In der Debatte kämpften die Politiker entlang der Parteilinien entweder für mehr Geld oder für die Reduktion der Beiträge. Beide Seiten argumentierten dabei mit der Corona-Krise - nur mit umgekehrter Wirkungslogik.
So herrschte bei der Ratslinken und bei der GLP die Meinung vor, dass gerade die Corona-Krise zeige, wie stark die Welt zusammenhänge und wie wichtig Stabilität rund um den Globus sei. "Die Welt ist schon vor der Corona-Krise aus den Fugen gewesen", betonte Fabian Molina (ZH). Wie ein Brennglas vergrössere die Pandemie aber nun die Ungleichheiten, welche schon vorher bestanden hätten.
Es sei eine daher Pflicht, dass die Schweiz die Menschen in den Entwicklungsländern unterstütze, sagte Sibel Arslan von den Grünen (BS). Dabei müsse aber bedacht werden, dass nicht jedes Entwicklungsprojekt auch gut für das Klima sei - und umgekehrt.
Schweizer Wohlstand basiert auf Aussenhandel
"Gerade für die Schweiz, deren Wohlstand zu einem Grossteil auf dem Aussenhandel basiert, ist eine stabile Welt sehr wichtig", sagte zudem Tiana Angelina Moser (GLP/ZH). "Die Schweiz ist eine absolute Globalisierungsgewinnerin."
Die vom Bundesrat vorgeschlagenen 11,252 Milliarden dürften sich gemäss der Botschaft auf rund 0,46 Prozent des BNE belaufen. Grüne und Grün-Liberale beantragten, dass die Beträge soweit erhöht werden, bis sie 0,7 Prozent des BNE erreichen. Dieses Versprechen hatte die Schweiz international mehrfach abgegeben.
Zudem hatte das Parlament im Jahr 2011 den Bundesrat beauftragt, die Quote auf 0,5 Prozent zu erhöhen - ein Ziel, das schon in der laufenden Periode nicht erreicht wird. Dafür wurde die Schweiz unter anderem vom Entwicklungshilfeausschuss der OECD kritisiert.
Die Anträge um Erhöhung der Beiträge von der SP, den Grünen und der GLP kamen aber nicht durch.
Zuerst Schweizern helfen
Auf der anderen Seite verlangten Yvette Estermann (SVP/LU) und Jean-Pierre Grin (SVP/VD) eine "moderate Kürzung" der Beiträge um zehn Prozent, wie es Estermann nannte. Das sei noch immer ein anschaulicher Betrag. Aber mindestens diese zehn Prozent müssten in Folge der Corona-Krise der Schweizer Bevölkerung zugute kommen und nicht ins Ausland abfliessen.
Ein Teil der SVP wollte die Beiträge gar um die Hälfte kürzen. Die Schweiz im Jahr 2020 sei nicht mehr dieselbe, wie bei der Festlegung der Gelder im Jahr 2019, sagte Roger Köppel (ZH). Entwicklungshilfe bedeute, dass reichere Länder ärmeren Ländern Geld geben, in der Hoffnung, die ärmeren Länder reich zu machen. Die Erfahrung zeige aber, dass diese Umverteilung nicht funktioniere. Nur Marktwirtschaft schaffe Wohlstand, sagte Köppel.
Mitte-Fraktion und FDP auf Bundesratslinie
Auf Bundesratslinie begaben sich die Mitte-Fraktion und die FDP. Die Schweiz sei mit ihrer stark verflochtenen Wirtschaft von einer stabilen Welt abhängig. Eine Kürzung würde dem entgegen laufen, sagte CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL). Die vorgelegte Entwicklungszusammenarbeit werde stärker fokussiert, transparenter und wirkungsvoller, sagte FDP-Fraktionssprecherin Anna Giacometti (GR).
Im Rat stimmten am Schluss abgesehen von der SVP alle der vom Bundesrat vorgeschlagenen Strategie und dem finanziellen Rahmen zu. Als nächstes debattiert der Ständerat darüber.
80 Rappen pro Einwohner in der Schweiz
Konkret sollen in den nächsten vier Jahren insgesamt 11,252 Milliarden Franken in die internationale Zusammenarbeit fliessen - rund 140 Millionen Franken mehr als in der laufenden Periode. 6,638 Milliarden sind für die bilaterale und multilaterale Entwicklungszusammenarbeit vorgesehen. 2,145 Milliarden sollen in die humanitäre Hilfe fliessen.
In die wirtschaftliche Zusammenarbeit sollen 1,186 Milliarden Franken fliessen. 1,025 Milliarden sind für die Zusammenarbeit mit den Ländern des Ostens vorgesehen. Hinzu kommt ein Rahmenkredit für Frieden und menschliche Sicherheit im Umfang von 258 Millionen Franken.
Die 11,252 Milliarden entsprechen rund 80 Rappen pro Tag und Einwohner in der Schweiz.
Beitrag an Abbau von Corona-Schulden anpassen
Bei den Beiträgen handelt es sich um Rahmenkredite. Der Bundesrat will bei den exakten Beiträgen pro Jahr dem Landesindex der Konsumentenpreise vom Dezember 2019 ausgehen und anschliessend die angenommene jährliche Teuerung zu berücksichtigen.
Der Rat nahm diesbezüglich den Vorschlag von Hanspeter Portmann (FDP/ZH) an, wonach sich der Betrag zudem an der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Abbaupfad der Corona-bedingten Schulden orientieren soll. Das heisse, wenn es einen Wirtschaftsrückgang von zwei bis drei Prozente gebe, dass auch die Beiträge nach unten angepasst werden müssten - und umgekehrt, sagte Portmann.
Die Botschaft zur Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024 legte der Bundesrat im Februar vor. Generell will der Bund die Mittel vor allem in Subsahara-Afrika, im Nahen Osten, in Zentral-, Süd- und Südostasien sowie in Osteuropa einsetzen. In Afrika sei der Aufholbedarf in den kommenden Jahren am grössten. Schrittweise bis Ende 2024 zurückziehen will sich die Schweiz aus der bilateralen Entwicklungshilfe in Lateinamerika.