(sda) Der Nationalrat befasst sich am Donnerstag mit einer Revision der Strafprozessordnung. Angepasst werden sollen mehrere Punkte in der erst zehnjährigen Gesetzgebung.

Die Schweizerische Strafprozessordnung ist erst seit 2011 in Kraft. Zuvor hatten der Bund und jeder Kanton eigenen Regeln. Schon kurz nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes wies die Praxis auf Probleme hin, und es folgten parlamentarische Vorstösse. Der Bundesrat hat die Anliegen nun in einer Vorlage zusammengefasst.

Feilen an Details

Dabei geht es unter anderem um die Einschränkung der Teilnahmerechte, zusätzliche Möglichkeiten für den Einbezug von DNA-Profilen in Verfahren und Erleichterungen bei verdeckten Ermittlungen im Zusammenhang mit Kinderpornografie.

De Rechtskommission des Nationalrates (RK-N) unterstützt die Vorlage in den Grundzügen, sie hat sie mit 17 zu 0 Stimmen und 8 Enthaltungen verabschiedet. Im Detail wird die Vorlage aber zu reden geben: Drei Dutzend Minderheitsanträge und ein Bündel Einzelanträge liegen dem Plenum vor.

Eine SVP-Minderheit will die Vorlage allerdings an den Bundesrat zurückweisen. Sie fordert, dass der Bundesrat den "übermässigen administrativen Aufwand" für die Polizei berücksichtigt, der Verfahren verlangsame und viele Ressourcen verschlinge. Auch die Verfahrensrolle der Opfer - diese sei derzeit "absolut unzureichend" - müsse er aufnehmen.

Umstrittenes Teilnahmerecht

Umstritten ist die vom Bundesrat beantragte Einschränkung des Teilnahmerechts am Prozess für die Beschuldigten. Gemäss Bundesrat sollen diese an Beweiserhebungen - etwa der Einvernahme von Zeugen oder Personen, die im gleichen Verfahren beschuldigt sind - nicht teilnehmen dürfen, bevor sie sich selbst geäussert haben.

Die Rk-N hingegen möchte die Teilnahmerechte nicht einschränken. Heute dürfen alle Parteien im Verfahren an allen Beweiserhebungen teilnehmen. Allerdings ist dieser Antrag umstritten: Eine Minderheit möchte es handhaben wie der Bundesrat, und zwei weitere verlangen noch weiter gehende Einschränkungen.

Neuerungen im Umgang mit DNA-Profilen

Mit 13 zu 12 Stimmen ein Nein beantragt die RK-N zur vorgeschlagenen Beschwerdemöglichkeit für die Staatsanwaltschaft, wenn ein Zwangsmassnahmengericht Untersuchungs- oder Sicherheitshaft anordnet oder auf diese Anordnung verzichtet. Sie will die Beschwerdemöglichkeit weiterhin ausdrücklich nur der beschuldigten Person gewähren. Die starke Minderheit will dem Bundesrat folgen.

Umstritten sind sodann Neuerungen zu DNA-Profilen: Der Bundesrat will die explizite Praxis des Bundesgerichts im Gesetz verankern. DNA-Profile sollen nicht nur zur Aufklärung jener Straftaten erstellt und gespeichert werden dürfen, um derentwillen das Verfahren geführt wird, sondern auch zur Aufklärung früherer oder künftiger Straftaten.

Dafür müssen gemäss Antrag des Bundesrates "konkrete Anhaltspunkte" bestehen. Die Kommission möchte noch einen Schritt weitergehen. Eine knappe Mehrheit beantragt, dass eine "gewisse Wahrscheinlichkeit" für frühere Straftaten genügen soll.

Bezüglich der Aufklärung zukünftiger Taten will die Kommission dagegen beim geltenden Recht bleiben. DNA-Profile sind heute nur vorgesehen, wenn ein gewisses Mindeststrafmass erreicht wurde beziehungsweise eine Verurteilung wegen bestimmter Delikte oder die Anordnung einer therapeutischen Massnahme oder Verwahrung vorliegt. Auch dieser Entscheid fiel mit einer einzigen Stimme Unterschied.

Aufnahme der "Justice restaurative"

Die Kommission will zudem das Konzept der opferorientierten Justiz ("justive restaurative") in die Strafprozessordnung aufnehmen. Der Bundesrat lehnt das ab. Das Konzept sieht vor, dass sich beide Parteien in einem Strafverfahren auf ein Mediationsverfahren einigen können. Dessen Ergebnis kann die Strafverfolgungsbehörde berücksichtigen.

Erster Teil in Kraft

Für die Verfolgung von Kinderpornografie und sexuellen Handlungen mit Minderjährigen will die RK-N Ermittlern und Ermittlerinnen mehr Mittel in die Hand geben. Sie beantragt dem Rat einstimmig, die verdeckte Ermittlung in diesem Bereich zu erleichtern.

Ein erster Teil der Revision der Strafprozessordnung ist seit kurzem in Kraft. Die Räte stimmten im vergangenen Herbst der Rechtsgrundlage für eine nachträgliche Sicherheitshaft zu. Damit soll verhindert werden, dass gefährliche Straftäter wegen einer Gesetzeslücke auf freien Fuss gesetzt werden müssen.