(sda) Energiewende: Der Nationalrat will neue Windenergie-, Kleinwasserkraft-, Biogas-, Geothermie- und Fotovoltaikanlagen ab 2023 mit einmaligen Investitionsbeiträgen fördern. Er hat am Mittwoch eine entsprechende Vorlage gutgeheissen. Es handelt sich um eine Übergangslösung. Biogas, Kleinwasserkraft, Wind und Geothermie wurden bisher hauptsächlich mit der kostenorientierten Einspeisevergütung (KEV) unterstützt. Die KEV läuft Ende 2022 aus. Die von beiden Parlamentskommissionen angenommene parlamentarische Initiative von Bastien Girod (Grüne/ZH) möchte verhindern, dass danach eine Lücke bei den Förderinstrumenten entsteht. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Änderungen im Energiegesetz mit 187 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

Medien: Die künftige Medienförderung ist nach zähem Ringen unter Dach und Fach. Während sieben Jahren werden die Medien in der Schweiz direkt und indirekt mit 120 Millionen Franken mehr gefördert als bisher. Von den millionenschweren Massnahmen profitieren Printmedien, die Mitglieder- und Stiftungspresse, Onlinemedien, Nachrichtenagenturen und die Medienausbildung. Der Nationalrat hat die letzte Differenz mit dem Ständerat bereinigt. Er stimmte dem Antrag der Einigungskonferenz mit 130 zu 46 Stimmen bei einer Enthaltung zu. Für die Gebührenanteile für konzessionierte private Veranstalter gilt demnach eine Bandbreite von 6 bis 8 Prozent. Das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmung vom Freitag.

Coronavirus: Im Parlament ist umstritten, ob Personen mit einem Covid-Zertifikat von den Zugangsbeschränkungen ausgenommen werden sollen. Während der Ständerat solche Ausnahmen für Geimpfte, Getestete und Genesene befürwortet, lehnt der Nationalrat dies ab. Seine Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) sah zu viele ungelöste Fragen, etwa die Trennung von Personen mit und ohne Zertifikat. Nun muss sich die Einigungskonferenz mit der Frage befassen. Geeinigt haben sich die Räte bei der Hilfe für die Kultursparte. Sie soll bis Ende Jahr laufen. Der Nationalrat schwenkte auf die Linie des Ständerats ein.

Nahrungsmittel: Das Parlament will eine obligatorische Deklarationspflicht für in der Schweiz verbotene Produktionsmethoden einführen. Dies sowohl bei pflanzlichen als auch bei tierischen Produkten. Der Nationalrat hat einer entsprechenden Motion aus dem Ständerat zugestimmt. Künftig sollen Produktionsart und Herkunft klar ersichtlich sein. Wie genau die Deklaration aussehen soll, lässt die Motion offen. Der Bundesrat befürchtet, dass die Schweiz mit der engen Formulierung der Motion Probleme mit Vorschriften der Welthandelsorganisation (WTO) bekommen könnte.

Bahn: Der Bund soll Massnahmen prüfen, wie das Angebot an Nachtzügen ausgebaut werden könnte. Der Nationalrat einen entsprechenden Vorstoss aus der Mitte-Fraktion mit 123 zu 61 Stimmen bei 5 Enthaltungen überwiesen. Der Postulant begründete seinen Vorstoss namentlich mit dem Verweis auf andere Länder wie Österreich, die Niederlande oder Schweden, die Nachtzüge staatlich förderten. Nachtzüge seien eine gefragte und attraktive Alternative in der Bevölkerung, begrüsste Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga den Vorstoss im Namen des Bundesrats. Es gehe auch darum, nach dem Nein zum CO2-Gesetz ein Zeichen zu setzen, "dass jetzt nicht alles gestoppt wird".

Coronavirus: Der Nationalrat verlangt, dass Pflegeheime zusätzliche Quarantäne-Anweisungen erhalten und die Intensivpflegeplätze der Spitäler finanziell abgesichert werden. Er hat gegen den Willen des Bundesrats einen entsprechenden Vorstoss mit 128 zu 57 Stimmen bei 5 Enthaltungen gutgeheissen. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) will den Bundesrat beauftragen, den Kantonen diesbezüglich Dampf zu machen. Sie müssten den Pflegeheimen die nötigen Mittel in die Hand geben, damit sie regelmässig testen und dem Personal ermöglichen können, die Quarantäneregeln einzuhalten. Die Spitäler ihrerseits benötigten genaue Vorgaben und die notwendige finanzielle Sicherheit, damit sie ihre Intensivpflegekapazitäten bei einem erneuten Aufflammen der Pandemie rasch steigern könnten.

Besondere Lage: Die SVP-Fraktion möchte den Bundesrat verpflichten, die "besondere Lage" gemäss Epidemiengesetz sofort aufzuheben. Sie steht mit ihrem Anliegen alleine da. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion abgelehnt - mit 127 zu 54 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Laut der SVP sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die "besondere Lage" nicht mehr gegeben. Das Parlament müsse das Zepter bei der Krisenbewältigung wieder übernehmen. Die Mehrheit im Nationalrat sah keinen parlamentarischen Handlungsbedarf in dieser Frage. Gesundheitsminister Alain Berset sagte, dass der Bundesrat die "besondere Lage" schnellstmöglich aufheben wolle - in enger Absprache mit den Kantonen.

Pandemiebekämpfung: Der Nationalrat ist dagegen, dass sich die Schweiz der Initiative "Solidarity Call to Action" der Weltgesundheitsorganisation WHO anschliesst und damit den weltweiten Austausch von relevanten Ressourcen bei der Pandemiebekämpfung verstärkt. Er hat eine entsprechende Motion seiner Aussenpolitischen Kommission (APK-N) abgelehnt - mit 94 zu 90 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung. Einerseits zweifle er am Mehrwert der Initiative, andererseits engagiere sich die Schweiz bereits in verschiedenen anderen internationalen Projekten, sagte Gesundheitsminister Alain Berset. Eine knappe Mehrheit folgte dieser Argumentation. Der Vorstoss ist erledigt.

Gesundheitswesen: Wer am Lebensende auf Pflege angewiesen ist, soll die Unterstützung überall in der Schweiz bedarfsgerecht erhalten. Das Parlament verlangt mit einer Motion, dass der Bundesrat die entsprechende gesetzliche Grundlage schafft. Geklärt werden sollen die Definition von Palliative-Care-Leistungen, die Tarifierung und Vergütung und die Finanzierung. Mit den Strukturen im Gesundheitswesen und aufgrund der Demografie sei es heute nicht möglich, die zunehmende Anzahl sterbender Menschen angemessen zu betreuen, hatte die Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK-N) einstimmig argumentiert. Der Bundesrat war bereit, die Arbeiten aufzunehmen. Der Nationalrat gab ihm nun grünes Licht dazu.

Datenmanagement: Das Datenmanagement im Gesundheitsbereich soll sich an den weltweit besten Praktiken orientieren, und mit Blick auf Krisen soll eine zentrale Datenverwaltung geschaffen werden. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat diskussionslos eine Motion der Gesundheitskommission des Ständerats (SGK-S) angenommen. Sie verlangt zudem, die "Open Government Data"-Strategie im Gesundheitsbereich möglichst rasch umzusetzen. Im Epidemiengesetz soll der Austausch von Daten und Informationen mit dem Ausland verankert werden. Der Bundesrat erklärte sich einverstanden. Bereits angestossene Arbeiten will er nun vorantreiben. Er kann dies nun tun.

Kulturerbe: Der Bundesrat soll dem Parlament bis Ende 2022 aufzeigen, wie das Kulturerbe der Schweiz bewahrt und gepflegt werden kann. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine entsprechende Motion mit 134 zu 51 Stimmen bei 2 Enthaltungen gutgeheissen. Gemäss Vorstoss soll der Bundesrat ein Konzept vorlegen, welches übergeordnet für alle Kultursektoren die Ziele, Handlungsfelder, Umsetzungsmassnahmen, Verantwortlichkeiten und Aufgaben der einzelnen Akteure sowie die Finanzierung beschreibt. Es fehle ein Gesamtkonzept, das sämtliche Bereiche umfasse. Kulturminister Alain Berset erklärte sich bereit, den Auftrag anzunehmen. Die SVP wehrte sich erfolglos gegen zusätzliche Massnahmen und eine weitere Aufblähung des Verwaltungsapparates, wie Martin Haab (SVP/ZH) im Rat erklärte.

Kultur: Der Nationalrat will Buchhandlungen für Kulturvermittlungsprojekte zugunsten des literarischen und kulturellen Erbes der Schweiz nicht subsidiär mit Bundesgeldern unterstützen. Er hat eine entsprechende Motion seiner Kulturkommission (WBK-N) abgelehnt - mit 94 zu 84 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Die bürgerlichen Fraktionen argumentierten erfolgreich, dass Buchhandlungen eindeutig in den Kompetenzbereich der Kantone und Städte gehörten. Eine Sonderlösung für die Förderung von Buchhandlungen auf nationaler Ebene sei nicht angezeigt, sagte auch Kulturminister Alain Berset. Mit dem Nein ist die Motion vom Tisch.

Invalidenversicherung: Der Nationalrat will die aktuelle Finanzierungspraxis der Invalidenversicherung zu Dienstleistungen von Dritten anpassen. Künftig sollen IV-Versicherte die Kosten beispielsweise für Gebärdensprachdolmetschende, Vorlese- oder Transportdienste flexibel im Sinne eines Jahreskontingents verrechnen können. Die grosse Kammer hat eine entsprechende Motion ihrer Sozialkommission (SGK-N) angenommen - gegen den Willen der SVP. Die Mehrheit argumentierte, dass die heute geltende monatliche Vergütungspraxis es den Betroffenen verunmögliche, arbeitsintensivere Monate mit weniger intensiven Monaten zu kompensieren. Die Motion geht an den Ständerat.

Ernährung: Der Bundesrat muss in einem Bericht darlegen, welche nationalen und kantonalen Angebote im Bereich "Jugend und Ernährung" bestehen, wie diese finanziert werden und an welche Zielgruppe sie sich wenden. Diesen Auftrag hat ihm der Nationalrat mit einem überwiesenen Postulat seiner Bildungskommission (WBK-N) erteilt. Der Bundesrat war der Ansicht, dass im Bereich Jugend und Ernährung bereits ein vielseitiges, gut koordiniertes und leicht zugängliches Angebot bestehe. Ein weiterer Bericht sei daher nicht notwendig. Im Rat lehnte nur die SVP und ein Teil der FDP- und Mitte-Fraktion das Postulat ab.

Pensionskassen: Der Bundesrat soll die Pensionskassen mit einer Anpassung der AHV-Verordnung kompetenter machen beim Risikomanagement. Der Nationalrat hat einen entsprechenden Vorstoss seiner Gesundheitskommission (SGK-N) gegen den Willen der Landesregierung mit 123 zu 65 Stimmen bei 5 Enthaltungen angenommen. Von den Kassen müsse mehr Anlagekompetenz inklusive Wissen zur "Green Finance" eingefordert werden. Es gebe keine Mindestanforderungen an das Wissen der Entscheidungskräfte, sagte Andri Silberschmidt (FDP/ZH) im Namen der Mehrheit der Kommission. Barbara Gysi (SP/SG) warnte im Namen der Kommissionsminderheit umsonst vor einem drohenden "Risikopoker" der Stiftungsräte.

Coronavirus: Die Digitalisierung des Gesundheitssystems soll verbessert werden. Der Nationalrat hat eine Motion seiner Kommission für Wirtschaft, Bildung und Kultur (WBK-N) mit 177 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. In diesem Bereich bestehe Nachholbedarf, um die Volksgesundheit zu optimieren. Eine multidisziplinäre Arbeitsgruppe soll einen Bericht erstellen über die verantwortungsvolle Erhebung und Nutzung von Gesundheitsdaten. Zudem soll sie die Anforderungen an ein offenes Gesundheitsdaten-Ökosystem evaluieren. Der Bundesrat lehnte die Motion ab. Diesbezüglich seien bereits verschiedene Vorhaben angestossen. Mit den laufenden Arbeiten seien die Anliegen des Vorstosses bereits weitgehend erfüllt.

Pandemiefolgen: Der Bundesrat soll "in einem dringlichen Bericht" aufzeigen, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen hat. Gleichzeitig soll er konkrete Massnahmen zur Wahrung der psychischen Gesundheit und zur Versorgungssicherstellung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorschlagen. Das will der Nationalrat. Er hat gegen den Willen der SVP ein entsprechendes Postulat an die Regierung überwiesen. Der Bundesrat war mit der Annahme des Vorstosses einverstanden.

Coronavirus: Der Bund soll die Erforschung und Begleitung von Long-Covid-Fällen mit ausreichend finanziellen Mitteln unterstützen und einen Bericht über die Langzeitauswirkungen namentlich auf die Sozialversicherung und die Armutsrisiken an die Hand nehmen. Langwierige Genesungsprozesse seien ein Risiko für die Betroffenen und die Volkswirtschaft und namentlich in der Versicherungslogik nicht vorgesehen, sagte Melanie Mettler (GLP/BE). In diesem Sinne hat der Nationalrat zwei Vorstösse überwiesen. Zwar würden schon verschiedene wissenschaftliche Studien laufen. Aber ein diesbezügliches Signal aus der Politik sei trotzdem wichtig, sagte Jörg Mäder (GLP/ZH) für die Mehrheit der Kommission. Eine Minderheit befand dies für überflüssig. Vieles sei bereits im Gang, die Ressourcen vorhanden, sagte Thomas de Courten (SVP/BL).

Gesundheit: Der Nationalrat kann mit der Idee einer kostenlosen medizinischen Vorsorgeuntersuchung mit Beratung für Personen über vierzig nichts anfangen. Er hat eine entsprechende Motion von Pierre-Alain Fridez (SP/JU) abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Fridez sah eine solche Gratisdienstleistung vor für Personen, die eine tiefe Franchise gewählt und in den vorangehenden zwei Jahren keine Krankenkassenleistungen bezogen haben. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Schon heute könne die Regierung einzelne Leistungen der medizinischen Prävention im Rahmen von national oder kantonal organisierten Präventionsprogrammen von der Franchise ausnehmen, argumentierte Gesundheitsminister Alain Berset.

VEREINIGTE BUNDESVERSAMMLUNG

Bundesgericht: Der Grüne Stephan Hartmann und die Sozialdemokratin Marianne Ryter sind neue Richter respektive neue Richterin am Bundesgericht. Beide wurden von der Vereinigten Bundesversammlung für den Rest der Amtsperiode bis 2026 gewählt. Ryters Wahl verlief nicht ohne Nebengeräusche. Während Hartmann von allen Fraktionen unterstützt wurde, wollte die SVP Ryter, die derzeitige Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts, noch nicht wählen und zuerst im Raum stehende Vorwürfe gegen sie klären. Nachdem sie mit ihrem Antrag um Verschiebung unterlag, empfahl die SVP den Sozialdemokraten Markus Berger zur Wahl. Dieser erhielt 58 Stimmen.

Die Traktanden des Nationalrats für Donnerstag, 17. Juni (08:00 bis 13:00 und 15:00 bis 19:00):

Bern Motion zu Monitoring über die Entwicklung der Kundennachfrage und der Flugaktivitäten im Rahmen der Einführung der Flugticketabgabe (20.3946)
Motion zum Sektorenmarkt der Flughäfen im öffentlichen Beschaffungswesen (21.3458)
Postulat zur Hochbreitbandstrategie des Bundes (21.3461)
Parlamentarische Vorstösse aus dem Uvek, Fortsetzung (gebündelte Abstimmungen)
Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und Entlastung des Bundeshaushalts (20.067)
Motion zu grenzüberschreitenden Zivilprozessen (20.4266)
Ab 15:00:
Covid-19-Gesetz, Antrag der Einigungskonferenz (21.033)
Geschäftsbericht des Bundesrats 2020 (21.001)
Änderung der Innovationsförderung (21.026 und parlamentarische Initiative 19.436)
Motion zu Ausbringverfahren in der Landwirtschaft (20.3672)
Coronavirus: Motion zur finanzielle Notlagen für Auszubildende (21.3271)
Parlamentarische Vorstösse aus dem WBF, Fortsetzung (gebündelte Abstimmungen)