(sda) Kultur: Streaming-Anbieter wie Netflix, Amazon oder Disney müssen künftig 4 Prozent ihres Schweizer Umsatzes in Schweizer Filmproduktionen investieren. Der Nationalrat ist am Donnerstag dem Vorschlag von Bundesrat und Ständerat gefolgt. Minderheitsanträge aus der FDP und der SVP, die Investitionspflicht ganz zu streichen oder auf 2 Prozent zu reduzieren, wurden deutlich abgelehnt. Je nach Ausgestaltung des Gesetzes dürften so rund 30 Millionen Franken zusätzlich in das Schweizer Filmschaffen investiert werden. Das Geschäft geht zur Bereinigung zurück an den Ständerat.

Tabakprodukte: Das neue Tabakproduktegesetz ist auf der Zielgeraden. Nach jeweils zwei Beratungsrunden haben sich die Räte in den Kernpunkten gefunden. Nur wenige Punkte bleiben offen. Beispielsweise will der Nationalrat Zutaten in Tabakprodukten verbieten, die das Abhängigkeitspotenzial erhöhen oder die Inhalation erleichtern. Der Ständerat wollte bisher nichts von einem solchen Verbot von Mentholzigaretten wissen. Laut dem Nationalrat soll zudem die Verwendung von E-Zigaretten in bestimmten Zonen spezialisierter Verkaufsgeschäfte zugelassen sein. Der Ständerat will diese Ausnahme im Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen streichen. Für die Urheber der Tabakwerbeverbotsinitiative geht die Revision so oder so zu wenig weit. Deshalb wird das Volk das letzte Wort haben.

Epidemien: Der Nationalrat fordert eine rasche Revision des Epidemiengesetzes. Er hat eine entsprechende Motion seiner Gesundheitskommission stillschweigend angenommen. Stimmt auch der Ständerat zu, wird der Bundesrat beauftragt, dem Parlament bis Ende Juni 2023 eine Vorlage zu unterbreiten. Dabei sollen die Erkenntnisse der Corona-Pandemie einfliessen. Der Bundesrat ist mit dem Anliegen grundsätzlich einverstanden, gibt aber zu bedenken, dass es wahrscheinlich Ende 2023 werde, bis eine entsprechende Gesetzesrevision vorliege.

Lebensmittel: Lebensmittel, die im Ausland hergestellt oder zubereitet wurden, sollen mit der eindeutigen Deklaration des Herkunftslandes gekennzeichnet werden. Dieser Meinung ist der Nationalrat. Er hat eine entsprechende Motion von Jacques Nicolet (SVP/VD) angenommen - gegen den Willen des Bundesrats. Nach Ansicht von Innenminister Alain Berset bietet das geltende Schweizer Recht genügend Möglichkeiten, die Schweizer Herkunft von Lebensmitteln hervorzuheben. Eine Mehrheit im Nationalrat sieht dagegen Handlungsbedarf bei der Deklaration von Back- und Fleischwaren sowie verschiedener Milchprodukte. Die Motion geht nun an den Ständerat.

Krankenkassen I: Die Krankenkassen sollen verpflichtet werden, ihre Reserven zu Gunsten der Versicherten abzubauen. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion von Lorenzo Quadri (Lega/TI) angenommen. Es sei an der Zeit, dass das Parlament interveniere, damit dieses Geld den Bürgerinnen und Bürgern, die zu hohe Prämien bezahlt hätten, zurückgegeben werde, sagte Quadri. Die Reserven der Krankenversicherer belaufen sich auf fast 12 Milliarden Franken, mehr als 200 Prozent des gesetzlichen Minimums. Der Bundesrat hatte sich gegen die Motion ausgesprochen. Sie geht nun an den Ständerat.

Krankenkassen II: Die Kantone sollen wie früher das Recht erhalten, auf die Buchhaltungsdaten zuzugreifen, die der Prämienberechnung der Krankenversicherer zugrunde liegen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine entsprechende Motion angenommen - gegen den Willen des Bundesrats. Die Mehrheit machte geltend, es sei nicht nachvollziehbar, wieso die Kantone nicht sämtliche Informationen erhalten können, die dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zur Verfügung stehen, wenn es die Prämien genehmigt. Mehr Transparenz sei gerade angesichts der hohen Prämienlast wesentlich.

Gesundheit I: Der Bundesrat muss in einem Bericht darlegen, wie es um den psychischen Gesundheitszustand der Schweizerinnen und Schweizer steht. Der Nationalrat hat ein entsprechendes Postulat von Baptiste Hurni (SP/NE) angenommen - gegen den Willen der SVP- und der FDP-Fraktion. Hurni begründete seinen Vorstoss mit der Corona-Pandemie, die sich "sehr negativ auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung ausgewirkt" habe. Die SVP erachtete den Bericht überflüssig. Der psychische Zustand der Bevölkerung werde sich nach der Pandemie wieder rasch erholen, zeigte sich Therese Schläpfer (SVP/ZH) überzeugt. Ein Bericht dazu sei deshalb überflüssig.

Gesundheit II: Der Bund soll über mehrere Jahrzehnte die physische und psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen untersuchen. Dazu soll eine allgemeine Kohortenstudie durchgeführt werden. Das fordert der Nationalrat mit einer angenommenen Motion von Benjamin Roduit (Mitte/VS). Der Motionär begründete seinen Vorstoss mit ähnlichen Studien im Ausland. Als nächstes befindet der Ständerat über den Vorstoss.

Spitalwahl: Der Bundesrat muss in einem Bericht aufzeigen, wie die Hürden, welche die freie Spitalwahl beeinträchtigen, beseitigt werden können und wie ein gewisser Wettbewerb zwischen den Listenspitälern der Kantone gewährleistet werden kann. Diesen Auftrag hat er vom Nationalrat erhalten. Die grosse Kammer nahm ein entsprechendes Postulat ihrer Gesundheitskommission an. Der Bundesrat ist bereits dabei, die gesetzlichen Grundlagen der erweiterten Spitalwahl anzupassen. Er wollte zuerst diese Arbeiten abwarten, bevor ein neuer Bericht erstellt wird.

Pflege I: Mit der Einführung eines Zahlenverhältnisses Pflegefachperson zu Patienten, einer sogenannten "nurse to patient ratio", will der Nationalrat die Qualität der Pflege verbessern und die Kosten im Gesundheitswesen senken. Konkret soll die Anzahl diplomierter Pflegefachleute pro Pflegeteam erhöht werden. Eine entsprechende Motion aus den Reihen der früheren BDP ist von der grossen Kammer angenommen worden - gegen den Willen des Bundesrats. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.

Pflege II: Künftig soll der Bund auch den ambulanten Pflegebereich qualitativ überwachen. Als Basis dienen sollen dabei etwa Daten von Spitex-Organisationen. Der Nationalrat hat eine Motion aus den Reihen der früheren BDP angenommen - gegen den Willen des Bundesrats. Gesundheitsminister Alain Berset argumentierte vergeblich, dass die zuständigen Bundesstellen das Anliegen bereits an die Hand genommen hätten. Die Motion sei daher abzulehnen. Als nächstes ist der Ständerat am Zug.

Medizin: Der Bund soll den volkswirtschaftlichen Nutzen der Kinder- und Jugendmedizin evaluieren. Das fordert der Nationalrat mit einer angenommenen Motion von Verena Herzog (SVP/TG). Der Vorstoss verlangt weiter, dass der Bund die Kantone beim Festlegen von Massnahmen unterstützen soll, um die Unterversorgung mittelfristig abzubauen und langfristig zu verhindern. Der Bundesrat ist gegen die Motion, weil diese aus seiner Sicht bereits erfüllt ist. Nun ist der Ständerat an der Reihe.

Pädiatrie: Der Nationalrat möchte eine gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass medizinische Instrumente und Geräte für Kinder und Jugendliche tarifisch abgegolten werden. Er hat eine entsprechende Motion gegen den Willen des Bundesrats angenommen. Weil Kinder und Jugendliche unterschiedlich gross und unterschiedlich schwer sind, müssten Instrumente und Materialien in möglichst vielen passenden Grössen vorrätig sein, hiess es zur Begründung der Motion. Sie könnten nur teilweise über gemeinwirtschaftliche Leistungen abgedeckt werden. Der Vorstoss geht an den Ständerat.

Versorgung: Der Bundesrat soll Massnahmen prüfen, um sicherzustellen, dass die Schweiz jederzeit über genügend Impfstoffe verfügt. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion mit 137 zu 44 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen. Dabei geht es nicht um Impfstoffe gegen das Coronavirus, sondern um alle anderen Impfstoffe. Die Impfstoffversorgung in der Schweiz sei anfällig auf Engpässe, weil die Schweiz vollumfänglich von international tätigen Herstellerfirmen abhängig sei, hiess es zur Begründung. Die Motion geht an den Ständerat.

Häusliche Gewalt: Wer zu Hause Gewalt erlebt, soll sich rund um die Uhr bei einer landesweiten Beratung Hilfe holen können. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat zwei entsprechende Motionen stillschweigend angenommen. Das Parlament verlangt die 24-Stunden-Beratung sowohl als online als auch als telefonisches Angebot. Die Motionen gehen an den Bundesrat.

Schwarzarbeit: Sämtliche Sozialversicherungen und Steuern für Angestellte in privaten Haushalten sollen in Zukunft bei einer Stelle abgerechnet werden können. Der Nationalrat hat als Zweitrat eine Motion mit diesem Anliegen stillschweigend an den Bundesrat überwiesen. Eingereicht hatte die Motion Ständerat Josef Dittli (FDP/UR). Der Vorstoss geht an den Bundesrat.

Die Traktanden des Nationalrats für Montag, 20. September (14:30 bis 19:00):

Bern Fragestunde (bis 15:30)
Vorlage zur Förderung erneuerbaren Energien, Differenzen (19.443)
Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport (20.081)
Kredit für Regionalen Personenverkehr 2022-2025 (21.035)
Motion zu Mängel im Chemikalienrecht (19.3734)
Motion zu Gewässerräumen (19.4374)
Motion "Service public stärken" (20.4328)
Motion zu Regionalflugplätzen als Schlüsselinfrastrukturen (20.4412)
Motion zu gleich langen Spiessen bei Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen (20.4478)
Motion zu gleich langen Spiessen im Strassengüterverkehr (20.4509)
Motion zu Führerausweis ab 16 Jahren für vierrädrige Leichtmotorfahrzeuge (20.4573)
Parlamentarische Initiativen 1. Phase, Fortsetzung (gebündelte Abstimmungen um circa 18:45)