(sda) Die arg gebeutelte Medienbranche kann auf mehr staatliche Gelder hoffen. Der Ständerat hat am Donnerstag ein Massnahmenpaket in Höhe von jährlich 150 Millionen Franken verabschiedet. Die Zeitungsverleger profitieren. Auf der Strecke bleiben die Onlinemedien.

Zwar sprach sich die kleine Kammer im Grundsatz für eine Förderung von Onlinemedien aus. Weil sie aber die Ausgabenbremse bei diesem Teil der Vorlage nicht löste, ist die Förderung faktisch abgelehnt. Es darf kein Geld fliessen. Vorgesehen waren 30 Millionen Franken pro Jahr.

Eine Mitte-Links-Mehrheit hatte zuvor mit 22 zu 19 Stimmen knapp einer gesetzlichen Grundlage für die Förderung von Onlinemedien zugestimmt. Das vom Bundesrat konzipierte Paket sei ausgewogen, lautete ihr Tenor.

Letztes Wort nicht gesprochen

Verschiedene Redner der SVP wiesen dagegen auf die fehlende Verfassungsgrundlage hin. Thierry Burkart (FDP/AG) stellte auch die wirtschaftliche Notwendigkeit dieser Massnahme in Frage: "Onlinemedien haben das Geld nicht nötig."

Beide Seiten, Gegner und Befürworter einer Onlinemedienförderung, haben nun einen Teilsieg errungen. Der Ausgang ist offen. Stimmt der Nationalrat der gesetzlichen Grundlage zu und löst er gleichzeitig die Ausgabenbremse, könnten die Onlinemedien letztlich doch noch von Bundesgeldern profitieren.

Voraussetzung wäre, dass der Ständerat bei seiner zweiten Beratung dann der Lösung der Ausgabenbremse ebenfalls zustimmen würde. Dazu braucht es das qualifizierte Mehr von 24 Stimmen. Am Donnerstag stimmten 22 Ratsmitglieder dafür, es fehlten also zwei Stimmen.

Ausbau eines bewährten Instruments

Während des teils chaotischen Endes der Debatte rückten weitere wichtige Entscheide des Ständerats zwischenzeitlich in den Hintergrund. Bereits am Vormittag sprach sich die kleine Kammer für einen Ausbau der indirekten Presseförderung aus.

Neu sollen sämtliche abonnierten Tages- und Wochenzeitungen unterstützt werden - auch überregionale Titel mit einer grösseren Auflage sowie zweiwöchentlich erscheinende Zeitungen und Zeitschriften. Je tiefer die Auflage ist, desto günstiger soll die Postzustellung sein.

Maximalforderung der Verleger scheitert

Die kleine Kammer hat neben den 50 Millionen Franken für Tages- und Wochenzeitungen auch eine Förderung der Frühzustellung von Zeitungen und damit auch der Sonntagspresse ins Massnahmenpaket aufgenommen. Das kostet den Bund zusätzliche 40 Millionen Franken pro Jahr.

Davon profitieren Titel, die nicht von der Post, sondern von Frühzustellungsorganisationen in die Briefkästen gesteckt werden. Ein Antrag für einen noch weitergehenden Ausbau der Frühzustellung auf 60 Millionen Franken scheiterte knapp. Diese Idee entspricht dem Willen des Verlegerverbands.

Auch die Verbands- und Mitgliederpresse soll neu jährlich 30 statt 20 Millionen Franken erhalten. Dieser Entscheid fiel mit 32 zu 12 Stimmen.

"Ein Stück Service public"

Mit den Entscheiden des Ständerats erhöht sich der Bundesbeitrag an die indirekte Presseförderung gegenüber dem Bundesratsentwurf um 50 Millionen Franken auf jährlich 120 Millionen Franken. Nicht von der indirekten Presseförderung profitieren sollen nach Meinung des Ständerats Publikationen der Fach- und Spezialpresse sowie Gratiszeitungen.

Keine Opposition gab es bei der Unterstützung für Aus- und Weiterbildungsinstitutionen, für den Presserat und für die Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Letztere bezeichnete Paul Rechsteiner (SP/SG) als "Basisinfrastruktur für die Medien" und als "ein Stück Service public".

Die verschiedenen Institutionen sollen mit maximal 30 Millionen Franken pro Jahr unterstützt werden. Geld erhalten sollen zudem IT-Projekte, die der ganzen Branche zur Verfügung stehen. Finanziert werden soll dieser Teil des Pakets mit maximal 2 Prozent aus dem Ertrag der Radio- und Fernsehabgabe.

Finanzpolitische Vorbehalte

In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die Vorlage mit 29 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Heftig bestritten wurde das Paket nur von Vertretern der SVP. Die finanzpolitische Lage lasse keine Subventionen zu für Unternehmen, die nicht existenziell bedroht seien, sagte Hansjörg Knecht (SVP/AG).

Eine flammende Rede gegen das Medienpaket hielt Thomas Minder (parteilos/SH). Es sei "absurd", börsenkotierte Unternehmen mit Bundesgeldern zu unterstützen, obwohl diese jedes Jahr hunderte Millionen Franken Gewinn erwirtschafteten. "Wir werfen mit Steuergeldern um uns."

Angst vor weiterem Zeitungssterben

Dagegen wurde eine teilweise Subventionierung der Medien in den vergangenen Monaten selbst für liberale Kräfte denkbar, bei denen staatliche Eingriffe über Jahrzehnte hinweg verpönt waren. Und für das Mitte-Links-Lager ist die verstärkte Medienförderung längst überfällig.

Kommissionssprecher Stefan Engler (CVP/GR) brach eine Lanze für die Branche. Freie und pluralistische Medien seien unabdingbar. "Lassen wir wie heute den Wettbewerb spielen, wird die Medienvielfalt verarmen." Wenn es so weitergehe, gebe es bald keine Zeitungen mehr, hielt Eva Herzog (SP/BS) fest. Die an Google und Amazon verloren gegangenen Werbeerträge könnten die Verleger nicht mehr zurückholen.

Keine Einmischung in Inhalte

"Meinungsvielfalt braucht Medienvielfalt", fasste Medienministerin Simonetta Sommaruga zusammen. Werde nicht gehandelt, leide schliesslich die direkte Demokratie. Sommaruga betonte aber, dass die Unabhängigkeit der Medien vom Staat gewahrt werden müsse. "Der Staat verbessert nur die Rahmenbedingungen, aber er mischt sich nicht in die journalistische Arbeit ein und macht keine inhaltlichen Vorgaben."

Mit dem Medienpaket befasst sich als nächstes die Fernmeldekommission des Nationalrats. Das Ziel ist es, die Vorlage in der Herbstsession in der grossen Kammer zu diskutieren.

Schon seit Jahren leiden viele Zeitungstitel, Radio- und Fernsehsender unter dem Wegfall von Inseraten und Werbespots. Diese lassen sich seit dem Aufblühen des Internetzeitalters auch ausserhalb der klassischen Medien verbreiten.