(sda) Unternehmen: Die Konzernverantwortungsinitiative kommt mit einem indirekten Gegenvorschlag an die Urne. Der Ständerat hat am Dienstag sein eigenes und von der Einigungskonferenz beantragtes Konzept dafür gutgeheissen, mit 28 zu 14 Stimmen und 2 Enthaltungen. Die Nein-Stimmen kamen von Vertretern der SP und der Grünen sowie aus der Mitte-Fraktion. Der Nationalrat, der zunächst einen schärfe formulierten Gegenvorschlag bevorzugte, hatte bereits am Montag zugestimmt. Die Vorlage ist nun bereit für die Schlussabstimmungen. Der Gegenvorschlag bringt nun keine neuen Haftungsregelungen, aber ein Berichterstattungspflicht und eine Sorgfaltsprüfungspflicht in Sachen Kinderarbeit und Konfliktmineralien. Die Initianten und Initiantinnen sprechen von einem "Alibi-Gegenvorschlag".

Aktienrecht: Bei der Revision des Aktienrechts ist nach drei Beratungsrunden nach wie vor ein Dutzend Differenzen offen. Da sich die Räte unter anderem nicht einig sind, ob sie Loyalitätsaktien und Generalversammlungen im Ausland zulassen wollen, muss die Einigungskonferenz an die Arbeit. Zuletzt beharrte der Ständerat stillschweigend auf seiner Position: Vorzugsrechte für gewisse Aktionäre will er im Gegensatz zum Nationalrat nicht einführen. Auch von der Möglichkeit, Generalversammlungen im Ausland durchzuführen, will der Ständerat nichts wissen. Angeschlossen hat er sich dem Nationalrat aber in einem dritten Punkt. Er will Aktienkapital in Fremdwährungen zulassen.

Strafrecht: Der Ständerat will die Strafen für gewisse Delikte verschärfen. Damit soll veränderten gesellschaftlichen Wertungen Rechnung getragen werden. Im Visier hat er insbesondere Randalierer, die bei Ausschreitungen Polizisten, Sanität oder Feuerwehr angreifen. Der Bundesrat schlug vor, dafür die Mindeststrafe anzuheben. Der Ständerat entschied sich aber für eine Version ohne Mindeststrafe. Nun ist unklar, ob es sich tatsächlich um eine Verschärfung handelt. Weitere Anpassungen betreffen den Strafrahmen der schwere Körperverletzung oder gewerbsmässig begangene Vermögensdelikte. Die Revision des Sexualstrafrechts wird in einer separaten Vorlage behandelt.

Schiedsgericht: National- und Ständerat haben sich auf neue Regeln für internationale Schiedsgerichte geeinigt. Damit soll die Schweiz als Schiedsstandort gestärkt werden. Die letzte Differenz betraf die Rechtsschriften. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dass diese beim Bundesgericht auch in englischer Sprache eingereicht werden können. Der Ständerat hatte das zunächst abgelehnt, lenkte nun aber ein. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist eine Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit, die Parteien vereinbaren können. Weit verbreitet ist dieses Instrument der Streitbeilegung im Handels-, Finanz-, Investitionsschutz- und Sportrecht.

Coronavirus: Es bleibt dabei: Der Bundesrat muss eine Gesetzesvorlage ausarbeiten, um von der Corona-Krise betroffenen Betrieben einen Teil der Geschäftsmiete zu erlassen. Die Motionen, die beide Kammern überwiesen haben, sind identisch. Im Ständerat hatte Daniel Fässler (CVP/AI) am Montag festgestellt, dass die Vorstösse der Wirtschaftskommissionen beider Räte auf zwei unterschiedliche Versionen der Covid-Verordnung des Bundes verwiesen. Ratspräsident Hans Stöckli (SP/BE) liess die Frage vom Rechtsdienst abklären. Es habe sich bestätigt, dass der fragliche Artikel in der Verordnung zwar nicht gleich formuliert, aber materiell identisch sei, sagte er im Rat. Somit beauftragten die Motionen den Bundesrat, ein Gesetz zu erarbeiten.

Zivilrecht: Der Ständerat ist dafür, dass Verlustscheine künftig nicht nur in Papierform, sondern auch elektronisch aufbewahrt werden können. Er hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat angenommen. Der Ständerat will aber zusätzlich festschreiben, dass die rechtliche Gültigkeit auch von elektronischen Schuldscheinen jederzeit ersichtlich sein muss. Er hiess dazu die Ergänzung seiner Rechtskommission gut und verabschiedete die angepasste Motion oppositionslos. Diese geht zurück an den Nationalrat.

Betreibungen: Böswillige Betreibungen sollen nicht unter Strafe gestellt werden. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat stillschweigend abgelehnt. Motionär Jean-Luc Addor (SVP/VS) hatte zwar anerkannt, dass die Möglichkeiten gegen ungerechtfertigte Betreibungen ausgeweitet worden seien. Eine gesetzliche Grundlage für strafrechtliche Sanktionen gebe es aber nicht. Laut dem Bundesrat sind so genannte Schikanebetreibungen unter den rund 3 Millionen Betreibungen in der Schweiz relativ selten. Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab.

Traktanden des Ständerats für Mittwoch, 10. Juni (08:15 bis 13:00, eventuell Nachmittagssitzung):

Bern Regelung für die Zulassung von Ärzten - Antrag der Einigungskonferenz (18.047)
Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose - Antrag der Einigungskonferenz (19.051) (19.
Coronavirus - Gesetzesgrundlage für Tracing App im Epidemiengesetz - Abstimmung über Dringlichkeitsklausel (20.040)
Systematische Verwendung der AHV-Nummer durch Behörden (19.057)
Parlamentarische Initiative für Stärkung der Pflege, mehr Patientensicherheit und mehr Qualität der Pflege (19.401)
Coronavirus - Motion "Etappierte Aufhebung des gastgewerblichen Stillstands" (20.3134)