haben. Auch das wird nun nicht möglich sein. Ob die Abstimmung zu dieser Vorlage wie geplant im Herbst stattfinden kann, ist deshalb ebenfalls fraglich.
Nicht zuletzt verzögert sich auch die Debatte über das CO2-Gesetz ein weiteres Mal. Nachdem der Nationalrat das Projekt im Dezember 2018 abgelehnt hatte, wollte er in den nächsten Tagen die Vorschläge des Ständerats diskutieren. Auch hier drängt die Zeit. Ursprünglich sollte das neue Gesetz nächstes Jahr in Kraft treten.
Frist der EU läuft ab
Auch beim Datenschutzgesetz ist das Parlament unter Zeitdruck. Wenn die Schweiz ihre Gesetzgebung nicht bis zum 20. Mai 2020 EU-kompatibel gemacht hat, drohen den Unternehmen Nachteile.
Trotzdem verschoben die Räte die weitere Behandlung schon vor dem Abbruch der Frühjahrssession auf die Sondersession im Mai. "Wir müssen uns Zeit nehmen für diese wichtigen Fragen, auch wenn wir wissen, dass eine Überprüfung durch die EU möglicherweise zu einem unbefriedigenden Ergebnis kommen wird", sagte Nationalrat Kurt Fluri (FDP/SO) im Laufe der Debatte.
Warten auf Normalbetrieb
Bereits fertig debattiert in den vergangenen zwei Wochen wurden verschiedene weitere Vorlagen. Wegen der fehlenden Schlussabstimmung sind aber auch diese Dossiers blockiert. Beispiele dafür sind die Revision des über hundert Jahre alten Versicherungsvertragsgesetzes, der indirekte Gegenvorschlag zur sogenannten Burka-Initiative oder die Aufhebung der ursprünglichen Frist für ein Gesuch um einen Solidaritätsbeitrag für ehemalige Verdingkinder.
Weiter auf die Schlussabstimmung warten die Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, der Invalidenversicherung, des Tierseuchengesetzes oder das Gesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen. Kurz vor Abschluss stehen zudem weitere Geschäfte wie das Enteignungsrecht.